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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764].

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Die Nacht.
Wer kan jemals ermüden, mit mehr als menschlicher
Einsicht,

Mit der Einsicht der Engel sich unter die Sterne zu
mischen?

Wer ist niedrig genug, im Schlamme der Laster zu wüh-
len,

Seine Geburth zu entehren, und zu den Thieren zu
sinken,

Wenn der Himmel auf ihn mit allen leuchtenden Augen
Achtsam schaut, und den Lauf von seinem Wandel be-
trachtet?

Tauche nur immer, o Sonne, dein Haupt in westli-
che Fluthen!

Jetzt führt tausend Sonnen die Nacht in mäandrischen
Tänzen

An dem Himmel für Weise herauf; die klingenden
Sphären

Schallen im hohen Olymp; der Morgensterne Gesänge
Reissen die Seele hinauf zu ihrem allmächtigen Schöp-
fer.

Jst ein andrer Gedanke so fähig, die staunende Seele

Mit

Die Nacht.
Wer kan jemals ermuͤden, mit mehr als menſchlicher
Einſicht,

Mit der Einſicht der Engel ſich unter die Sterne zu
miſchen?

Wer iſt niedrig genug, im Schlamme der Laſter zu wuͤh-
len,

Seine Geburth zu entehren, und zu den Thieren zu
ſinken,

Wenn der Himmel auf ihn mit allen leuchtenden Augen
Achtſam ſchaut, und den Lauf von ſeinem Wandel be-
trachtet?

Tauche nur immer, o Sonne, dein Haupt in weſtli-
che Fluthen!

Jetzt fuͤhrt tauſend Sonnen die Nacht in maͤandriſchen
Taͤnzen

An dem Himmel fuͤr Weiſe herauf; die klingenden
Sphaͤren

Schallen im hohen Olymp; der Morgenſterne Geſaͤnge
Reiſſen die Seele hinauf zu ihrem allmaͤchtigen Schoͤp-
fer.

Jſt ein andrer Gedanke ſo faͤhig, die ſtaunende Seele

Mit
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[187/0195] Die Nacht. Wer kan jemals ermuͤden, mit mehr als menſchlicher Einſicht, Mit der Einſicht der Engel ſich unter die Sterne zu miſchen? Wer iſt niedrig genug, im Schlamme der Laſter zu wuͤh- len, Seine Geburth zu entehren, und zu den Thieren zu ſinken, Wenn der Himmel auf ihn mit allen leuchtenden Augen Achtſam ſchaut, und den Lauf von ſeinem Wandel be- trachtet? Tauche nur immer, o Sonne, dein Haupt in weſtli- che Fluthen! Jetzt fuͤhrt tauſend Sonnen die Nacht in maͤandriſchen Taͤnzen An dem Himmel fuͤr Weiſe herauf; die klingenden Sphaͤren Schallen im hohen Olymp; der Morgenſterne Geſaͤnge Reiſſen die Seele hinauf zu ihrem allmaͤchtigen Schoͤp- fer. Jſt ein andrer Gedanke ſo faͤhig, die ſtaunende Seele Mit

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Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764], S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764/195>, abgerufen am 04.05.2024.