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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763].

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Das Schnupftuch.
Er, von dem Herrn von Strom hofmeisterlich gezwun-
gen,
Ein Schnupftuch wiedergab, das sich sein Muth errun-
gen.
Und wie durch seinen Zorn, verwayst von Scherz und
Spiel,
Ein prächtiger Pallast in lange Weile fiel;
Bis seine Göttin ihm das Schnupftuch wieder schickte,
Und seine Heldenstirn ein neuer Lorbeer schmückte.

Die wahre Mus' ist fern, die mich begeistern kan!
Wer soll die Muse seyn? Dich, Doris, ruf ich an.
Du wirst zwar dieses Lied nicht lesen, und verstehen;
Doch wird man es vielleicht um deine Haare drehen.
Mir geht sein Untergang nicht nah in deinem Haar,
Ob ich gleich manchen Reim nicht ohne Müh gebahr.
Kan man von der Natur zusammen stets verlangen:
Pechschwarzes Haar und Witz, Verstand und schöne
Wangen?
Mir aber, Ewigkeit, die so viel Dichter rührt,
Mir

Das Schnupftuch.
Er, von dem Herrn von Strom hofmeiſterlich gezwun-
gen,
Ein Schnupftuch wiedergab, das ſich ſein Muth errun-
gen.
Und wie durch ſeinen Zorn, verwayſt von Scherz und
Spiel,
Ein praͤchtiger Pallaſt in lange Weile fiel;
Bis ſeine Goͤttin ihm das Schnupftuch wieder ſchickte,
Und ſeine Heldenſtirn ein neuer Lorbeer ſchmuͤckte.

Die wahre Muſ’ iſt fern, die mich begeiſtern kan!
Wer ſoll die Muſe ſeyn? Dich, Doris, ruf ich an.
Du wirſt zwar dieſes Lied nicht leſen, und verſtehen;
Doch wird man es vielleicht um deine Haare drehen.
Mir geht ſein Untergang nicht nah in deinem Haar,
Ob ich gleich manchen Reim nicht ohne Muͤh gebahr.
Kan man von der Natur zuſammen ſtets verlangen:
Pechſchwarzes Haar und Witz, Verſtand und ſchoͤne
Wangen?
Mir aber, Ewigkeit, die ſo viel Dichter ruͤhrt,
Mir
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[4/0012] Das Schnupftuch. Er, von dem Herrn von Strom hofmeiſterlich gezwun- gen, Ein Schnupftuch wiedergab, das ſich ſein Muth errun- gen. Und wie durch ſeinen Zorn, verwayſt von Scherz und Spiel, Ein praͤchtiger Pallaſt in lange Weile fiel; Bis ſeine Goͤttin ihm das Schnupftuch wieder ſchickte, Und ſeine Heldenſtirn ein neuer Lorbeer ſchmuͤckte. Die wahre Muſ’ iſt fern, die mich begeiſtern kan! Wer ſoll die Muſe ſeyn? Dich, Doris, ruf ich an. Du wirſt zwar dieſes Lied nicht leſen, und verſtehen; Doch wird man es vielleicht um deine Haare drehen. Mir geht ſein Untergang nicht nah in deinem Haar, Ob ich gleich manchen Reim nicht ohne Muͤh gebahr. Kan man von der Natur zuſammen ſtets verlangen: Pechſchwarzes Haar und Witz, Verſtand und ſchoͤne Wangen? Mir aber, Ewigkeit, die ſo viel Dichter ruͤhrt, Mir

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Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763], S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften02_1763/12>, abgerufen am 25.04.2024.