Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zeiller, Martin: Centvria III. Variarvm Quæstionvm. Bd. 3. Ulm, 1659.

Bild:
<< vorherige Seite

Die 92. Frag/ des 3. Hundert.
gene Laertio angezeiget worden. Dann Epicurus
hat als dann einen Menschen seelig/ und glückhaf-
tig geachtet/ wann er die Wüll ust des Gemüets
suchete/ darinnen das höchste Guet sitzet/ daß Ei-
ner nach feinen Tugenden strebe/ als/ nach Erbar-
keit/ Keuschheit/ Weißheit/ Verstand/ und Ge-
rechtigkeit/ die einem Menschen ein süßes geruhi-
ges Leben geben/ das aus einem guten Gewißen
herfließen muß/ das giebet beständige Freude.
Dann/ was kan fur Freude seyn in einem losen Le-
ben/ in Völlerey/ und Viehischer Wollust/ dar-
auff das Ende voller Traurigkeit folget. &c.

Die 92. Frag.
Warum macht das zu allen Din-
gen ja sagen Freunde/ die
Warheit aber
Feinde?

DJe Ursach ligt nicht an der
Warheit/ sondern an dem verkerten
Sinn der Menschen/ welche übel auf-
nehmen/ daß man Jhnen die böse Thaten für-
würfft/ oder daß man Sie deßwegen mit Worten
straffet. Von Natur seyn die Menschen/ etwas
zu erlehrnen/ geneigt; und daher solten Sie auch
die Wahrheit lieb haben. Aber/ wann man Ei-
nem/ ohne Umbschweiff/ sagt/ was Er uurechts
gethan; so ist Feuer im Tach/ da stoßet man die
Erde/ da schreyet alles nach der Rach. Daher/

obwoln

Die 92. Frag/ des 3. Hundert.
gene Laertio angezeiget worden. Dann Epicurus
hat als dann einen Menſchen ſeelig/ und gluͤckhaf-
tig geachtet/ wann er die Wuͤll uſt des Gemuͤets
ſuchete/ darinnen das hoͤchſte Guet ſitzet/ daß Ei-
ner nach feinen Tugenden ſtrebe/ als/ nach Erbar-
keit/ Keuſchheit/ Weißheit/ Verſtand/ und Ge-
rechtigkeit/ die einem Menſchen ein ſuͤßes geruhi-
ges Leben geben/ das aus einem guten Gewißen
herfließen muß/ das giebet beſtaͤndige Freude.
Dann/ was kan fůr Freude ſeyn in einem loſen Le-
ben/ in Voͤllerey/ und Viehiſcher Wolluſt/ dar-
auff das Ende voller Traurigkeit folget. &c.

Die 92. Frag.
Warum macht das zu allen Din-
gen ja ſagen Freunde/ die
Warheit aber
Feinde?

DJe Urſach ligt nicht an der
Warheit/ ſondern an dem verkerten
Sinn der Menſchen/ welche uͤbel auf-
nehmen/ daß man Jhnen die boͤſe Thaten fuͤr-
wuͤrfft/ oder daß man Sie deßwegen mit Worten
ſtraffet. Von Natur ſeyn die Menſchen/ etwas
zu erlehrnen/ geneigt; und daher ſolten Sie auch
die Wahrheit lieb haben. Aber/ wann man Ei-
nem/ ohne Umbſchweiff/ ſagt/ was Er uurechts
gethan; ſo iſt Feuer im Tach/ da ſtoßet man die
Erde/ da ſchreyet alles nach der Rach. Daher/

