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Ritterhold von Blauen [i. e. Zesen, Philipp von]: Adriatische Rosemund. Amsterdam, 1645.

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vihrtes Buhch.

Diser bau ist im 829 jahre nahch Kristus ge-
buhrt angefangen worden/ und man hat sehr vihl
marmel-stein und über-aus künstlich-gehauene
säulen von Atehn und andern orten aus Grichen-
land dahrzu gebracht. Der fuhs oder grund-saz ist
gleichsam als ein kreuz/ und es wärden dahr-an so
wohl aus-als inwändig funf-hundert säulen ge-
zählet. Man gähet von allen seiten durch einen
mit vihl-färbigen marmel-steinen gepflasterten
Fohr-hof hinein/ dessen güldnes schnäkken gewölbe
mit aller-hand geschichten des Alten und Näuen
Bundes von aus-gehauener arbeit gezihret ist.

Der Bau an sich selbst ist von lauter marmel-
steinen sehr künstlich auf-geführet; der boden mit
topas und porfiren belägt; di gewölbte bogen und
wände mit Ofiht und andern köstlichen steinen
über-zogen; da alles von wunder-schönem bilder-
wärke flinkert und blinkert. unter welchen man et-
liche verborgene Sünnen bilder/ sehr ahrtig aus-
gehauen/ sihet/ deren ein gutes teil der Einsidel-mei-
ster zum heiligen Floriahn/ Jochim Kaliber/ aus
einem wahrsager-geiste (in-dähm er auf di künfti-
gen veränderungen und krige sein absähen gehabt)
angegäben hat. Man sihet al-da unter andern zwe
hähne mit langen schnäbeln/ welche einen fuchs
beissen/ und verwunden. Dadurch sollen di sige
zweer königen in Frankreich/ Karls des achten/ und
Luhdwigs des zwölften/ dises namens/ angedeutet
wärden; daß si nähmlich den Luhdwig Sforzien
aus seinem Fürstentuhme verjagen wurden. Fär-
ner sihet man einen sehr magern leuen/ welcher das
zeuchen des heiligen Marksens führet/ auf der är-
den krüchen/ und einen andern/ sehr fet und wohl-
leibig; damit man der Venediger (welche zum
wahl- und wapen-bildnüss' einen Leuen führen)
verhängnüs und glükke bedeuten wül; daß si nähm-
lich auf däm lande keinen stärn/ zu wasser aber das

bäste
vihrtes Buhch.

Diſer bau iſt im 829 jahre nahch Kriſtus ge-
buhrt angefangen worden/ und man hat ſehr vihl
marmel-ſtein und über-aus kuͤnſtlich-gehauene
ſaͤulen von Atehn und andern orten aus Grichen-
land dahrzu gebracht. Der fuhs oder grund-ſaz iſt
gleichſam als ein kreuz/ und es waͤrden dahr-an ſo
wohl aus-als inwaͤndig fůnf-hundert ſaͤulen ge-
zaͤhlet. Man gaͤhet von allen ſeiten durch einen
mit vihl-faͤrbigen marmel-ſteinen gepflaſterten
Fohr-hof hinein/ deſſen guͤldnes ſchnaͤkken gewoͤlbe
mit aller-hand geſchichten des Alten und Naͤuen
Bundes von aus-gehauener arbeit gezihret iſt.

