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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 5. [Braunschweig], [1764].

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Erster Gesang.
Und den Namen sogar des niedrigen Lasters verab-
scheut?

Nein, ihr redender Blick, die lächelnden purpur-
nen Lippen,

Sind nicht Betrüger. Die innere Schönheit der
weiblichen Seele

Wächst mit der Anmuth der Jugend zugleich. Jhr
schützender Engel

Schwebet um sie auf güldenen Flügeln; er wacht
für die Unschuld

Jhres unsterblichen Geistes, und hilft die Rosen
der Schönheit

Auf den Wangen entfalten. Jhr leichter ätherischer
Schlummer

Fliegt mit der Morgenröthe dahin. Liebkosend er-
weckt sie

Jhren Vater, und faltet mit ihm die Hände zum
Himmel.

Jhre stammelnden Seufzer erschallen umfonst nicht;
die Engel

Tragen sie über die Wolken. -- Dann lernt sie in
kleinen Geschichten

Und anmuthigen Fabeln die Tugend. Mit seuriger
Neugier

Fragt
B 5
Erſter Geſang.
Und den Namen ſogar des niedrigen Laſters verab-
ſcheut?

Nein, ihr redender Blick, die laͤchelnden purpur-
nen Lippen,

Sind nicht Betruͤger. Die innere Schoͤnheit der
weiblichen Seele

Waͤchſt mit der Anmuth der Jugend zugleich. Jhr
ſchuͤtzender Engel

Schwebet um ſie auf guͤldenen Fluͤgeln; er wacht
fuͤr die Unſchuld

Jhres unſterblichen Geiſtes, und hilft die Roſen
der Schoͤnheit

Auf den Wangen entfalten. Jhr leichter aͤtheriſcher
Schlummer

Fliegt mit der Morgenroͤthe dahin. Liebkoſend er-
weckt ſie

Jhren Vater, und faltet mit ihm die Haͤnde zum
Himmel.

Jhre ſtammelnden Seufzer erſchallen umfonſt nicht;
die Engel

Tragen ſie uͤber die Wolken. — Dann lernt ſie in
kleinen Geſchichten

Und anmuthigen Fabeln die Tugend. Mit ſeuriger
Neugier

Fragt
B 5
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[9/0031] Erſter Geſang. Und den Namen ſogar des niedrigen Laſters verab- ſcheut? Nein, ihr redender Blick, die laͤchelnden purpur- nen Lippen, Sind nicht Betruͤger. Die innere Schoͤnheit der weiblichen Seele Waͤchſt mit der Anmuth der Jugend zugleich. Jhr ſchuͤtzender Engel Schwebet um ſie auf guͤldenen Fluͤgeln; er wacht fuͤr die Unſchuld Jhres unſterblichen Geiſtes, und hilft die Roſen der Schoͤnheit Auf den Wangen entfalten. Jhr leichter aͤtheriſcher Schlummer Fliegt mit der Morgenroͤthe dahin. Liebkoſend er- weckt ſie Jhren Vater, und faltet mit ihm die Haͤnde zum Himmel. Jhre ſtammelnden Seufzer erſchallen umfonſt nicht; die Engel Tragen ſie uͤber die Wolken. — Dann lernt ſie in kleinen Geſchichten Und anmuthigen Fabeln die Tugend. Mit ſeuriger Neugier Fragt B 5

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Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 5. [Braunschweig], [1764], S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften05_1764/31>, abgerufen am 23.04.2024.