obwoln
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0471" n="447"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die 92. Frag/ des 3. Hundert.</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">gene Laertio</hi></hi> angezeiget worden. Dann <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Epicurus</hi></hi><lb/>
hat als dann einen Men&#x017F;chen &#x017F;eelig/ und glu&#x0364;ckhaf-<lb/>
tig geachtet/ wann er die Wu&#x0364;ll u&#x017F;t des Gemu&#x0364;ets<lb/>
&#x017F;uchete/ darinnen das ho&#x0364;ch&#x017F;te Guet &#x017F;itzet/ daß Ei-<lb/>
ner nach feinen Tugenden &#x017F;trebe/ als/ nach Erbar-<lb/>
keit/ Keu&#x017F;chheit/ Weißheit/ Ver&#x017F;tand/ und Ge-<lb/>
rechtigkeit/ die einem Men&#x017F;chen ein &#x017F;u&#x0364;ßes geruhi-<lb/>
ges Leben geben/ das aus einem guten Gewißen<lb/>
herfließen muß/ das giebet be&#x017F;ta&#x0364;ndige Freude.<lb/>
Dann/ was kan f&#x016F;r Freude &#x017F;eyn in einem lo&#x017F;en Le-<lb/>
ben/ in Vo&#x0364;llerey/ und Viehi&#x017F;cher Wollu&#x017F;t/ dar-<lb/>
auff das Ende voller Traurigkeit folget. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">&amp;c.</hi></hi></p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#fr">Die 92. Frag.<lb/>
Warum macht das zu allen Din-<lb/>
gen ja &#x017F;agen Freunde/ die<lb/>
Warheit aber<lb/>
Feinde?</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi><hi rendition="#fr">Je Ur&#x017F;ach ligt nicht an der</hi><lb/>
Warheit/ &#x017F;ondern an dem verkerten<lb/>
Sinn der Men&#x017F;chen/ welche u&#x0364;bel auf-<lb/>
nehmen/ daß man Jhnen die bo&#x0364;&#x017F;e Thaten fu&#x0364;r-<lb/>
wu&#x0364;rfft/ oder daß man Sie deßwegen mit Worten<lb/>
&#x017F;traffet. Von Natur &#x017F;eyn die Men&#x017F;chen/ etwas<lb/>
zu erlehrnen/ geneigt; und daher &#x017F;olten Sie auch<lb/>
die Wahrheit lieb haben. Aber/ wann man Ei-<lb/>
nem/ ohne Umb&#x017F;chweiff/ &#x017F;agt/ was Er uurechts<lb/>
gethan; &#x017F;o i&#x017F;t Feuer im Tach/ da &#x017F;toßet man die<lb/>
Erde/ da &#x017F;chreyet alles nach der Rach. Daher/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">obwoln</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[447/0471] Die 92. Frag/ des 3. Hundert. gene Laertio angezeiget worden. Dann Epicurus hat als dann einen Menſchen ſeelig/ und gluͤckhaf- tig geachtet/ wann er die Wuͤll uſt des Gemuͤets ſuchete/ darinnen das hoͤchſte Guet ſitzet/ daß Ei- ner nach feinen Tugenden ſtrebe/ als/ nach Erbar- keit/ Keuſchheit/ Weißheit/ Verſtand/ und Ge- rechtigkeit/ die einem Menſchen ein ſuͤßes geruhi- ges Leben geben/ das aus einem guten Gewißen herfließen muß/ das giebet beſtaͤndige Freude. Dann/ was kan fůr Freude ſeyn in einem loſen Le- ben/ in Voͤllerey/ und Viehiſcher Wolluſt/ dar- auff das Ende voller Traurigkeit folget. &c. Die 92. Frag. Warum macht das zu allen Din- gen ja ſagen Freunde/ die Warheit aber Feinde? DJe Urſach ligt nicht an der Warheit/ ſondern an dem verkerten Sinn der Menſchen/ welche uͤbel auf- nehmen/ daß man Jhnen die boͤſe Thaten fuͤr- wuͤrfft/ oder daß man Sie deßwegen mit Worten ſtraffet. Von Natur ſeyn die Menſchen/ etwas zu erlehrnen/ geneigt; und daher ſolten Sie auch die Wahrheit lieb haben. Aber/ wann man Ei- nem/ ohne Umbſchweiff/ ſagt/ was Er uurechts gethan; ſo iſt Feuer im Tach/ da ſtoßet man die Erde/ da ſchreyet alles nach der Rach. Daher/ obwoln

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zeiller_centuria03_1659
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zeiller_centuria03_1659/471
Zitationshilfe: Zeiller, Martin: Centvria III. Variarvm Quæstionvm. Bd. 3. Ulm, 1659, S. 447. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zeiller_centuria03_1659/471>, abgerufen am 18.04.2024.