Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763].

Bild:
<< vorherige Seite

Das Schnupftuch.
Das zu der Menschen Trost Unsterbliche verstecken.
So sprach der holde Geist. Dem Grafen kam es vor, --
Als lispelt' eine Stimm ihm etwas in das Ohr;
Doch halfen ihm sehr bald des hohen Standes Rechte,
Er bildete sich ein, als ob er selbst es dächte.

Jndes erscheint Johann, scheu wie ein Candidat,
Der sich zum erstenmal dem Kirchenrathe naht;
Jhn fürstlich speisen sieht; sich bückt, wie sich gebühret,
Und sein fett Unterkinn mit Zittern respectiret.
Er blieb hart an der Thür, die Stirne runzelnd, stehn.
Kaum würdigt ihn der Graf, ihn seitwärts anzusehn.
Herr Strom. Jch weis, Barbar, sprach Hold mit
neuen Klagen,
Jch weis es, was du willst, du sollst es mir nicht sagen.
Wohlan so fasse dich, bestürmtes armes Herz!
Du warst stets unbesiegt, sey ietzt auch groß im
Schmerz.
Doch

Das Schnupftuch.
Das zu der Menſchen Troſt Unſterbliche verſtecken.
So ſprach der holde Geiſt. Dem Grafen kam es vor, —
Als liſpelt’ eine Stimm ihm etwas in das Ohr;
Doch halfen ihm ſehr bald des hohen Standes Rechte,
Er bildete ſich ein, als ob er ſelbſt es daͤchte.

Jndes erſcheint Johann, ſcheu wie ein Candidat,
Der ſich zum erſtenmal dem Kirchenrathe naht;
Jhn fuͤrſtlich ſpeiſen ſieht; ſich buͤckt, wie ſich gebuͤhret,
Und ſein fett Unterkinn mit Zittern reſpectiret.
Er blieb hart an der Thuͤr, die Stirne runzelnd, ſtehn.
Kaum wuͤrdigt ihn der Graf, ihn ſeitwaͤrts anzuſehn.
Herr Strom. Jch weis, Barbar, ſprach Hold mit
neuen Klagen,
Jch weis es, was du willſt, du ſollſt es mir nicht ſagen.
Wohlan ſo faſſe dich, beſtuͤrmtes armes Herz!
Du warſt ſtets unbeſiegt, ſey ietzt auch groß im
Schmerz.
Doch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="22">
              <pb facs="#f0034" n="26"/>
              <fw place="top" type="header">Das Schnupftuch.</fw><lb/>
              <l>Das zu der Men&#x017F;chen Tro&#x017F;t Un&#x017F;terbliche ver&#x017F;tecken.</l><lb/>
              <l>So &#x017F;prach der holde Gei&#x017F;t. Dem Grafen kam es vor, &#x2014;</l><lb/>
              <l>Als li&#x017F;pelt&#x2019; eine Stimm ihm etwas in das Ohr;</l><lb/>
              <l>Doch halfen ihm &#x017F;ehr bald des hohen Standes Rechte,</l><lb/>
              <l>Er bildete &#x017F;ich ein, als ob er &#x017F;elb&#x017F;t es da&#x0364;chte.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="23">
              <l>Jndes er&#x017F;cheint Johann, &#x017F;cheu wie ein Candidat,</l><lb/>
              <l>Der &#x017F;ich zum er&#x017F;tenmal dem Kirchenrathe naht;</l><lb/>
              <l>Jhn fu&#x0364;r&#x017F;tlich &#x017F;pei&#x017F;en &#x017F;ieht; &#x017F;ich bu&#x0364;ckt, wie &#x017F;ich gebu&#x0364;hret,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;ein fett Unterkinn mit Zittern re&#x017F;pectiret.</l><lb/>
              <l>Er blieb hart an der Thu&#x0364;r, die Stirne runzelnd, &#x017F;tehn.</l><lb/>
              <l>Kaum wu&#x0364;rdigt ihn der Graf, ihn &#x017F;eitwa&#x0364;rts anzu&#x017F;ehn.</l><lb/>
              <l>Herr Strom. Jch weis, Barbar, &#x017F;prach Hold mit</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">neuen Klagen,</hi> </l><lb/>
              <l>Jch weis es, was du will&#x017F;t, du &#x017F;oll&#x017F;t es mir nicht &#x017F;agen.</l><lb/>
              <l>Wohlan &#x017F;o fa&#x017F;&#x017F;e dich, be&#x017F;tu&#x0364;rmtes armes Herz!</l><lb/>
              <l>Du war&#x017F;t &#x017F;tets unbe&#x017F;iegt, &#x017F;ey ietzt auch groß im</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">Schmerz.</hi> </l><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Doch</fw><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[26/0034] Das Schnupftuch. Das zu der Menſchen Troſt Unſterbliche verſtecken. So ſprach der holde Geiſt. Dem Grafen kam es vor, — Als liſpelt’ eine Stimm ihm etwas in das Ohr; Doch halfen ihm ſehr bald des hohen Standes Rechte, Er bildete ſich ein, als ob er ſelbſt es daͤchte. Jndes erſcheint Johann, ſcheu wie ein Candidat, Der ſich zum erſtenmal dem Kirchenrathe naht; Jhn fuͤrſtlich ſpeiſen ſieht; ſich buͤckt, wie ſich gebuͤhret, Und ſein fett Unterkinn mit Zittern reſpectiret. Er blieb hart an der Thuͤr, die Stirne runzelnd, ſtehn. Kaum wuͤrdigt ihn der Graf, ihn ſeitwaͤrts anzuſehn. Herr Strom. Jch weis, Barbar, ſprach Hold mit neuen Klagen, Jch weis es, was du willſt, du ſollſt es mir nicht ſagen. Wohlan ſo faſſe dich, beſtuͤrmtes armes Herz! Du warſt ſtets unbeſiegt, ſey ietzt auch groß im Schmerz. Doch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften02_1763
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften02_1763/34
Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763], S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften02_1763/34>, abgerufen am 25.04.2024.