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Zeiller, Martin: Centvria III. Variarvm Quæstionvm. Bd. 3. Ulm, 1659.

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Die 89. Frag/ des 3. Hundert.
guet zu halten/ daß Er demselben mit seinem lan-
gen Geschwätz verdrüeßlich gewesen; Diser aber
solchem geantwortet/ Er sey ihme gar nicht ver-
drüeßlich gewesen/ weil Er demselben nicht zuge-
höret; sondern andern Sachen/ unter deßen/
nachgedacht habe. Jst also die Einsamkeit; her-
gegen auch die Gemeinschafft nicht gantz zu flie-
hen; sondern mögen beede/ nach Unterscheid der
Umbstände/ Platz haben; wann nur die Einsam-
keit nicht zur Melancholia; und die Gemein-
schafft nicht zum Verderben/ oder auch zur Ver-
achtung/ außschlägt. Es fragt Einer/ warumb
die zu große Gemeinschafft entlich die Verach-
tung bringe? und sagt/ daß es nicht deßwegen ge-
schehe/ wann man mit den Leuten umgehet/ oder
mit Jhnen sich besprachet/ weiln solches die Lieb/
und Zunaigung/ nur vermehre; sondern lige an
der verkerten Leute Sinn; welche/ durch solche
Freundlicheit/ den Höhern sich gleich achten/ und
über andere/ so ihres Stands seyn/ erheben. Und
daher entstehe dann die Verachtung. Deßwegen
sollen Große Herren zuesehen/ daß allwegen mit
der Freundlicheit/ auch die Gravität vermischt
seye; damit die Freundlicheit nicht zu einer
Leichtfertigkeit gerathe.



Die
E e v

Die 89. Frag/ des 3. Hundert.
guet zu halten/ daß Er demſelben mit ſeinem lan-
gen Geſchwaͤtz verdruͤeßlich geweſen; Diſer aber
ſolchem geantwortet/ Er ſey ihme gar nicht ver-
druͤeßlich geweſen/ weil Er demſelben nicht zuge-
hoͤret; ſondern andern Sachen/ unter deßen/
nachgedacht habe. Jſt alſo die Einſamkeit; her-
gegen auch die Gemeinſchafft nicht gantz zu flie-
hen; ſondern moͤgen beede/ nach Unterſcheid der
Umbſtaͤnde/ Platz haben; wann nur die Einſam-
keit nicht zur Melancholia; und die Gemein-
ſchafft nicht zum Verderben/ oder auch zur Ver-
achtung/ außſchlaͤgt. Es fragt Einer/ warumb
die zu große Gemeinſchafft entlich die Verach-
tung bringe? und ſagt/ daß es nicht deßwegen ge-
ſchehe/ wann man mit den Leuten umgehet/ oder
mit Jhnen ſich beſprachet/ weiln ſolches die Lieb/
und Zunaigung/ nur vermehre; ſondern lige an
der verkerten Leute Sinn; welche/ durch ſolche
Freundlicheit/ den Hoͤhern ſich gleich achten/ und
uͤber andere/ ſo ihres Stands ſeyn/ erheben. Und
daher entſtehe dann die Verachtung. Deßwegen
ſollen Große Herren zueſehen/ daß allwegen mit
der Freundlicheit/ auch die Gravität vermiſcht
ſeye; damit die Freundlicheit nicht zu einer
Leichtfertigkeit gerathe.



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[441/0465] Die 89. Frag/ des 3. Hundert. guet zu halten/ daß Er demſelben mit ſeinem lan- gen Geſchwaͤtz verdruͤeßlich geweſen; Diſer aber ſolchem geantwortet/ Er ſey ihme gar nicht ver- druͤeßlich geweſen/ weil Er demſelben nicht zuge- hoͤret; ſondern andern Sachen/ unter deßen/ nachgedacht habe. Jſt alſo die Einſamkeit; her- gegen auch die Gemeinſchafft nicht gantz zu flie- hen; ſondern moͤgen beede/ nach Unterſcheid der Umbſtaͤnde/ Platz haben; wann nur die Einſam- keit nicht zur Melancholia; und die Gemein- ſchafft nicht zum Verderben/ oder auch zur Ver- achtung/ außſchlaͤgt. Es fragt Einer/ warumb die zu große Gemeinſchafft entlich die Verach- tung bringe? und ſagt/ daß es nicht deßwegen ge- ſchehe/ wann man mit den Leuten umgehet/ oder mit Jhnen ſich beſprachet/ weiln ſolches die Lieb/ und Zunaigung/ nur vermehre; ſondern lige an der verkerten Leute Sinn; welche/ durch ſolche Freundlicheit/ den Hoͤhern ſich gleich achten/ und uͤber andere/ ſo ihres Stands ſeyn/ erheben. Und daher entſtehe dann die Verachtung. Deßwegen ſollen Große Herren zueſehen/ daß allwegen mit der Freundlicheit/ auch die Gravität vermiſcht ſeye; damit die Freundlicheit nicht zu einer Leichtfertigkeit gerathe. Die E e v

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Zitationshilfe: Zeiller, Martin: Centvria III. Variarvm Quæstionvm. Bd. 3. Ulm, 1659, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zeiller_centuria03_1659/465>, abgerufen am 20.04.2024.