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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.

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über das Reich der Metalle.
Wer kann sonder Eisen bauen?
Eisen reißet alles ein;
Ganze Wälder auszuhauen
Braucht man Eisen, Fels und Stein
Zwingts, es machet tausend Leichen,
Nützt und schadet ganzen Reichen,
Die es theils bekriegt, theils schützt,
Theils verheeret, theils sie stützt.
Aber alle Grausamkeiten,
Blutvergießen, Tyranney,
Dieser und vergangner Zeiten
Marter, Mord, und Barbarey,
Dörfer, Städt' und Land verheeren,
Und das Unterst oben kehren,
Jst ja nicht des Stahls Natur;
Unsre Bosheit macht es nur.
Ach! warum wird dieser Segen
So erbärmlich misgebraucht,
Und, anstatt das Feld zu egen,
Nur in Menschenblut getaucht!
Ach, daß wir durch Stahl zerrisse[n]
Und zerfleischet werden müssen!
Diese Kunst und ihre Macht
Hat ein Höllengeist erdacht.
Sonder Eisen wird auf Erden
Wenig auszurichten seyn.
Alles würde wüste werden,
Alle Künste giengen ein.
Dornen, Diesteln, wilde Hecken
Würden alle Welt bedecken,
Und man würde nirgends mähn,
Egen, oder pflügen sehn.
Folg-
B 3
uͤber das Reich der Metalle.
Wer kann ſonder Eiſen bauen?
Eiſen reißet alles ein;
Ganze Waͤlder auszuhauen
Braucht man Eiſen, Fels und Stein
Zwingts, es machet tauſend Leichen,
Nuͤtzt und ſchadet ganzen Reichen,
Die es theils bekriegt, theils ſchuͤtzt,
Theils verheeret, theils ſie ſtuͤtzt.
Aber alle Grauſamkeiten,
Blutvergießen, Tyranney,
Dieſer und vergangner Zeiten
Marter, Mord, und Barbarey,
Doͤrfer, Staͤdt’ und Land verheeren,
Und das Unterſt oben kehren,
Jſt ja nicht des Stahls Natur;
Unſre Bosheit macht es nur.
Ach! warum wird dieſer Segen
So erbaͤrmlich misgebraucht,
Und, anſtatt das Feld zu egen,
Nur in Menſchenblut getaucht!
Ach, daß wir durch Stahl zerriſſe[n]
Und zerfleiſchet werden muͤſſen!
Dieſe Kunſt und ihre Macht
Hat ein Hoͤllengeiſt erdacht.
Sonder Eiſen wird auf Erden
Wenig auszurichten ſeyn.
Alles wuͤrde wuͤſte werden,
Alle Kuͤnſte giengen ein.
Dornen, Dieſteln, wilde Hecken
Wuͤrden alle Welt bedecken,
Und man wuͤrde nirgends maͤhn,
Egen, oder pfluͤgen ſehn.
Folg-
B 3
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[21/0041] uͤber das Reich der Metalle. Wer kann ſonder Eiſen bauen? Eiſen reißet alles ein; Ganze Waͤlder auszuhauen Braucht man Eiſen, Fels und Stein Zwingts, es machet tauſend Leichen, Nuͤtzt und ſchadet ganzen Reichen, Die es theils bekriegt, theils ſchuͤtzt, Theils verheeret, theils ſie ſtuͤtzt. Aber alle Grauſamkeiten, Blutvergießen, Tyranney, Dieſer und vergangner Zeiten Marter, Mord, und Barbarey, Doͤrfer, Staͤdt’ und Land verheeren, Und das Unterſt oben kehren, Jſt ja nicht des Stahls Natur; Unſre Bosheit macht es nur. Ach! warum wird dieſer Segen So erbaͤrmlich misgebraucht, Und, anſtatt das Feld zu egen, Nur in Menſchenblut getaucht! Ach, daß wir durch Stahl zerriſſen Und zerfleiſchet werden muͤſſen! Dieſe Kunſt und ihre Macht Hat ein Hoͤllengeiſt erdacht. Sonder Eiſen wird auf Erden Wenig auszurichten ſeyn. Alles wuͤrde wuͤſte werden, Alle Kuͤnſte giengen ein. Dornen, Dieſteln, wilde Hecken Wuͤrden alle Welt bedecken, Und man wuͤrde nirgends maͤhn, Egen, oder pfluͤgen ſehn. Folg- B 3

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/41>, abgerufen am 29.03.2024.