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Burckhardt, Walther: Die Organisation der Rechtsgemeinschaft. Basel, 1927.

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Subjektives Recht und Rechtssubjekt im öffentlichen Recht.
bei den Vermögensrechten, die wir fiskalisch nennen1, d. h. bei den
Vermögensrechten, die nicht Selbstzweck der staatlichen Ein-
richtung sind und durch das Recht gefordert werden, sondern
Mittel zum Zweck, die also nicht unter dem Gebot des Rechtes
stehen, sondern nur unter dem der Zweckmäßigkeit, nämlich im
Verhältnis zu Dritten; und das ist, worum es sich hier handelt2.
Daß die betreffende Behörde der vorgesetzten Stelle nicht privatim
verantwortlich ist, nämlich für die zweckmäßige Verwendung
dieser Mittel, ändert an der Stellung des Staates gegenüber Dritten
nichts; gegenüber diesen erscheint der Staat als Subjekt von Ver-
mögensrechten, gegenüber der vorgesetzten Behörde ist die unter-
gegebene ein (oder mehrere) für die Erfüllung seiner Dienstpflicht
verantwortlicher Beamter. In diesem Sinne ist allerdings jede
Handlung von staatlichen Behörden gebunden, aber nicht nach
außen. Wenn der Staat Steuern einfordert, ein Monopol behauptet
oder öffentliches Eigentum schützt, vollzieht er das Recht und
handelt er als Werkzeug der Rechtsordnung; wenn er das einge-
nommene Geld anlegt, seine Domänen verwaltet oder eine staat-
liche Manufaktur betreibt, übt er subjektive Rechte aus, als Mittel
seiner anderweitigen Zwecke. Deshalb ist es auch richtig, wenn die
französische Doktrin der Persönlichkeit der öffentlich-rechtlichen
Verbände gerade auf dem Gebiete des Vermögens- (Fiskal-) Rechtes
Bedeutung zuerkennt3, und hat auch die Unterscheidung des
Staates vom Fiskus ihren guten Sinn. Die Persönlichkeit ist überall
ein Zweck, auf den die ihr zur Verfügung gestellten subjektiven
Rechte als die Mittel bezogen werden; wenn der Staat aber das
objektive Recht verwirklicht, ist er selbst Mittel im Dienste dieses
Rechts und hat keine Persönlichkeit. Im Rechtsleben steht eine
Person andern Personen gegenüber4, wenn aber der Staat im
Dienste der objektiven Rechtsordnung wirkt und sie vertritt,

1 Vgl. A. Affolter, Grundzüge des allgemeinen Staatsrechts (1892)
6, 93.
2 Im Verhältnis der Staatsorgane untereinander herrscht immer das
öffentliche Recht. Vgl. Hänel, Deutsches Staatsrecht 161.
3 Vgl. O. Mayer, Theorie des franz. Verwaltungsrechts (1886) 433.
4 Petrone, Il diritto nel mondo dello spirito (Milano 1920) 143: "Il
concetto della subbiettivita giuridica e un concetto di correlazione, di
bilateralita e di reciprocanza. Lo Stato non puo affermarsi come soggetto
di diritto, se non pona un altro soggetto di diritto all'infuori di se ..."

Subjektives Recht und Rechtssubjekt im öffentlichen Recht.
bei den Vermögensrechten, die wir fiskalisch nennen1, d. h. bei den
Vermögensrechten, die nicht Selbstzweck der staatlichen Ein-
richtung sind und durch das Recht gefordert werden, sondern
Mittel zum Zweck, die also nicht unter dem Gebot des Rechtes
stehen, sondern nur unter dem der Zweckmäßigkeit, nämlich im
Verhältnis zu Dritten; und das ist, worum es sich hier handelt2.
Daß die betreffende Behörde der vorgesetzten Stelle nicht privatim
verantwortlich ist, nämlich für die zweckmäßige Verwendung
dieser Mittel, ändert an der Stellung des Staates gegenüber Dritten
nichts; gegenüber diesen erscheint der Staat als Subjekt von Ver-
mögensrechten, gegenüber der vorgesetzten Behörde ist die unter-
gegebene ein (oder mehrere) für die Erfüllung seiner Dienstpflicht
verantwortlicher Beamter. In diesem Sinne ist allerdings jede
Handlung von staatlichen Behörden gebunden, aber nicht nach
außen. Wenn der Staat Steuern einfordert, ein Monopol behauptet
oder öffentliches Eigentum schützt, vollzieht er das Recht und
handelt er als Werkzeug der Rechtsordnung; wenn er das einge-
nommene Geld anlegt, seine Domänen verwaltet oder eine staat-
liche Manufaktur betreibt, übt er subjektive Rechte aus, als Mittel
seiner anderweitigen Zwecke. Deshalb ist es auch richtig, wenn die
französische Doktrin der Persönlichkeit der öffentlich-rechtlichen
Verbände gerade auf dem Gebiete des Vermögens- (Fiskal-) Rechtes
Bedeutung zuerkennt3, und hat auch die Unterscheidung des
Staates vom Fiskus ihren guten Sinn. Die Persönlichkeit ist überall
ein Zweck, auf den die ihr zur Verfügung gestellten subjektiven
Rechte als die Mittel bezogen werden; wenn der Staat aber das
objektive Recht verwirklicht, ist er selbst Mittel im Dienste dieses
Rechts und hat keine Persönlichkeit. Im Rechtsleben steht eine
Person andern Personen gegenüber4, wenn aber der Staat im
Dienste der objektiven Rechtsordnung wirkt und sie vertritt,

