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Zeiller, Martin: Centvria III. Variarvm Quæstionvm. Bd. 3. Ulm, 1659.

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Die 88. Frag/ des 3. Hundert.
Erden geküst/ davon siehe obgemelten Bonifacium
lib.
10. c.
24.

Die 88. Frag.
Wie hat man sich sonsten in Sit-
ten/ sonderlich beym Tisch/ zu
verhalten?

DU hast allererst vernom-
men/ daß man sich nach der Landsart
(iedoch/ daß man nichts wider Gott/
und die Erbarkeit/ begehe) richten müeße. Es be-
greifft die Höflicheit in Sitten mehr/ als man ge-
dencken kan. Die Knaben lehret man zwar die Ci-
vilitatem morum
,
oder/ wie Sie sich in den Sitten
zu verhalten/ in den Schuelen: Aber die Alten
müeßen solche täglich üben. Es entstehen stätigs
sovil neue Gebräuch/ mancherley Titul/ Reve-
rentzmachung/ Hand/ und Rock küßen/ und aller-
ley Gauckeleyen/ daß auch der alte Heraclitus,
der stätigs nur geweint haben solle/ sich des La-
chens/ wann Er solche Sachen sehe/ nicht enthal-
ten könte. Und wer nicht zu solchen Hasionibus,
und Leimstengeliis, sich helt/ und es ihnen nach-
thuet/ der wird für einen groben Bengelium gehal-
ten. Es ist ein alter Brauch/ die Hand zum Mund
zu halten/ und einem damit eine Ehr zu erweisen.
Wann es aber zu offt geschihet/ helt man es/ der
Zeit/ für eine anzaigung/ daß es nicht recht mit
Jhme im Kopff stehe.

Was

Die 88. Frag/ des 3. Hundert.
Erden gekuͤſt/ davon ſiehe obgemelten Bonifacium
lib.
10. c.
24.

Die 88. Frag.
Wie hat man ſich ſonſten in Sit-
ten/ ſonderlich beym Tiſch/ zu
verhalten?

DU haſt allererſt vernom-
men/ daß man ſich nach der Landsart
(iedoch/ daß man nichts wider Gott/
und die Erbarkeit/ begehe) richten muͤeße. Es be-
greifft die Hoͤflicheit in Sitten mehr/ als man ge-
dencken kan. Die Knaben lehret man zwar die Ci-
vilitatem morum
,
oder/ wie Sie ſich in den Sitten
zu verhalten/ in den Schuelen: Aber die Alten
muͤeßen ſolche taͤglich uͤben. Es entſtehen ſtaͤtigs
ſovil neue Gebraͤuch/ mancherley Titul/ Reve-
rentzmachung/ Hand/ und Rock kuͤßen/ und aller-
ley Gauckeleyen/ daß auch der alte Heraclitus,
der ſtaͤtigs nur geweint haben ſolle/ ſich des La-
chens/ wann Er ſolche Sachen ſehe/ nicht enthal-
ten koͤnte. Und wer nicht zu ſolchen Haſionibus,
und Leimſtengeliis, ſich helt/ und es ihnen nach-
thuet/ der wird fuͤr einen groben Bengelium gehal-
ten. Es iſt ein alter Brauch/ die Hand zum Mund
zu halten/ und einem damit eine Ehr zu erweiſen.
Wann es aber zu offt geſchihet/ helt man es/ der
Zeit/ fuͤr eine anzaigung/ daß es nicht recht mit
Jhme im Kopff ſtehe.

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[431/0455] Die 88. Frag/ des 3. Hundert. Erden gekuͤſt/ davon ſiehe obgemelten Bonifacium lib. 10. c. 24. Die 88. Frag. Wie hat man ſich ſonſten in Sit- ten/ ſonderlich beym Tiſch/ zu verhalten? DU haſt allererſt vernom- men/ daß man ſich nach der Landsart (iedoch/ daß man nichts wider Gott/ und die Erbarkeit/ begehe) richten muͤeße. Es be- greifft die Hoͤflicheit in Sitten mehr/ als man ge- dencken kan. Die Knaben lehret man zwar die Ci- vilitatem morum, oder/ wie Sie ſich in den Sitten zu verhalten/ in den Schuelen: Aber die Alten muͤeßen ſolche taͤglich uͤben. Es entſtehen ſtaͤtigs ſovil neue Gebraͤuch/ mancherley Titul/ Reve- rentzmachung/ Hand/ und Rock kuͤßen/ und aller- ley Gauckeleyen/ daß auch der alte Heraclitus, der ſtaͤtigs nur geweint haben ſolle/ ſich des La- chens/ wann Er ſolche Sachen ſehe/ nicht enthal- ten koͤnte. Und wer nicht zu ſolchen Haſionibus, und Leimſtengeliis, ſich helt/ und es ihnen nach- thuet/ der wird fuͤr einen groben Bengelium gehal- ten. Es iſt ein alter Brauch/ die Hand zum Mund zu halten/ und einem damit eine Ehr zu erweiſen. Wann es aber zu offt geſchihet/ helt man es/ der Zeit/ fuͤr eine anzaigung/ daß es nicht recht mit Jhme im Kopff ſtehe. Was

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Zitationshilfe: Zeiller, Martin: Centvria III. Variarvm Quæstionvm. Bd. 3. Ulm, 1659, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zeiller_centuria03_1659/455>, abgerufen am 28.03.2024.