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Ritterhold von Blauen [i. e. Zesen, Philipp von]: Adriatische Rosemund. Amsterdam, 1645.

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Ehren-gedichte.
dise heldin hat solche lihbliche und führträfliche ge-
bährden an sich (welches äben di rächte schöhnheit
däs gemühtes ist) daß man si mehr aus götlichem
als mänschlichem sahmen entsprossen zu sein/ uhr-
teilen mus. Jhre gestalt/ sagt er färner/ welche des
leibes schöhnheit ist/ pfläget so fuhrträflich zu sein/
daß auch der beruhmte Zeuxes/ als er der einigen
Helene bildnüs entwärfen solte/ ihre schöhnheit un-
ter so vihlen und den aller-schönesten Krotonischen
jungfrauen so lange nicht hätte zusammen suchen
dürfen/ wan er nuhr diser schönen Fürstin führ-
träfligkeit sähen sollen: dan si ist mittel-mässig von
länge/ auf-rächt und über-aus-annähmlich; ihre
glider sein so zihrlich gebildet/ daß si ihderman mit
verwunderung anschauen mus: si ist nicht zu fet/
und nicht zu dürre/ sondern so ahrtig geschaffen/
daß si in allen das mittel behält: si ist nicht blas/
sondern einer rächten lähbhaften röhtlich-we[i]ssen
farbe: si hat ein langes und gold-gemängtes hahr;
rundt' und kurze ohren; schwarz-braune halb-ge-
krümte aug-brähmen/ welche kurz und nicht zu dük-
ke von hahren sein: si hat himmel-blau-blizlende
augen/ welche häller sein als alle stärne/ und mit
thren lihblichen und fräudigen blikken di ganze
wält entzukken; di augen-lider sein schwärzlich/
nicht zu breit auch nicht zu kurz; di nase/ welche sich
rächt zwüschen den aug-brähmen anfänget/ ist so
ahrtlich gebildet/ daß man ihres gleichen kaum fün-
den würd. der kleine wal/ welcher zwüschen der nas'
und dem munde stähet/ ist gleichsam auf eine götli-
che weise gestaltet; der mund selbst ist etwas läng-
lich-rund/ und zühet di an sturmenden küsse mit ei-
nem uber-aus-lihblichen lächlen vihl begihriger an
sich/ als der libes-stein oder magneht das eisen; sei-
ne härtliche lippen sein so schöhn als torallen/ und
so sühsse als honig und honigsäum: di zähne sein
sehr klein und zahrt/ so glat als elfenbein/ und stä-

hen

Ehren-gedichte.
diſe heldin hat ſolche lihbliche und fuͤhrtraͤfliche ge-
baͤhrden an ſich (welches aͤben di raͤchte ſchoͤhnheit
daͤs gemuͤhtes iſt) daß man ſi mehr aus goͤtlichem
als maͤnſchlichem ſahmen entſproſſen zu ſein/ uhr-
teilen mus. Jhre geſtalt/ ſagt er faͤrner/ welche des
leibes ſchoͤhnheit iſt/ pflaͤget ſo fůhrtraͤflich zu ſein/
daß auch der berůhmte Zeuxes/ als er der einigen
Helene bildnüs entwaͤrfen ſolte/ ihre ſchoͤhnheit un-
ter ſo vihlen und den aller-ſchoͤneſten Krotoniſchen
jungfrauen ſo lange nicht haͤtte zuſammen ſuchen
duͤrfen/ wan er nuhr diſer ſchoͤnen Fuͤrſtin fuͤhr-
traͤfligkeit ſaͤhen ſollen: dan ſi iſt mittel-maͤſſig von
laͤnge/ auf-raͤcht und uͤber-aus-annaͤhmlich; ihre
glider ſein ſo zihrlich gebildet/ daß ſi ihderman mit
verwunderung anſchauen mus: ſi iſt nicht zu fet/
und nicht zu dürre/ ſondern ſo ahrtig geſchaffen/
daß ſi in allen das mittel behaͤlt: ſi iſt nicht blas/
ſondern einer raͤchten laͤhbhaften roͤhtlich-we[i]ſſen
farbe: ſi hat ein langes und gold-gemaͤngtes hahr;
rundt’ und kurze ohren; ſchwarz-braune halb-ge-
kruͤmte aug-braͤhmen/ welche kurz und nicht zu duͤk-
ke von hahren ſein: ſi hat himmel-blau-blizlende
augen/ welche haͤller ſein als alle ſtaͤrne/ und mit
thren lihblichen und fraͤudigen blikken di ganze
waͤlt entzůkken; di augen-lider ſein ſchwaͤrzlich/
nicht zu breit auch nicht zu kurz; di naſe/ welche ſich
raͤcht zwuͤſchen den aug-braͤhmen anfaͤnget/ iſt ſo
ahrtlich gebildet/ daß man ihres gleichen kaum fuͤn-
den wuͤrd. der kleine wal/ welcher zwuͤſchen der naſ’
und dem munde ſtaͤhet/ iſt gleichſam auf eine goͤtli-
che weiſe geſtaltet; der mund ſelbſt iſt etwas laͤng-
lich-rund/ und zuͤhet di an ſtůrmenden kuͤſſe mit ei-
nem ůber-aus-lihblichen laͤchlen vihl begihriger an
ſich/ als der libes-ſtein oder magneht das eiſen; ſei-
ne haͤrtliche lippen ſein ſo ſchoͤhn als torallen/ und
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ſehr klein und zahrt/ ſo glat als elfenbein/ und ſtaͤ-

