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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763].

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Das Schnupftuch.
Belinde droht und fleht, vielleicht keins recht von bey-
den;
Doch taub bey ihrem Drohn, und taub bey ihrem Leiden,
Steckt er das Schnupftuch ein, und sie ließ es geschehn,
Und ein verstohlner Blick vergab ihm sein Vergehn.
So schien dies holde Paar die Zwietracht nicht zu ken-
nen;
Allein die Zwietracht faßt den Vorsatz, sie zu trennen.
Es ist ihr Zeitvertreib, Verliebte zu entzweyn.
Sie hüllt in Puderstaub und Caffeedampf sich ein,
Macht sich ein Neglige' und eine Nachtkornette,
Und stellt, Belinden gleich, sich an der Zofe Bette.
Lisette wiegte sich in süßer Morgenruh,
Die Träume hielten noch die holden Augen zu;
Jhr Halstuch hatt im Schlaf ein Liebesgott verschoben,
Man sah die schöne Brust, die sanfte Seufzer hoben,
Halb durch das zarte Tuch verrätherisch versteckt,

Weiß,

Das Schnupftuch.
Belinde droht und fleht, vielleicht keins recht von bey-
den;
Doch taub bey ihrem Drohn, und taub bey ihrem Leiden,
Steckt er das Schnupftuch ein, und ſie ließ es geſchehn,
Und ein verſtohlner Blick vergab ihm ſein Vergehn.
So ſchien dies holde Paar die Zwietracht nicht zu ken-
nen;
Allein die Zwietracht faßt den Vorſatz, ſie zu trennen.
Es iſt ihr Zeitvertreib, Verliebte zu entzweyn.
Sie huͤllt in Puderſtaub und Caffeedampf ſich ein,
Macht ſich ein Neglige’ und eine Nachtkornette,
Und ſtellt, Belinden gleich, ſich an der Zofe Bette.
Liſette wiegte ſich in ſuͤßer Morgenruh,
Die Traͤume hielten noch die holden Augen zu;
Jhr Halstuch hatt im Schlaf ein Liebesgott verſchoben,
Man ſah die ſchoͤne Bruſt, die ſanfte Seufzer hoben,
Halb durch das zarte Tuch verraͤtheriſch verſteckt,

Weiß,
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[8/0016] Das Schnupftuch. Belinde droht und fleht, vielleicht keins recht von bey- den; Doch taub bey ihrem Drohn, und taub bey ihrem Leiden, Steckt er das Schnupftuch ein, und ſie ließ es geſchehn, Und ein verſtohlner Blick vergab ihm ſein Vergehn. So ſchien dies holde Paar die Zwietracht nicht zu ken- nen; Allein die Zwietracht faßt den Vorſatz, ſie zu trennen. Es iſt ihr Zeitvertreib, Verliebte zu entzweyn. Sie huͤllt in Puderſtaub und Caffeedampf ſich ein, Macht ſich ein Neglige’ und eine Nachtkornette, Und ſtellt, Belinden gleich, ſich an der Zofe Bette. Liſette wiegte ſich in ſuͤßer Morgenruh, Die Traͤume hielten noch die holden Augen zu; Jhr Halstuch hatt im Schlaf ein Liebesgott verſchoben, Man ſah die ſchoͤne Bruſt, die ſanfte Seufzer hoben, Halb durch das zarte Tuch verraͤtheriſch verſteckt, Weiß,

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Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763], S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften02_1763/16>, abgerufen am 18.04.2024.