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Wilbrandt, Adolph: Johann Ohlerich. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 267–332. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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ihm eine Weile. Ich habe Ihrer Frau mehr dummes Zeug gesagt, als ich verantworten kann.

Ach was! Davon reden wir ja nicht mehr. Das ist abgemacht.

Doch; ich rede davon. Ich fühle das dringende Bedürfniß, davon zu reden. Johann Ohlerich, -- ich bin nun einmal ein verliebter Kerl! Und so kam die verwünschte Geschichte -- -- Aber jetzt bin ich kurirt.

Sie sind noch ein junges Blut, Herr Julius! Da kommt Allerlei vor. Und wenn Sie kurirt sind -- doch er sah dem jungen Mann etwas ungläubig ins Gesicht -- nun so ist's ja gut.

Ja; Sie haben mich kurirt, Johann Ohlerich! -- Aber sagen Sie nicht mehr "Herr Julius", das hat keinen Sinn. Sagen Sie meinetwegen "Julius!" -- So wahr ich hier sitze, ich nehm' es Ihnen nicht übel, daß Sie mir diese -- diese Vergnügungsreise arrangirt haben. Ich weiß nun, daß Sie ein ganzer Kerl sind, Johann Ohlerich. Sie haben sich selbst überwunden; -- nun, das ist leicht gesagt, aber schwer gethan. Es ist jetzt an mir, daß ich dasselbe thue! Und ich wollte Ihnen nur noch mein Ehrenwort geben, daß das geschehen soll.

Nun, das wird mich freuen! sagte Ohlerich, doch ohne ein besonders kräftiges Zutrauen zu verrathen. Er sah dabei vor sich nieder auf den Tisch.

Sie meinen, mit dem Ehrenwort ist's noch nicht gethan! Wenn der Geist auch willig ist, das Fleisch ist schwach! -- Sehn Sie, Johann Ohlerich, ich verstehe sehr gut, was Sie eben denken. Sie haben mich in dieses "Rettungsboot" geloots't -- er lächelte unwillkürlich -- um über einen sehr kritischen Moment hinüberzukommen: denn es war ein kritischer Moment, das gebe ich zu. Ich war ein verrückter Narr! Aber wenn wir nun morgen oder übermorgen nach Hamburg kommen, und ich von da als guter Sohn nach Warnemünde

ihm eine Weile. Ich habe Ihrer Frau mehr dummes Zeug gesagt, als ich verantworten kann.

Ach was! Davon reden wir ja nicht mehr. Das ist abgemacht.

Doch; ich rede davon. Ich fühle das dringende Bedürfniß, davon zu reden. Johann Ohlerich, — ich bin nun einmal ein verliebter Kerl! Und so kam die verwünschte Geschichte — — Aber jetzt bin ich kurirt.

Sie sind noch ein junges Blut, Herr Julius! Da kommt Allerlei vor. Und wenn Sie kurirt sind — doch er sah dem jungen Mann etwas ungläubig ins Gesicht — nun so ist's ja gut.

Ja; Sie haben mich kurirt, Johann Ohlerich! — Aber sagen Sie nicht mehr „Herr Julius“, das hat keinen Sinn. Sagen Sie meinetwegen „Julius!“ — So wahr ich hier sitze, ich nehm' es Ihnen nicht übel, daß Sie mir diese — diese Vergnügungsreise arrangirt haben. Ich weiß nun, daß Sie ein ganzer Kerl sind, Johann Ohlerich. Sie haben sich selbst überwunden; — nun, das ist leicht gesagt, aber schwer gethan. Es ist jetzt an mir, daß ich dasselbe thue! Und ich wollte Ihnen nur noch mein Ehrenwort geben, daß das geschehen soll.

Nun, das wird mich freuen! sagte Ohlerich, doch ohne ein besonders kräftiges Zutrauen zu verrathen. Er sah dabei vor sich nieder auf den Tisch.

Sie meinen, mit dem Ehrenwort ist's noch nicht gethan! Wenn der Geist auch willig ist, das Fleisch ist schwach! — Sehn Sie, Johann Ohlerich, ich verstehe sehr gut, was Sie eben denken. Sie haben mich in dieses „Rettungsboot“ geloots't — er lächelte unwillkürlich — um über einen sehr kritischen Moment hinüberzukommen: denn es war ein kritischer Moment, das gebe ich zu. Ich war ein verrückter Narr! Aber wenn wir nun morgen oder übermorgen nach Hamburg kommen, und ich von da als guter Sohn nach Warnemünde

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[0056] ihm eine Weile. Ich habe Ihrer Frau mehr dummes Zeug gesagt, als ich verantworten kann. Ach was! Davon reden wir ja nicht mehr. Das ist abgemacht. Doch; ich rede davon. Ich fühle das dringende Bedürfniß, davon zu reden. Johann Ohlerich, — ich bin nun einmal ein verliebter Kerl! Und so kam die verwünschte Geschichte — — Aber jetzt bin ich kurirt. Sie sind noch ein junges Blut, Herr Julius! Da kommt Allerlei vor. Und wenn Sie kurirt sind — doch er sah dem jungen Mann etwas ungläubig ins Gesicht — nun so ist's ja gut. Ja; Sie haben mich kurirt, Johann Ohlerich! — Aber sagen Sie nicht mehr „Herr Julius“, das hat keinen Sinn. Sagen Sie meinetwegen „Julius!“ — So wahr ich hier sitze, ich nehm' es Ihnen nicht übel, daß Sie mir diese — diese Vergnügungsreise arrangirt haben. Ich weiß nun, daß Sie ein ganzer Kerl sind, Johann Ohlerich. Sie haben sich selbst überwunden; — nun, das ist leicht gesagt, aber schwer gethan. Es ist jetzt an mir, daß ich dasselbe thue! Und ich wollte Ihnen nur noch mein Ehrenwort geben, daß das geschehen soll. Nun, das wird mich freuen! sagte Ohlerich, doch ohne ein besonders kräftiges Zutrauen zu verrathen. Er sah dabei vor sich nieder auf den Tisch. Sie meinen, mit dem Ehrenwort ist's noch nicht gethan! Wenn der Geist auch willig ist, das Fleisch ist schwach! — Sehn Sie, Johann Ohlerich, ich verstehe sehr gut, was Sie eben denken. Sie haben mich in dieses „Rettungsboot“ geloots't — er lächelte unwillkürlich — um über einen sehr kritischen Moment hinüberzukommen: denn es war ein kritischer Moment, das gebe ich zu. Ich war ein verrückter Narr! Aber wenn wir nun morgen oder übermorgen nach Hamburg kommen, und ich von da als guter Sohn nach Warnemünde

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T13:21:33Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T13:21:33Z)

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Zitationshilfe: Wilbrandt, Adolph: Johann Ohlerich. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 267–332. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilbrandt_ohlerich_1910/56>, abgerufen am 28.03.2024.