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Zeiller, Martin: Centuria Variarum Quæstionum. Bd. 1. Ulm, 1658.

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Die LXXXVIII. Frag.
anlangend/ muß man mit Freundschafft machen
nicht eylen/ als wie Theils zu thun pflegen/ die ob sie
wol vorhin miteinander nicht bekant gewesen/ gleich
bey einem Trunck Brüderschafft machen/ und für
einander Leib und Leben zu lassen/ versprechen. Die
Alten haben gesagt/ man müsse zuvor eine Saltz-
scheiben miteinander auffessen. Wenn nun also
Freundschafft gemacht wird/ so hat man darnach
darauß grossen Nutzen und Ergetzligkeit/ in allerley
Fällen und Begebenheiten zugewarten. Sintemal:

Ein rechter treuer Freund/
Der redet wie ers meint/
Und bleibet fest bestehn/
Wann ander ruckwarts gehn.

Ja ein soscher Freund nimbt sich nicht allein sei-
nes Freunds an/ weil er lebet/ und vertheiget seinen
guten Namen; sondern erhält auch seine gute Ge-
dächtniß/ nach dessen Tode.

Betreffend den andern Theil deiner Frag/ wie
nemlich die erwöhlten Freunde zuerhalten? So thut
viel dabey/ wann man einander offt besucht/ und mit-
einander redet/ nichts unehrlichs an den Freund be-
gehrt/ auch dem Freunde sein Begehren/ wann es an-
ders ehrlich/ nicht leichtlich abschläget/ und ihm zu
Hülff kommet; wann es die Noht erfordert/ beedes
mit Raht und der That. Wir leben allhie nicht mit
vollkommenlich gerechten Leuten; daher/ wann
wir sehen/ daß unsere Freunde sich etwann in ei-
nem/ oder dem andern vergriffen/ sollen wir die-

selben
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Die LXXXVIII. Frag.
anlangend/ muß man mit Freundſchafft machen
nicht eylen/ als wie Theils zu thun pflegen/ die ob ſie
wol vorhin miteinander nicht bekant geweſen/ gleich
bey einem Trunck Bruͤderſchafft machen/ und fuͤr
einander Leib und Leben zu laſſen/ verſprechen. Die
Alten haben geſagt/ man muͤſſe zuvor eine Saltz-
ſcheiben miteinander auffeſſen. Wenn nun alſo
Freundſchafft gemacht wird/ ſo hat man darnach
darauß groſſen Nutzen und Ergetzligkeit/ in allerley
Faͤllen und Begebenheiten zugewarten. Sintemal:

Ein rechter treuer Freund/
Der redet wie ers meint/
Und bleibet feſt beſtehn/
Wann ander ruckwarts gehn.

Ja ein ſoſcher Freund nimbt ſich nicht allein ſei-
nes Freunds an/ weil er lebet/ und vertheiget ſeinen
guten Namen; ſondern erhaͤlt auch ſeine gute Ge-
daͤchtniß/ nach deſſen Tode.

Betreffend den andern Theil deiner Frag/ wie
nemlich die erwoͤhlten Freunde zuerhalten? So thut
viel dabey/ wann man einander offt beſucht/ und mit-
einander redet/ nichts unehrlichs an den Freund be-
gehrt/ auch dem Freunde ſein Begehren/ wañ es an-
ders ehrlich/ nicht leichtlich abſchlaͤget/ und ihm zu
Huͤlff kommet; wann es die Noht erfordert/ beedes
mit Raht und der That. Wir leben allhie nicht mit
vollkommenlich gerechten Leuten; daher/ wann
wir ſehen/ daß unſere Freunde ſich etwann in ei-
nem/ oder dem andern vergriffen/ ſollen wir die-

ſelben
X 5
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[329/0345] Die LXXXVIII. Frag. anlangend/ muß man mit Freundſchafft machen nicht eylen/ als wie Theils zu thun pflegen/ die ob ſie wol vorhin miteinander nicht bekant geweſen/ gleich bey einem Trunck Bruͤderſchafft machen/ und fuͤr einander Leib und Leben zu laſſen/ verſprechen. Die Alten haben geſagt/ man muͤſſe zuvor eine Saltz- ſcheiben miteinander auffeſſen. Wenn nun alſo Freundſchafft gemacht wird/ ſo hat man darnach darauß groſſen Nutzen und Ergetzligkeit/ in allerley Faͤllen und Begebenheiten zugewarten. Sintemal: Ein rechter treuer Freund/ Der redet wie ers meint/ Und bleibet feſt beſtehn/ Wann ander ruckwarts gehn. Ja ein ſoſcher Freund nimbt ſich nicht allein ſei- nes Freunds an/ weil er lebet/ und vertheiget ſeinen guten Namen; ſondern erhaͤlt auch ſeine gute Ge- daͤchtniß/ nach deſſen Tode. Betreffend den andern Theil deiner Frag/ wie nemlich die erwoͤhlten Freunde zuerhalten? So thut viel dabey/ wann man einander offt beſucht/ und mit- einander redet/ nichts unehrlichs an den Freund be- gehrt/ auch dem Freunde ſein Begehren/ wañ es an- ders ehrlich/ nicht leichtlich abſchlaͤget/ und ihm zu Huͤlff kommet; wann es die Noht erfordert/ beedes mit Raht und der That. Wir leben allhie nicht mit vollkommenlich gerechten Leuten; daher/ wann wir ſehen/ daß unſere Freunde ſich etwann in ei- nem/ oder dem andern vergriffen/ ſollen wir die- ſelben X 5

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Zitationshilfe: Zeiller, Martin: Centuria Variarum Quæstionum. Bd. 1. Ulm, 1658, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zeiller_centuria01_1658/345>, abgerufen am 27.04.2024.