Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764].

Bild:
<< vorherige Seite

Der Morgen.
Oder durch blendenden Witz unsinniger schaaler Romane,
Den gesunden Verstand der deutschen Schöne verführen.
Keine neue Mode von Stoff, kein Anzug von Spitzen
Brachte der Tugend Gefahr, und hieß die Keuschheit
entfliehen.

Diese Zeiten sind leider nicht mehr! Wir tragen das
Merkmal

Von dem gallischen Joch auf unsern gezeichneten Stir-
nen,

Frankreich krieget mit uns durch seine Waffen und
Sitten;

Seine Waffen weichen noch oft germanischen Fahnen,
Aber mit seinen Sitten erobert es schneller und sichrer.
Schaaren verdorbener witziger Köpfe, verhungerter
Marquis,

Kommen und plündern uns aus, gleich ihren verwe-
genen Heeren,

Und dies ist nicht genug. Wir senden zur gallischen
Hauptstadt

Unsere Söhne, daß sie dort ihre deutsche Gesundheit
Jm wollüstigen Arm französischer Weiber verlieren,
Und ihr väterlich Gut im schändlichen Spiele verschwen-
den.

Glück-
C 4

Der Morgen.
Oder durch blendenden Witz unſinniger ſchaaler Romane,
Den geſunden Verſtand der deutſchen Schoͤne verfuͤhren.
Keine neue Mode von Stoff, kein Anzug von Spitzen
Brachte der Tugend Gefahr, und hieß die Keuſchheit
entfliehen.

Dieſe Zeiten ſind leider nicht mehr! Wir tragen das
Merkmal

Von dem galliſchen Joch auf unſern gezeichneten Stir-
nen,

Frankreich krieget mit uns durch ſeine Waffen und
Sitten;

Seine Waffen weichen noch oft germaniſchen Fahnen,
Aber mit ſeinen Sitten erobert es ſchneller und ſichrer.
Schaaren verdorbener witziger Koͤpfe, verhungerter
Marquis,

Kommen und pluͤndern uns aus, gleich ihren verwe-
genen Heeren,

Und dies iſt nicht genug. Wir ſenden zur galliſchen
Hauptſtadt

Unſere Soͤhne, daß ſie dort ihre deutſche Geſundheit
Jm wolluͤſtigen Arm franzoͤſiſcher Weiber verlieren,
Und ihr vaͤterlich Gut im ſchaͤndlichen Spiele verſchwen-
den.

Gluͤck-
C 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg>
          <pb facs="#f0047" n="39"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Morgen.</hi> </fw><lb/>
          <l>Oder durch blendenden Witz un&#x017F;inniger &#x017F;chaaler Romane,</l><lb/>
          <l>Den ge&#x017F;unden Ver&#x017F;tand der deut&#x017F;chen Scho&#x0364;ne verfu&#x0364;hren.</l><lb/>
          <l>Keine neue Mode von Stoff, kein Anzug von Spitzen</l><lb/>
          <l>Brachte der Tugend Gefahr, und hieß die Keu&#x017F;chheit<lb/><hi rendition="#et">entfliehen.</hi></l><lb/>
          <l>Die&#x017F;e Zeiten &#x017F;ind leider nicht mehr! Wir tragen das<lb/><hi rendition="#et">Merkmal</hi></l><lb/>
          <l>Von dem galli&#x017F;chen Joch auf un&#x017F;ern gezeichneten Stir-<lb/><hi rendition="#et">nen,</hi></l><lb/>
          <l>Frankreich krieget mit uns durch &#x017F;eine Waffen und<lb/><hi rendition="#et">Sitten;</hi></l><lb/>
          <l>Seine Waffen weichen noch oft germani&#x017F;chen Fahnen,</l><lb/>
          <l>Aber mit &#x017F;einen Sitten erobert es &#x017F;chneller und &#x017F;ichrer.</l><lb/>
          <l>Schaaren verdorbener witziger Ko&#x0364;pfe, verhungerter<lb/><hi rendition="#et">Marquis,</hi></l><lb/>
          <l>Kommen und plu&#x0364;ndern uns aus, gleich ihren verwe-<lb/><hi rendition="#et">genen Heeren,</hi></l><lb/>
          <l>Und dies i&#x017F;t nicht genug. Wir &#x017F;enden zur galli&#x017F;chen<lb/><hi rendition="#et">Haupt&#x017F;tadt</hi></l><lb/>
          <l>Un&#x017F;ere So&#x0364;hne, daß &#x017F;ie dort ihre deut&#x017F;che Ge&#x017F;undheit</l><lb/>
          <l>Jm wollu&#x0364;&#x017F;tigen Arm franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;cher Weiber verlieren,</l><lb/>
          <l>Und ihr va&#x0364;terlich Gut im &#x017F;cha&#x0364;ndlichen Spiele ver&#x017F;chwen-<lb/><hi rendition="#et">den.</hi></l><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">C 4</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Glu&#x0364;ck-</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[39/0047] Der Morgen. Oder durch blendenden Witz unſinniger ſchaaler Romane, Den geſunden Verſtand der deutſchen Schoͤne verfuͤhren. Keine neue Mode von Stoff, kein Anzug von Spitzen Brachte der Tugend Gefahr, und hieß die Keuſchheit entfliehen. Dieſe Zeiten ſind leider nicht mehr! Wir tragen das Merkmal Von dem galliſchen Joch auf unſern gezeichneten Stir- nen, Frankreich krieget mit uns durch ſeine Waffen und Sitten; Seine Waffen weichen noch oft germaniſchen Fahnen, Aber mit ſeinen Sitten erobert es ſchneller und ſichrer. Schaaren verdorbener witziger Koͤpfe, verhungerter Marquis, Kommen und pluͤndern uns aus, gleich ihren verwe- genen Heeren, Und dies iſt nicht genug. Wir ſenden zur galliſchen Hauptſtadt Unſere Soͤhne, daß ſie dort ihre deutſche Geſundheit Jm wolluͤſtigen Arm franzoͤſiſcher Weiber verlieren, Und ihr vaͤterlich Gut im ſchaͤndlichen Spiele verſchwen- den. Gluͤck- C 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764/47
Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764], S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764/47>, abgerufen am 13.10.2024.