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Ritterhold von Blauen [i. e. Zesen, Philipp von]: Adriatische Rosemund. Amsterdam, 1645.

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vihrtes Buhch.
lich/ di andern zwe nuhr an den hohen feier-tagen/
eröfnet wärden/ und di lätste bleibet allezeit ge-
schlossen. Oben auf däm haubt-gerüste diser tuhre/
stähen vihr pfährde/ der gestalt und gröhsse nahch
den türkischen gleich/ mit einem siges-wagen/ von
korintischem ärze gegossen; welche ehrstlich von
Rohm nahch Konstantinopel geführet; härnahch
aber/ als di unsrigen izt-ermäldete stat einsmahls
eroberten/ widerüm von dannen nahch Venedig
gebracht/ und über das tühr-gerüste dises baues
sein gesäzzet worden. üm dises ganze gebäue ringst
härum sihet man nichts als schnits- und dräh-wärk/
als kränze von marmel/ als bluhm-laub- und bild-
wärk; welches alles von golde/ sonderlich bei auf-
fallenden sonnen strahlen/ so träflich schimmert/
daß man fohr grohssem glanze fast gahr verbländet
würd. Jah inwändig in däm gebäue selbst sihet
man nichts als alles von gold/ türkissen/ alb aster/
onich- und andern köstlichen steinen blinkern und
flinkern: Es ist über-al so fol bilder-wärk und prunk-
säulen von ärz und marmel-stein/ daß man im ehr-
sten anblikke fast ganz erstarret; und ob-wohl diser
Bau so gahr köstlich und prächtig ist/ daß er nuhr
seines inneren zihr-rahtes wägen unter di wunder-
wärke der wält könte gerächnet wärden/ so ist er doch
innerhalb 20 jahren angefangen und foländet worden.

Wan man in disen Gottes-bau hin-ein-kömt/
so erblikt man straks das bildnus des heiligen
Marksens/ welcher den einen arm sünken lässet/
und den andern erhöbet. von dannen gähet man
durch etliche träppen von ädlen steinen hin-auf/
nahch dem hohen Gottes-tische/ dahr-auf man mit
grohsser verwunderung einer köstlichen tafel ge-
wahr würd/ welche von Konstantinopel nahch
Venedig ist gebracht worden. Dise tafel ist von
lauterem gold' und silber/ mit aller-hand ein-
gegrabenen bildern/ und so vihlen unerschäzlichen

ädlen

vihrtes Buhch.
lich/ di andern zwe nuhr an den hohen feier-tagen/
eroͤfnet waͤrden/ und di laͤtſte bleibet allezeit ge-
ſchloſſen. Oben auf daͤm haubt-geruͤſte diſer tůhre/
ſtaͤhen vihr pfaͤhrde/ der geſtalt und groͤhſſe nahch
den tuͤrkiſchen gleich/ mit einem ſiges-wagen/ von
korintiſchem aͤrze gegoſſen; welche ehrſtlich von
Rohm nahch Konſtantinopel gefuͤhret; haͤrnahch
aber/ als di unſrigen izt-ermaͤldete ſtat einsmahls
eroberten/ wideruͤm von dannen nahch Venedig
gebracht/ und uͤber das tuͤhr-geruͤſte diſes baues
ſein geſaͤzzet worden. uͤm diſes ganze gebaͤue ringſt
haͤrům ſihet man nichts als ſchnits- und draͤh-waͤrk/
als kraͤnze von marmel/ als bluhm-laub- und bild-
waͤrk; welches alles von golde/ ſonderlich bei auf-
fallenden ſonnen ſtrahlen/ ſo traͤflich ſchimmert/
daß man fohr grohſſem glanze faſt gahr verblaͤndet
wuͤrd. Jah inwaͤndig in daͤm gebaͤue ſelbſt ſihet
man nichts als alles von gold/ türkiſſen/ alb aſter/
onich- und andern koͤſtlichen ſteinen blinkern und
flinkern: Es iſt uͤber-al ſo fol bilder-waͤrk uñ prunk-
ſaͤulen von aͤrz und marmel-ſtein/ daß man im ehr-
ſten anblikke faſt ganz erſtarret; und ob-wohl diſer
Bau ſo gahr koͤſtlich und praͤchtig iſt/ daß er nuhr
ſeines inneren zihr-rahtes waͤgen unter di wunder-
waͤrke der waͤlt koͤnte geraͤchnet waͤrdẽ/ ſo iſt er doch
iñerhalb 20 jahren angefangen uñ folaͤndet wordẽ.

