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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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Der Assenat
eines fenrigen/ ja fast Göttlichen verstandes/
nach der eigenschaft des Habichts/ sein wird: die
junge Egiptische Störchin/ eine noch junge
Jungfrau/
die in Egipten gebohren: der wohl
verwahrte Vogelbauer/
darinnen diese Störchin
gesessen/ ein Kloster/ oder sonsten etwas/ darinnen
sie/ in genauer verwahrung/ erzogen wird: die junge
Henne/
eine junge Hausfrau; welche dem Jüng-
linge zuerst von ferne/ darnach in der nähe ihre liebe
wird blikken laßen: der alte Hahn/ einen alten Eh-
man;
in dessen gegenwart die junge Frau nicht wird
dürfen märken laßen/ daß sie den Jüngling liebet. In
seinem abwesen aber wird sie ihm üm so viel mehr lie-
beszeichen erweisen. Ja/ weil er weder mit liebesblik-
ken/ noch mit lieblenden worten zur gegenliebe zu bewe-
gen ist/ wird sie ihn endlich gar mit gewalt darzu ziehen
wollen/ ihren willen zu volbringen. Er aber wird ihr
entspringen. Hierauf wird die Frau den Jüngling bei
ihrem alten Ehliebsten/ aus übermäßigem zorne wegen
ihrer verschmähung/ fälschlich anklagen/ und ihn bewe-
gen/ daß er den Jüngling gefänglich wird setzen laßen:
welches durch das jagen ins kellerloch angedeutet
wird. Daß aber ein Leue/ als ein königliches tier/
den Hahn vor dem loche wegtreibet/ und den fremden
Vogel/
der sich darnach gleichsam in einen Adler/ der
auch ein königlicher vogel ist/ verändert; solches bedeu-
tet/ daß ein König den Jüngling erlösen/ und in den
königlichen stand erhöben wird.

Wan man nun diese beiden Treume/ deren der eine
den andern/ wie ich gesagt/ sehr ahrtig erklähret/ zu-
sammenhelt; so kommet diese volkommene bedeutung
heraus. Nähmlich es wird sich irgendwo ein jun-
ger und schöner Ausländer/ welcher/ gleichwie
der Göttliche und der Sonne geheiligte
Habicht/
eines feurigen geistes ist/ mit einem schönen noch.

un-

Der Aſſenat
eines fenrigen/ ja faſt Goͤttlichen verſtandes/
nach der eigenſchaft des Habichts/ ſein wird: die
junge Egiptiſche Stoͤrchin/ eine noch junge
Jungfrau/
die in Egipten gebohren: der wohl
verwahrte Vogelbauer/
darinnen dieſe Stoͤrchin
geſeſſen/ ein Kloſter/ oder ſonſten etwas/ darinnen
ſie/ in genauer verwahrung/ erzogen wird: die junge
Henne/
eine junge Hausfrau; welche dem Juͤng-
linge zuerſt von ferne/ darnach in der naͤhe ihre liebe
wird blikken laßen: der alte Hahn/ einen alten Eh-
man;
in deſſen gegenwart die junge Frau nicht wird
duͤrfen maͤrken laßen/ daß ſie den Juͤngling liebet. In
ſeinem abweſen aber wird ſie ihm uͤm ſo viel mehr lie-
beszeichen erweiſen. Ja/ weil er weder mit liebesblik-
ken/ noch mit lieblenden worten zur gegenliebe zu bewe-
gen iſt/ wird ſie ihn endlich gar mit gewalt darzu ziehen
wollen/ ihren willen zu volbringen. Er aber wird ihr
entſpringen. Hierauf wird die Frau den Juͤngling bei
ihrem alten Ehliebſten/ aus uͤbermaͤßigem zorne wegen
ihrer verſchmaͤhung/ faͤlſchlich anklagen/ und ihn bewe-
gen/ daß er den Juͤngling gefaͤnglich wird ſetzen laßen:
welches durch das jagen ins kellerloch angedeutet
wird. Daß aber ein Leue/ als ein koͤnigliches tier/
den Hahn vor dem loche wegtreibet/ und den fremden
Vogel/
der ſich darnach gleichſam in einen Adler/ der
auch ein koͤniglicher vogel iſt/ veraͤndert; ſolches bedeu-
tet/ daß ein Koͤnig den Juͤngling erloͤſen/ und in den
koͤniglichen ſtand erhoͤben wird.

Wan man nun dieſe beiden Treume/ deren der eine
den andern/ wie ich geſagt/ ſehr ahrtig erklaͤhret/ zu-
ſammenhelt; ſo kommet dieſe volkommene bedeutung
heraus. Naͤhmlich es wird ſich irgendwo ein jun-
ger und ſchoͤner Auslaͤnder/ welcher/ gleichwie
der Goͤttliche und der Sonne geheiligte
Habicht/
eines feurigen geiſtes iſt/ mit einem ſchoͤnen noch.

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[88/0112] Der Aſſenat eines fenrigen/ ja faſt Goͤttlichen verſtandes/ nach der eigenſchaft des Habichts/ ſein wird: die junge Egiptiſche Stoͤrchin/ eine noch junge Jungfrau/ die in Egipten gebohren: der wohl verwahrte Vogelbauer/ darinnen dieſe Stoͤrchin geſeſſen/ ein Kloſter/ oder ſonſten etwas/ darinnen ſie/ in genauer verwahrung/ erzogen wird: die junge Henne/ eine junge Hausfrau; welche dem Juͤng- linge zuerſt von ferne/ darnach in der naͤhe ihre liebe wird blikken laßen: der alte Hahn/ einen alten Eh- man; in deſſen gegenwart die junge Frau nicht wird duͤrfen maͤrken laßen/ daß ſie den Juͤngling liebet. In ſeinem abweſen aber wird ſie ihm uͤm ſo viel mehr lie- beszeichen erweiſen. Ja/ weil er weder mit liebesblik- ken/ noch mit lieblenden worten zur gegenliebe zu bewe- gen iſt/ wird ſie ihn endlich gar mit gewalt darzu ziehen wollen/ ihren willen zu volbringen. Er aber wird ihr entſpringen. Hierauf wird die Frau den Juͤngling bei ihrem alten Ehliebſten/ aus uͤbermaͤßigem zorne wegen ihrer verſchmaͤhung/ faͤlſchlich anklagen/ und ihn bewe- gen/ daß er den Juͤngling gefaͤnglich wird ſetzen laßen: welches durch das jagen ins kellerloch angedeutet wird. Daß aber ein Leue/ als ein koͤnigliches tier/ den Hahn vor dem loche wegtreibet/ und den fremden Vogel/ der ſich darnach gleichſam in einen Adler/ der auch ein koͤniglicher vogel iſt/ veraͤndert; ſolches bedeu- tet/ daß ein Koͤnig den Juͤngling erloͤſen/ und in den koͤniglichen ſtand erhoͤben wird. Wan man nun dieſe beiden Treume/ deren der eine den andern/ wie ich geſagt/ ſehr ahrtig erklaͤhret/ zu- ſammenhelt; ſo kommet dieſe volkommene bedeutung heraus. Naͤhmlich es wird ſich irgendwo ein jun- ger und ſchoͤner Auslaͤnder/ welcher/ gleichwie der Goͤttliche und der Sonne geheiligte Habicht/ eines feurigen geiſtes iſt/ mit einem ſchoͤnen noch. un-

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/112>, abgerufen am 03.05.2024.