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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764].

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Der Abend.
Welche die Liebe beseelt, die glückliche Liebe besingen!
Wie entzückt dein holder Gesang ein fühlendes Herz
nicht,

Wenn du am Abend aus schlummernden Lauben dem
horchenden Westwind

Deine Seufzer verhauchst, und tief im ruhigen Walde
Den erwachenden Wiederhall lehrst, bis schmachtende
Triller

Jmmer sterbender sich mit lispelnden Lüften vermi-
schen.

Alsdann drückt mit frohem Entzücken der glückliche
Jüngling

Seiner Schöne die Hand, und kennt nichts, was er
beneidet.

Jetzt, da die ganze Natur ein herrlicher Garten
geworden,

Will ich geitzig den Duft der Felder voll blühender Boh-
nen

Einziehn. Welch ein Geruch! Wie streut in goldenen
Sälen

Das mit Kräutern gefüllte Gefäß die Düfte nur
schwach aus,

Die
H 2

Der Abend.
Welche die Liebe beſeelt, die gluͤckliche Liebe beſingen!
Wie entzuͤckt dein holder Geſang ein fuͤhlendes Herz
nicht,

Wenn du am Abend aus ſchlummernden Lauben dem
horchenden Weſtwind

Deine Seufzer verhauchſt, und tief im ruhigen Walde
Den erwachenden Wiederhall lehrſt, bis ſchmachtende
Triller

Jmmer ſterbender ſich mit lispelnden Luͤften vermi-
ſchen.

Alsdann druͤckt mit frohem Entzuͤcken der gluͤckliche
Juͤngling

Seiner Schoͤne die Hand, und kennt nichts, was er
beneidet.

Jetzt, da die ganze Natur ein herrlicher Garten
geworden,

Will ich geitzig den Duft der Felder voll bluͤhender Boh-
nen

Einziehn. Welch ein Geruch! Wie ſtreut in goldenen
Saͤlen

Das mit Kraͤutern gefuͤllte Gefaͤß die Duͤfte nur
ſchwach aus,

Die
H 2
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[115/0123] Der Abend. Welche die Liebe beſeelt, die gluͤckliche Liebe beſingen! Wie entzuͤckt dein holder Geſang ein fuͤhlendes Herz nicht, Wenn du am Abend aus ſchlummernden Lauben dem horchenden Weſtwind Deine Seufzer verhauchſt, und tief im ruhigen Walde Den erwachenden Wiederhall lehrſt, bis ſchmachtende Triller Jmmer ſterbender ſich mit lispelnden Luͤften vermi- ſchen. Alsdann druͤckt mit frohem Entzuͤcken der gluͤckliche Juͤngling Seiner Schoͤne die Hand, und kennt nichts, was er beneidet. Jetzt, da die ganze Natur ein herrlicher Garten geworden, Will ich geitzig den Duft der Felder voll bluͤhender Boh- nen Einziehn. Welch ein Geruch! Wie ſtreut in goldenen Saͤlen Das mit Kraͤutern gefuͤllte Gefaͤß die Duͤfte nur ſchwach aus, Die H 2

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Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764], S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764/123>, abgerufen am 28.04.2024.