hen
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[359/0375] Ehren-gedichte. diſe heldin hat ſolche lihbliche und fuͤhrtraͤfliche ge- baͤhrden an ſich (welches aͤben di raͤchte ſchoͤhnheit daͤs gemuͤhtes iſt) daß man ſi mehr aus goͤtlichem als maͤnſchlichem ſahmen entſproſſen zu ſein/ uhr- teilen mus. Jhre geſtalt/ ſagt er faͤrner/ welche des leibes ſchoͤhnheit iſt/ pflaͤget ſo fůhrtraͤflich zu ſein/ daß auch der berůhmte Zeuxes/ als er der einigen Helene bildnüs entwaͤrfen ſolte/ ihre ſchoͤhnheit un- ter ſo vihlen und den aller-ſchoͤneſten Krotoniſchen jungfrauen ſo lange nicht haͤtte zuſammen ſuchen duͤrfen/ wan er nuhr diſer ſchoͤnen Fuͤrſtin fuͤhr- traͤfligkeit ſaͤhen ſollen: dan ſi iſt mittel-maͤſſig von laͤnge/ auf-raͤcht und uͤber-aus-annaͤhmlich; ihre glider ſein ſo zihrlich gebildet/ daß ſi ihderman mit verwunderung anſchauen mus: ſi iſt nicht zu fet/ und nicht zu dürre/ ſondern ſo ahrtig geſchaffen/ daß ſi in allen das mittel behaͤlt: ſi iſt nicht blas/ ſondern einer raͤchten laͤhbhaften roͤhtlich-weiſſen farbe: ſi hat ein langes und gold-gemaͤngtes hahr; rundt’ und kurze ohren; ſchwarz-braune halb-ge- kruͤmte aug-braͤhmen/ welche kurz und nicht zu duͤk- ke von hahren ſein: ſi hat himmel-blau-blizlende augen/ welche haͤller ſein als alle ſtaͤrne/ und mit thren lihblichen und fraͤudigen blikken di ganze waͤlt entzůkken; di augen-lider ſein ſchwaͤrzlich/ nicht zu breit auch nicht zu kurz; di naſe/ welche ſich raͤcht zwuͤſchen den aug-braͤhmen anfaͤnget/ iſt ſo ahrtlich gebildet/ daß man ihres gleichen kaum fuͤn- den wuͤrd. der kleine wal/ welcher zwuͤſchen der naſ’ und dem munde ſtaͤhet/ iſt gleichſam auf eine goͤtli- che weiſe geſtaltet; der mund ſelbſt iſt etwas laͤng- lich-rund/ und zuͤhet di an ſtůrmenden kuͤſſe mit ei- nem ůber-aus-lihblichen laͤchlen vihl begihriger an ſich/ als der libes-ſtein oder magneht das eiſen; ſei- ne haͤrtliche lippen ſein ſo ſchoͤhn als torallen/ und ſo ſuͤhſſe als honig und honigſaͤum: di zaͤhne ſein ſehr klein und zahrt/ ſo glat als elfenbein/ und ſtaͤ- hen

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Zitationshilfe: Ritterhold von Blauen [i. e. Zesen, Philipp von]: Adriatische Rosemund. Amsterdam, 1645, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_rosemund_1645/375>, abgerufen am 25.04.2024.