Wan man in diſen Gottes-bau hin-ein-koͤmt/
ſo erblikt man ſtraks das bildnůs des heiligen
Markſens/ welcher den einen arm ſuͤnken laͤſſet/
und den andern erhoͤbet. von dannen gaͤhet man
durch etliche traͤppen von aͤdlen ſteinen hin-auf/
nahch dem hohen Gottes-tiſche/ dahr-auf man mit
grohſſer verwunderung einer koͤſtlichen tafel ge-
wahr wuͤrd/ welche von Konſtantinopel nahch
Venedig iſt gebracht worden. Diſe tafel iſt von
lauterem gold’ und ſilber/ mit aller-hand ein-
gegrabenen bildern/ und ſo vihlen unerſchaͤzlichen

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[211/0227] vihrtes Buhch. lich/ di andern zwe nuhr an den hohen feier-tagen/ eroͤfnet waͤrden/ und di laͤtſte bleibet allezeit ge- ſchloſſen. Oben auf daͤm haubt-geruͤſte diſer tůhre/ ſtaͤhen vihr pfaͤhrde/ der geſtalt und groͤhſſe nahch den tuͤrkiſchen gleich/ mit einem ſiges-wagen/ von korintiſchem aͤrze gegoſſen; welche ehrſtlich von Rohm nahch Konſtantinopel gefuͤhret; haͤrnahch aber/ als di unſrigen izt-ermaͤldete ſtat einsmahls eroberten/ wideruͤm von dannen nahch Venedig gebracht/ und uͤber das tuͤhr-geruͤſte diſes baues ſein geſaͤzzet worden. uͤm diſes ganze gebaͤue ringſt haͤrům ſihet man nichts als ſchnits- und draͤh-waͤrk/ als kraͤnze von marmel/ als bluhm-laub- und bild- waͤrk; welches alles von golde/ ſonderlich bei auf- fallenden ſonnen ſtrahlen/ ſo traͤflich ſchimmert/ daß man fohr grohſſem glanze faſt gahr verblaͤndet wuͤrd. Jah inwaͤndig in daͤm gebaͤue ſelbſt ſihet man nichts als alles von gold/ türkiſſen/ alb aſter/ onich- und andern koͤſtlichen ſteinen blinkern und flinkern: Es iſt uͤber-al ſo fol bilder-waͤrk uñ prunk- ſaͤulen von aͤrz und marmel-ſtein/ daß man im ehr- ſten anblikke faſt ganz erſtarret; und ob-wohl diſer Bau ſo gahr koͤſtlich und praͤchtig iſt/ daß er nuhr ſeines inneren zihr-rahtes waͤgen unter di wunder- waͤrke der waͤlt koͤnte geraͤchnet waͤrdẽ/ ſo iſt er doch iñerhalb 20 jahren angefangen uñ folaͤndet wordẽ. Wan man in diſen Gottes-bau hin-ein-koͤmt/ ſo erblikt man ſtraks das bildnůs des heiligen Markſens/ welcher den einen arm ſuͤnken laͤſſet/ und den andern erhoͤbet. von dannen gaͤhet man durch etliche traͤppen von aͤdlen ſteinen hin-auf/ nahch dem hohen Gottes-tiſche/ dahr-auf man mit grohſſer verwunderung einer koͤſtlichen tafel ge- wahr wuͤrd/ welche von Konſtantinopel nahch Venedig iſt gebracht worden. Diſe tafel iſt von lauterem gold’ und ſilber/ mit aller-hand ein- gegrabenen bildern/ und ſo vihlen unerſchaͤzlichen aͤdlen

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Zitationshilfe: Ritterhold von Blauen [i. e. Zesen, Philipp von]: Adriatische Rosemund. Amsterdam, 1645, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_rosemund_1645/227>, abgerufen am 29.03.2024.