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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763].

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Der Phaeton. Dritter Gesang.

Liebte sie zärtlich den jungen Baron, wie Mütter nur
lieben.

Von der schrecklichen Pfeife geweckt, verließ sie das Lager,
Sah den Freyherrn gestiefelt, und sprach: mein Fritz,
mein Geliebter,

Sage! wohin so früh? Zur Gräfin Diana, versetzt er.
Wie? (ruft ängstlich die Tante,) noch eh am östlichem
Himmel

Sich das Morgenroth zeigt, willst du zu Pferde dich se-
tzen?

Wenigstens hof ich, mein Sohn, du wirst mit dem
Trank der Levante

Dich verwahren! Dies that dein seliger Vater! Er
ritt nicht

Ohne Caffee getrunken zu haben. Die Nebel sind ietzt
noch

Giftig. Hast du auch Lust, mein Sohn, zu glühen-
dem Weine?

Willst du Choklate? Befiehl! Sie soll den Augenblick
da stehn.

Aber der Jüngling verbat voll Ungeduld alles;
und eilet

Von der Tante die Stufen hinab. Er schwingt sich
zu Pferde,

Jagt von dannen, und Wolken von Staub verhüllen
den Jüngling.

Heiße Thränen vergießt die klagenreiche Matrone,
Und ihr thränender Blick folgt ihm noch lange von fern
nach.


Der Phaeton. Dritter Geſang.

Liebte ſie zaͤrtlich den jungen Baron, wie Muͤtter nur
lieben.

Von der ſchrecklichen Pfeife geweckt, verließ ſie das Lager,
Sah den Freyherrn geſtiefelt, und ſprach: mein Fritz,
mein Geliebter,

Sage! wohin ſo fruͤh? Zur Graͤfin Diana, verſetzt er.
Wie? (ruft aͤngſtlich die Tante,) noch eh am oͤſtlichem
Himmel

Sich das Morgenroth zeigt, willſt du zu Pferde dich ſe-
tzen?

Wenigſtens hof ich, mein Sohn, du wirſt mit dem
Trank der Levante

Dich verwahren! Dies that dein ſeliger Vater! Er
ritt nicht

Ohne Caffee getrunken zu haben. Die Nebel ſind ietzt
noch

Giftig. Haſt du auch Luſt, mein Sohn, zu gluͤhen-
dem Weine?

Willſt du Choklate? Befiehl! Sie ſoll den Augenblick
da ſtehn.

Aber der Juͤngling verbat voll Ungeduld alles;
und eilet

Von der Tante die Stufen hinab. Er ſchwingt ſich
zu Pferde,

Jagt von dannen, und Wolken von Staub verhuͤllen
den Juͤngling.

Heiße Thraͤnen vergießt die klagenreiche Matrone,
Und ihr thraͤnender Blick folgt ihm noch lange von fern
nach.


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[310/0374] Der Phaeton. Dritter Geſang. Liebte ſie zaͤrtlich den jungen Baron, wie Muͤtter nur lieben. Von der ſchrecklichen Pfeife geweckt, verließ ſie das Lager, Sah den Freyherrn geſtiefelt, und ſprach: mein Fritz, mein Geliebter, Sage! wohin ſo fruͤh? Zur Graͤfin Diana, verſetzt er. Wie? (ruft aͤngſtlich die Tante,) noch eh am oͤſtlichem Himmel Sich das Morgenroth zeigt, willſt du zu Pferde dich ſe- tzen? Wenigſtens hof ich, mein Sohn, du wirſt mit dem Trank der Levante Dich verwahren! Dies that dein ſeliger Vater! Er ritt nicht Ohne Caffee getrunken zu haben. Die Nebel ſind ietzt noch Giftig. Haſt du auch Luſt, mein Sohn, zu gluͤhen- dem Weine? Willſt du Choklate? Befiehl! Sie ſoll den Augenblick da ſtehn. Aber der Juͤngling verbat voll Ungeduld alles; und eilet Von der Tante die Stufen hinab. Er ſchwingt ſich zu Pferde, Jagt von dannen, und Wolken von Staub verhuͤllen den Juͤngling. Heiße Thraͤnen vergießt die klagenreiche Matrone, Und ihr thraͤnender Blick folgt ihm noch lange von fern nach.

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Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763], S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763/374>, abgerufen am 19.04.2024.