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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.

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Hilf GOTT! was stellt sich mir,
Jndem ich dieses denk, für eine Grösse für!
Kein Menschlicher Verstand kann hier ein Ziel ereilen.
O unermesslicher, o ungeheurer Raum,
Wer wird doch deine Gröss' und Tiefe fassen können!
Jndem die ganze Welt, Luft, Meer und Erde, kaum
Bey deinem Mittel-Punct ein Mittel-Punct zu nennen.
Nun ist es ausgemacht,
Daß diese hole Tief' (o Wunder!) Tag und Nacht
Beständig angefüllt mit Licht und Sonnenschein,
Wie die Planeten dieß mit ihren dunklen Kreisen,
Die bloß durch sie bestral't,
Uns augenscheinlich weisen.

Es fasse doch ein Mensch einst, seinem GOtt zur Ehr,
Das leider mehrenteils verstreute Heer
Von seinen flüchtigen Gedanken,
So viel ihm möglich ist, in ordentliche Schranken,
Und denke nur ein einzigs mal,
Wie so gewaltig lang muß doch der Sonnen-Stral,
Wie unermesslich groß des Lichtes Cörper seyn,
Der mit verbundenem und ungeteiltem Schein
Die allertiefsten tiefsten Tiefen
Von diesem Raum beständig füllt!
Der sich vor unserm Blick nur dadurch bloß verhüllt,
Weil in des tiefen Raumes Gründen
Kein Gegenstand zu finden,
Wovon er könne rückwärts prallen,
Und so in unser Auge fallen!
Dieß aber hindert nicht, daß in den holen Höh'n
Und in der Tiefe sonder Grenzen,
Ob wir es gleich nicht sehn,
Die Stralen doch nicht unaufhörlich glänzen.
Jndem ich dieses überlege,
Und von so grossem Licht die Gröss' erwege;

So

Hilf GOTT! was ſtellt ſich mir,
Jndem ich dieſes denk, fuͤr eine Groͤſſe fuͤr!
Kein Menſchlicher Verſtand kann hier ein Ziel ereilen.
O unermeſſlicher, o ungeheurer Raum,
Wer wird doch deine Groͤſſ’ und Tiefe faſſen koͤnnen!
Jndem die ganze Welt, Luft, Meer und Erde, kaum
Bey deinem Mittel-Punct ein Mittel-Punct zu nennen.
Nun iſt es ausgemacht,
Daß dieſe hole Tief’ (o Wunder!) Tag und Nacht
Beſtaͤndig angefuͤllt mit Licht und Sonnenſchein,
Wie die Planeten dieß mit ihren dunklen Kreiſen,
Die bloß durch ſie beſtral’t,
Uns augenſcheinlich weiſen.

Es faſſe doch ein Menſch einſt, ſeinem GOtt zur Ehr,
Das leider mehrenteils verſtreute Heer
Von ſeinen fluͤchtigen Gedanken,
So viel ihm moͤglich iſt, in ordentliche Schranken,
Und denke nur ein einzigs mal,
Wie ſo gewaltig lang muß doch der Sonnen-Stral,
Wie unermeſſlich groß des Lichtes Coͤrper ſeyn,
Der mit verbundenem und ungeteiltem Schein
Die allertiefſten tiefſten Tiefen
Von dieſem Raum beſtaͤndig fuͤllt!
Der ſich vor unſerm Blick nur dadurch bloß verhuͤllt,
Weil in des tiefen Raumes Gruͤnden
Kein Gegenſtand zu finden,
Wovon er koͤnne ruͤckwaͤrts prallen,
Und ſo in unſer Auge fallen!
Dieß aber hindert nicht, daß in den holen Hoͤh’n
Und in der Tiefe ſonder Grenzen,
Ob wir es gleich nicht ſehn,
Die Stralen doch nicht unaufhoͤrlich glaͤnzen.
Jndem ich dieſes uͤberlege,
Und von ſo groſſem Licht die Groͤſſ’ erwege;

So
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[8/0044] Hilf GOTT! was ſtellt ſich mir, Jndem ich dieſes denk, fuͤr eine Groͤſſe fuͤr! Kein Menſchlicher Verſtand kann hier ein Ziel ereilen. O unermeſſlicher, o ungeheurer Raum, Wer wird doch deine Groͤſſ’ und Tiefe faſſen koͤnnen! Jndem die ganze Welt, Luft, Meer und Erde, kaum Bey deinem Mittel-Punct ein Mittel-Punct zu nennen. Nun iſt es ausgemacht, Daß dieſe hole Tief’ (o Wunder!) Tag und Nacht Beſtaͤndig angefuͤllt mit Licht und Sonnenſchein, Wie die Planeten dieß mit ihren dunklen Kreiſen, Die bloß durch ſie beſtral’t, Uns augenſcheinlich weiſen. Es faſſe doch ein Menſch einſt, ſeinem GOtt zur Ehr, Das leider mehrenteils verſtreute Heer Von ſeinen fluͤchtigen Gedanken, So viel ihm moͤglich iſt, in ordentliche Schranken, Und denke nur ein einzigs mal, Wie ſo gewaltig lang muß doch der Sonnen-Stral, Wie unermeſſlich groß des Lichtes Coͤrper ſeyn, Der mit verbundenem und ungeteiltem Schein Die allertiefſten tiefſten Tiefen Von dieſem Raum beſtaͤndig fuͤllt! Der ſich vor unſerm Blick nur dadurch bloß verhuͤllt, Weil in des tiefen Raumes Gruͤnden Kein Gegenſtand zu finden, Wovon er koͤnne ruͤckwaͤrts prallen, Und ſo in unſer Auge fallen! Dieß aber hindert nicht, daß in den holen Hoͤh’n Und in der Tiefe ſonder Grenzen, Ob wir es gleich nicht ſehn, Die Stralen doch nicht unaufhoͤrlich glaͤnzen. Jndem ich dieſes uͤberlege, Und von ſo groſſem Licht die Groͤſſ’ erwege; So

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/44>, abgerufen am 29.03.2024.