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Wildermuth, Ottilie: Streit in der Liebe und Liebe im Streit. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 175–210. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Liesbeth nahm den Regenschirm nicht an, den man ihr am Ausgang aus der Kirche bot. Aber daß Die ihr schön's Kleid nicht dauert im Regen, weinte eine der Brautjungfern. -- 's bedeutet ja Reichthum, wenn's der Braut in Kranz regnet, sagte der Andre. -- Ja so, dann glaub' ich's, sprach die Erste lachend.

Georg war glückselig beim Nachhausekommen. So, jetzt mußt mich erst haben! rief er neckisch seiner Braut zu und wirbelte mit ihr in improvisiertem Walzer um den Hochzeitstisch; er war wieder gut Freund mit aller Welt und warf den Musikanten Geld zu wie Heu. Liesbeth war stiller, ob aber Eines von Beiden auch nur einen Augenblick die heilige Bedeutung des Tages erwogen, glaube ich kaum.

Der Hochzeittag verlief ohne weitere Störung, als daß Liesbeth hier und da scharfe Blicke zur Seite warf, wenn ihr schien, daß Georg mit den Brautjungfern zu freundlich thue. Georg ward immer seliger, eine Seligkeit, an der freilich der Wein auch Antheil hatte, er versicherte Liesbeth: Guck, i bin a guter Kerle, der ällerbest' Kerle bin i, mit der Liebe, da kann mer mie um en Finger ,rum wickeln. Die Braut aber antwortete wenig auf diese tröstliche Verheißung.



Ehstand.

Ich weiß nicht, ob es einen Unterschied macht im ehelichen Leben, wenn die Frau den Mann einführt in

Liesbeth nahm den Regenschirm nicht an, den man ihr am Ausgang aus der Kirche bot. Aber daß Die ihr schön's Kleid nicht dauert im Regen, weinte eine der Brautjungfern. — 's bedeutet ja Reichthum, wenn's der Braut in Kranz regnet, sagte der Andre. — Ja so, dann glaub' ich's, sprach die Erste lachend.

Georg war glückselig beim Nachhausekommen. So, jetzt mußt mich erst haben! rief er neckisch seiner Braut zu und wirbelte mit ihr in improvisiertem Walzer um den Hochzeitstisch; er war wieder gut Freund mit aller Welt und warf den Musikanten Geld zu wie Heu. Liesbeth war stiller, ob aber Eines von Beiden auch nur einen Augenblick die heilige Bedeutung des Tages erwogen, glaube ich kaum.

Der Hochzeittag verlief ohne weitere Störung, als daß Liesbeth hier und da scharfe Blicke zur Seite warf, wenn ihr schien, daß Georg mit den Brautjungfern zu freundlich thue. Georg ward immer seliger, eine Seligkeit, an der freilich der Wein auch Antheil hatte, er versicherte Liesbeth: Guck, i bin a guter Kerle, der ällerbest' Kerle bin i, mit der Liebe, da kann mer mie um en Finger ‚rum wickeln. Die Braut aber antwortete wenig auf diese tröstliche Verheißung.



Ehstand.

Ich weiß nicht, ob es einen Unterschied macht im ehelichen Leben, wenn die Frau den Mann einführt in

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T13:35:23Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T13:35:23Z)

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Zitationshilfe: Wildermuth, Ottilie: Streit in der Liebe und Liebe im Streit. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 175–210. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wildermuth_streit_1910/24>, abgerufen am 25.04.2024.