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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764].

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Der Mittag.
Nimmt die helle Posaune. Die Fluren horchen; und
alles

Eilt aus Wald, und Wasser, und Luft zum Gastmal
des Schöpfers.

Hoch sieht die Sonne vom Himmel herab, und
scheinet im Laufe

Stille zu stehn, der Freude der Erde noch länger zu
stralen.

Nach ihr blickt der Schäfer hinauf, und meldet dem
matten

Fragenden Wandrer die Zeit nach seiner nie trügenden
Weltuhr.

Er indessen treibet sein Vieh zum kühleren Schatten,
Welchen der hohe erwachsene Wald ins reifende Feld
wirft,

Oder welchen ein buschichter Berg in die Wiese schat-
tiret.

Unter dem Ahorn lagert er sich. Der blumichte Rasen
Jst sein Tisch; die schlechteste Kost, durch Arbeit ge-
würzet,

Schmeckt ihm unter dem Baum. Dann sieht er mit
frölichem Auge,

Wie am rieselnden Bach die bunt zerstreueten Heer-
den

Jrren; und schöpft den silbernen Quell, und trinket
zufrieden.

Tiefer im Walde weiden die Küh; die tönenden Schel-
len

Füllen

Der Mittag.
Nimmt die helle Poſaune. Die Fluren horchen; und
alles

Eilt aus Wald, und Waſſer, und Luft zum Gaſtmal
des Schoͤpfers.

Hoch ſieht die Sonne vom Himmel herab, und
ſcheinet im Laufe

Stille zu ſtehn, der Freude der Erde noch laͤnger zu
ſtralen.

Nach ihr blickt der Schaͤfer hinauf, und meldet dem
matten

Fragenden Wandrer die Zeit nach ſeiner nie truͤgenden
Weltuhr.

Er indeſſen treibet ſein Vieh zum kuͤhleren Schatten,
Welchen der hohe erwachſene Wald ins reifende Feld
wirft,

Oder welchen ein buſchichter Berg in die Wieſe ſchat-
tiret.

Unter dem Ahorn lagert er ſich. Der blumichte Raſen
Jſt ſein Tiſch; die ſchlechteſte Koſt, durch Arbeit ge-
wuͤrzet,

Schmeckt ihm unter dem Baum. Dann ſieht er mit
froͤlichem Auge,

Wie am rieſelnden Bach die bunt zerſtreueten Heer-
den

Jrren; und ſchoͤpft den ſilbernen Quell, und trinket
zufrieden.

Tiefer im Walde weiden die Kuͤh; die toͤnenden Schel-
len

Fuͤllen
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[56/0064] Der Mittag. Nimmt die helle Poſaune. Die Fluren horchen; und alles Eilt aus Wald, und Waſſer, und Luft zum Gaſtmal des Schoͤpfers. Hoch ſieht die Sonne vom Himmel herab, und ſcheinet im Laufe Stille zu ſtehn, der Freude der Erde noch laͤnger zu ſtralen. Nach ihr blickt der Schaͤfer hinauf, und meldet dem matten Fragenden Wandrer die Zeit nach ſeiner nie truͤgenden Weltuhr. Er indeſſen treibet ſein Vieh zum kuͤhleren Schatten, Welchen der hohe erwachſene Wald ins reifende Feld wirft, Oder welchen ein buſchichter Berg in die Wieſe ſchat- tiret. Unter dem Ahorn lagert er ſich. Der blumichte Raſen Jſt ſein Tiſch; die ſchlechteſte Koſt, durch Arbeit ge- wuͤrzet, Schmeckt ihm unter dem Baum. Dann ſieht er mit froͤlichem Auge, Wie am rieſelnden Bach die bunt zerſtreueten Heer- den Jrren; und ſchoͤpft den ſilbernen Quell, und trinket zufrieden. Tiefer im Walde weiden die Kuͤh; die toͤnenden Schel- len Fuͤllen

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Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764], S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764/64>, abgerufen am 05.05.2024.