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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764].

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Die Nacht.
Ueber die Erde geherrscht, als keine Sonne noch stralte.
O wie todt sind Fluren und Hain! wie todt die Gefilde!
Und wie todt ist das Dorf! wie todt die pra[nge]nden
Städte!

Schreckliche Pause der bangen Natur! Erweckendes
Vorbild,

Von der entsetzlichen Nacht, die einst nach tausend
Aeonen,

Wenn sich nun der grösseste Tag zum Ende geneiget,
Alle Himmel und Welten verschlingt; und über die
Trümmer

Eben so herrscht, wie über das Reich des finsteren Chaos.

Nahe dich hier, o du, du melancholische Muse,
Die du so gern in heiliger Nacht die silbernen Saiten
Jn der Einsamkeit rührst, und dich mit irrendem Fusse
Nicht den Gräbern zu nahen gescheut; wo Dunkel und
Schrecken

Um

Die Nacht.
Ueber die Erde geherrſcht, als keine Sonne noch ſtralte.
O wie todt ſind Fluren und Hain! wie todt die Gefilde!
Und wie todt iſt das Dorf! wie todt die pra[nge]nden
Staͤdte!

Schreckliche Pauſe der bangen Natur! Erweckendes
Vorbild,

Von der entſetzlichen Nacht, die einſt nach tauſend
Aeonen,

Wenn ſich nun der groͤſſeſte Tag zum Ende geneiget,
Alle Himmel und Welten verſchlingt; und uͤber die
Truͤmmer

Eben ſo herrſcht, wie uͤber das Reich des finſteren Chaos.

Nahe dich hier, o du, du melancholiſche Muſe,
Die du ſo gern in heiliger Nacht die ſilbernen Saiten
Jn der Einſamkeit ruͤhrſt, und dich mit irrendem Fuſſe
Nicht den Graͤbern zu nahen geſcheut; wo Dunkel und
Schrecken

Um
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[191/0199] Die Nacht. Ueber die Erde geherrſcht, als keine Sonne noch ſtralte. O wie todt ſind Fluren und Hain! wie todt die Gefilde! Und wie todt iſt das Dorf! wie todt die prangenden Staͤdte! Schreckliche Pauſe der bangen Natur! Erweckendes Vorbild, Von der entſetzlichen Nacht, die einſt nach tauſend Aeonen, Wenn ſich nun der groͤſſeſte Tag zum Ende geneiget, Alle Himmel und Welten verſchlingt; und uͤber die Truͤmmer Eben ſo herrſcht, wie uͤber das Reich des finſteren Chaos. Nahe dich hier, o du, du melancholiſche Muſe, Die du ſo gern in heiliger Nacht die ſilbernen Saiten Jn der Einſamkeit ruͤhrſt, und dich mit irrendem Fuſſe Nicht den Graͤbern zu nahen geſcheut; wo Dunkel und Schrecken Um

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Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764], S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764/199>, abgerufen am 04.05.2024.