Der Bau an ſich ſelbſt iſt von lauter marmel-
ſteinen ſehr kuͤnſtlich auf-gefuͤhret; der boden mit
topas und porfiren belaͤgt; di gewoͤlbte bogen und
waͤnde mit Ofiht und andern koͤſtlichen ſteinen
uͤber-zogen; da alles von wunder-ſchoͤnem bilder-
waͤrke flinkert und blinkert. unter welchen man et-
liche verborgene Suͤnnen bilder/ ſehr ahrtig aus-
gehauen/ ſihet/ deren ein gutes teil der Einſidel-mei-
ſter zum heiligen Floriahn/ Jochim Kaliber/ aus
einem wahrſager-geiſte (in-daͤhm er auf di kuͤnfti-
gen veraͤnderungen und krige ſein abſaͤhen gehabt)
angegaͤben hat. Man ſihet al-da unter andern zwe
haͤhne mit langen ſchnaͤbeln/ welche einen fuchs
beiſſen/ und verwunden. Dadurch ſollen di ſige
zweer koͤnigen in Frankreich/ Karls des achten/ und
Luhdwigs des zwoͤlften/ diſes namens/ angedeutet
waͤrden; daß ſi naͤhmlich den Luhdwig Sforzien
aus ſeinem Fürſtentuhme verjagen wůrden. Faͤr-
ner ſihet man einen ſehr magern leuen/ welcher das
zeuchen des heiligen Markſens fuͤhret/ auf der aͤr-
den kruͤchen/ und einen andern/ ſehr fet und wohl-
leibig; damit man der Venediger (welche zum
wahl- und wapen-bildnuͤſſ’ einen Leuen fuͤhren)
verhaͤngnuͤs und glükke bedeuten wuͤl; daß ſi naͤhm-
lich auf daͤm lande keinen ſtaͤrn/ zu waſſer aber das

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[209/0225] vihrtes Buhch. Diſer bau iſt im 829 jahre nahch Kriſtus ge- buhrt angefangen worden/ und man hat ſehr vihl marmel-ſtein und über-aus kuͤnſtlich-gehauene ſaͤulen von Atehn und andern orten aus Grichen- land dahrzu gebracht. Der fuhs oder grund-ſaz iſt gleichſam als ein kreuz/ und es waͤrden dahr-an ſo wohl aus-als inwaͤndig fůnf-hundert ſaͤulen ge- zaͤhlet. Man gaͤhet von allen ſeiten durch einen mit vihl-faͤrbigen marmel-ſteinen gepflaſterten Fohr-hof hinein/ deſſen guͤldnes ſchnaͤkken gewoͤlbe mit aller-hand geſchichten des Alten und Naͤuen Bundes von aus-gehauener arbeit gezihret iſt. Der Bau an ſich ſelbſt iſt von lauter marmel- ſteinen ſehr kuͤnſtlich auf-gefuͤhret; der boden mit topas und porfiren belaͤgt; di gewoͤlbte bogen und waͤnde mit Ofiht und andern koͤſtlichen ſteinen uͤber-zogen; da alles von wunder-ſchoͤnem bilder- waͤrke flinkert und blinkert. unter welchen man et- liche verborgene Suͤnnen bilder/ ſehr ahrtig aus- gehauen/ ſihet/ deren ein gutes teil der Einſidel-mei- ſter zum heiligen Floriahn/ Jochim Kaliber/ aus einem wahrſager-geiſte (in-daͤhm er auf di kuͤnfti- gen veraͤnderungen und krige ſein abſaͤhen gehabt) angegaͤben hat. Man ſihet al-da unter andern zwe haͤhne mit langen ſchnaͤbeln/ welche einen fuchs beiſſen/ und verwunden. Dadurch ſollen di ſige zweer koͤnigen in Frankreich/ Karls des achten/ und Luhdwigs des zwoͤlften/ diſes namens/ angedeutet waͤrden; daß ſi naͤhmlich den Luhdwig Sforzien aus ſeinem Fürſtentuhme verjagen wůrden. Faͤr- ner ſihet man einen ſehr magern leuen/ welcher das zeuchen des heiligen Markſens fuͤhret/ auf der aͤr- den kruͤchen/ und einen andern/ ſehr fet und wohl- leibig; damit man der Venediger (welche zum wahl- und wapen-bildnuͤſſ’ einen Leuen fuͤhren) verhaͤngnuͤs und glükke bedeuten wuͤl; daß ſi naͤhm- lich auf daͤm lande keinen ſtaͤrn/ zu waſſer aber das baͤſte

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Zitationshilfe: Ritterhold von Blauen [i. e. Zesen, Philipp von]: Adriatische Rosemund. Amsterdam, 1645, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_rosemund_1645/225>, abgerufen am 19.04.2024.