1 Vgl. A. Affolter, Grundzüge des allgemeinen Staatsrechts (1892)
6, 93.
2 Im Verhältnis der Staatsorgane untereinander herrscht immer das
öffentliche Recht. Vgl. Hänel, Deutsches Staatsrecht 161.
3 Vgl. O. Mayer, Theorie des franz. Verwaltungsrechts (1886) 433.
4 Petrone, Il diritto nel mondo dello spirito (Milano 1920) 143: „Il
concetto della subbiettività giuridica è un concetto di correlazione, di
bilateralità e di reciprocanza. Lo Stato non può affermarsi come soggetto
di diritto, se non pona un altro soggetto di diritto all'infuori di sè ...“
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[83/0098] Subjektives Recht und Rechtssubjekt im öffentlichen Recht. bei den Vermögensrechten, die wir fiskalisch nennen 1, d. h. bei den Vermögensrechten, die nicht Selbstzweck der staatlichen Ein- richtung sind und durch das Recht gefordert werden, sondern Mittel zum Zweck, die also nicht unter dem Gebot des Rechtes stehen, sondern nur unter dem der Zweckmäßigkeit, nämlich im Verhältnis zu Dritten; und das ist, worum es sich hier handelt 2. Daß die betreffende Behörde der vorgesetzten Stelle nicht privatim verantwortlich ist, nämlich für die zweckmäßige Verwendung dieser Mittel, ändert an der Stellung des Staates gegenüber Dritten nichts; gegenüber diesen erscheint der Staat als Subjekt von Ver- mögensrechten, gegenüber der vorgesetzten Behörde ist die unter- gegebene ein (oder mehrere) für die Erfüllung seiner Dienstpflicht verantwortlicher Beamter. In diesem Sinne ist allerdings jede Handlung von staatlichen Behörden gebunden, aber nicht nach außen. Wenn der Staat Steuern einfordert, ein Monopol behauptet oder öffentliches Eigentum schützt, vollzieht er das Recht und handelt er als Werkzeug der Rechtsordnung; wenn er das einge- nommene Geld anlegt, seine Domänen verwaltet oder eine staat- liche Manufaktur betreibt, übt er subjektive Rechte aus, als Mittel seiner anderweitigen Zwecke. Deshalb ist es auch richtig, wenn die französische Doktrin der Persönlichkeit der öffentlich-rechtlichen Verbände gerade auf dem Gebiete des Vermögens- (Fiskal-) Rechtes Bedeutung zuerkennt 3, und hat auch die Unterscheidung des Staates vom Fiskus ihren guten Sinn. Die Persönlichkeit ist überall ein Zweck, auf den die ihr zur Verfügung gestellten subjektiven Rechte als die Mittel bezogen werden; wenn der Staat aber das objektive Recht verwirklicht, ist er selbst Mittel im Dienste dieses Rechts und hat keine Persönlichkeit. Im Rechtsleben steht eine Person andern Personen gegenüber 4, wenn aber der Staat im Dienste der objektiven Rechtsordnung wirkt und sie vertritt, 1 Vgl. A. Affolter, Grundzüge des allgemeinen Staatsrechts (1892) 6, 93. 2 Im Verhältnis der Staatsorgane untereinander herrscht immer das öffentliche Recht. Vgl. Hänel, Deutsches Staatsrecht 161. 3 Vgl. O. Mayer, Theorie des franz. Verwaltungsrechts (1886) 433. 4 Petrone, Il diritto nel mondo dello spirito (Milano 1920) 143: „Il concetto della subbiettività giuridica è un concetto di correlazione, di bilateralità e di reciprocanza. Lo Stato non può affermarsi come soggetto di diritto, se non pona un altro soggetto di diritto all'infuori di sè ...“

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Zitationshilfe: Burckhardt, Walther: Die Organisation der Rechtsgemeinschaft. Basel, 1927, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_rechtsgemeinschaft_1927/98>, abgerufen am 19.04.2024.