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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764].

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Der Abend.
Zittert voll Ahndung, und dünket sich schon am Rande
des Grabes.

Aber der klügere Wirth verachtet ihr ächzendes Klag-
lied,

Und verschanzet mit grösserem Fleiß die Wohnung der
Tauben.

Denn sie ist immer die Feindin der Unschuld, und hat
oft den Gatten

Von der Seite der Täubin geraubt; mit stürmischen
Flügeln

Schoß die erschrockene Schaar aus ihrer entweihten
Behausung,

Und kam lange nicht wieder zurück, bis Locken und
Schmeicheln

Die Verjagten aufs neu zum vorigen Aufenthalt brachte.
Jetzt entfaltet das Nachtinsekt die mehlichten Flügel,
Schießt nach der brennenden Kerze des einsamen Wei-
sen, und gauckelt

Um die Flammen herum, bis seine Schwingen ver-
sengt sind.

Längst des Jünglings ähnliches Bild, der gauckelnd
und flatternd

Um

Der Abend.
Zittert voll Ahndung, und duͤnket ſich ſchon am Rande
des Grabes.

Aber der kluͤgere Wirth verachtet ihr aͤchzendes Klag-
lied,

Und verſchanzet mit groͤſſerem Fleiß die Wohnung der
Tauben.

Denn ſie iſt immer die Feindin der Unſchuld, und hat
oft den Gatten

Von der Seite der Taͤubin geraubt; mit ſtuͤrmiſchen
Fluͤgeln

Schoß die erſchrockene Schaar aus ihrer entweihten
Behauſung,

Und kam lange nicht wieder zuruͤck, bis Locken und
Schmeicheln

Die Verjagten aufs neu zum vorigen Aufenthalt brachte.
Jetzt entfaltet das Nachtinſekt die mehlichten Fluͤgel,
Schießt nach der brennenden Kerze des einſamen Wei-
ſen, und gauckelt

Um die Flammen herum, bis ſeine Schwingen ver-
ſengt ſind.

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und flatternd

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[126/0134] Der Abend. Zittert voll Ahndung, und duͤnket ſich ſchon am Rande des Grabes. Aber der kluͤgere Wirth verachtet ihr aͤchzendes Klag- lied, Und verſchanzet mit groͤſſerem Fleiß die Wohnung der Tauben. Denn ſie iſt immer die Feindin der Unſchuld, und hat oft den Gatten Von der Seite der Taͤubin geraubt; mit ſtuͤrmiſchen Fluͤgeln Schoß die erſchrockene Schaar aus ihrer entweihten Behauſung, Und kam lange nicht wieder zuruͤck, bis Locken und Schmeicheln Die Verjagten aufs neu zum vorigen Aufenthalt brachte. Jetzt entfaltet das Nachtinſekt die mehlichten Fluͤgel, Schießt nach der brennenden Kerze des einſamen Wei- ſen, und gauckelt Um die Flammen herum, bis ſeine Schwingen ver- ſengt ſind. Laͤngſt des Juͤnglings aͤhnliches Bild, der gauckelnd und flatternd Um

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Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764], S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764/134>, abgerufen am 28.04.2024.