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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.

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gedrängt voll; da er im Gespräch stotterte, sprach er auf3. Abschnitt.
dem Catheder behutsam, aber doch schön und gleichmäßig.
Auch seine wenigen Schriften sind sorgfältig abgefaßt.
Alte Texte behandelte Keiner so sorgfältig und schüchtern,
wie er denn auch vor andern Resten des Alterthums seinen
wahren Respect bewies, indem er wie verzückt da stand
oder in Thränen ausbrach. Da er die eigenen Studien
liegen ließ, wenn er Andern behülflich sein konnte, so hing
man ihm sehr an, und als er starb, sandte sogar Alexan-
der VI. seine Höflinge, die Leiche zu begleiten, welche von
den vornehmsten Zuhörern getragen wurde; den Exequien
in Araceli wohnten vierzig Bischöfe und alle fremden Ge-
sandten bei.

Laetus hatte die Aufführungen antiker, hauptsächlichPlautus und
die römische
Academie.

plautinischer Stücke in Rom aufgebracht und geleitet (S. 250).
Auch feierte er den Gründungstag der Stadt alljährlich
mit einem Feste, wobei seine Freunde und Schüler Reden
und Gedichte vortrugen. Bei diesen beiden Hauptanlässen
bildete sich und blieb dann auch später beisammen was man
die römische Academie nannte. Dieselbe war durchaus nur
ein freier Verein und an kein festes Institut geknüpft;
außer jenen Gelegenheiten kam sie zusammen 1), wenn ein
Gönner sie einlud oder wenn das Gedächtniß eines verstor-
benen Mitgliedes, z. B. des Platina gefeiert wurde. Vor-
mittags pflegte dann ein Prälat, der dazu gehörte, eine
Messe zu lesen; darauf betrat etwa Pomponio die Kanzel
und hielt die betreffende Rede; nach ihm stieg ein Anderer
hinauf und recitirte Distichen. Der obligate Schmaus mit
Disputationen und Recitationen beschloß Trauer- wie Freu-
denfeste und die Academiker, z. B. gerade Platina selber, galten
schon früh als Feinschmecker 2). Andere Male führten ein-

1) Jac. Volaterran. Diar. Rom. bei Murat. XXIII. Col. 161. 171.
185. -- Anecdota liter. II, p, 168, s.
2) Paul. Jov. de romanis piscibus, cap. 17 und 34.

gedrängt voll; da er im Geſpräch ſtotterte, ſprach er auf3. Abſchnitt.
dem Catheder behutſam, aber doch ſchön und gleichmäßig.
Auch ſeine wenigen Schriften ſind ſorgfältig abgefaßt.
Alte Texte behandelte Keiner ſo ſorgfältig und ſchüchtern,
wie er denn auch vor andern Reſten des Alterthums ſeinen
wahren Reſpect bewies, indem er wie verzückt da ſtand
oder in Thränen ausbrach. Da er die eigenen Studien
liegen ließ, wenn er Andern behülflich ſein konnte, ſo hing
man ihm ſehr an, und als er ſtarb, ſandte ſogar Alexan-
der VI. ſeine Höflinge, die Leiche zu begleiten, welche von
den vornehmſten Zuhörern getragen wurde; den Exequien
in Araceli wohnten vierzig Biſchöfe und alle fremden Ge-
ſandten bei.

Laetus hatte die Aufführungen antiker, hauptſächlichPlautus und
die römiſche
Academie.

plautiniſcher Stücke in Rom aufgebracht und geleitet (S. 250).
Auch feierte er den Gründungstag der Stadt alljährlich
mit einem Feſte, wobei ſeine Freunde und Schüler Reden
und Gedichte vortrugen. Bei dieſen beiden Hauptanläſſen
bildete ſich und blieb dann auch ſpäter beiſammen was man
die römiſche Academie nannte. Dieſelbe war durchaus nur
ein freier Verein und an kein feſtes Inſtitut geknüpft;
außer jenen Gelegenheiten kam ſie zuſammen 1), wenn ein
Gönner ſie einlud oder wenn das Gedächtniß eines verſtor-
benen Mitgliedes, z. B. des Platina gefeiert wurde. Vor-
mittags pflegte dann ein Prälat, der dazu gehörte, eine
Meſſe zu leſen; darauf betrat etwa Pomponio die Kanzel
und hielt die betreffende Rede; nach ihm ſtieg ein Anderer
hinauf und recitirte Diſtichen. Der obligate Schmaus mit
Disputationen und Recitationen beſchloß Trauer- wie Freu-
denfeſte und die Academiker, z. B. gerade Platina ſelber, galten
ſchon früh als Feinſchmecker 2). Andere Male führten ein-

1) Jac. Volaterran. Diar. Rom. bei Murat. XXIII. Col. 161. 171.
185. — Anecdota liter. II, p, 168, s.
2) Paul. Jov. de romanis piscibus, cap. 17 und 34.
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[277/0287] gedrängt voll; da er im Geſpräch ſtotterte, ſprach er auf dem Catheder behutſam, aber doch ſchön und gleichmäßig. Auch ſeine wenigen Schriften ſind ſorgfältig abgefaßt. Alte Texte behandelte Keiner ſo ſorgfältig und ſchüchtern, wie er denn auch vor andern Reſten des Alterthums ſeinen wahren Reſpect bewies, indem er wie verzückt da ſtand oder in Thränen ausbrach. Da er die eigenen Studien liegen ließ, wenn er Andern behülflich ſein konnte, ſo hing man ihm ſehr an, und als er ſtarb, ſandte ſogar Alexan- der VI. ſeine Höflinge, die Leiche zu begleiten, welche von den vornehmſten Zuhörern getragen wurde; den Exequien in Araceli wohnten vierzig Biſchöfe und alle fremden Ge- ſandten bei. 3. Abſchnitt. Laetus hatte die Aufführungen antiker, hauptſächlich plautiniſcher Stücke in Rom aufgebracht und geleitet (S. 250). Auch feierte er den Gründungstag der Stadt alljährlich mit einem Feſte, wobei ſeine Freunde und Schüler Reden und Gedichte vortrugen. Bei dieſen beiden Hauptanläſſen bildete ſich und blieb dann auch ſpäter beiſammen was man die römiſche Academie nannte. Dieſelbe war durchaus nur ein freier Verein und an kein feſtes Inſtitut geknüpft; außer jenen Gelegenheiten kam ſie zuſammen 1), wenn ein Gönner ſie einlud oder wenn das Gedächtniß eines verſtor- benen Mitgliedes, z. B. des Platina gefeiert wurde. Vor- mittags pflegte dann ein Prälat, der dazu gehörte, eine Meſſe zu leſen; darauf betrat etwa Pomponio die Kanzel und hielt die betreffende Rede; nach ihm ſtieg ein Anderer hinauf und recitirte Diſtichen. Der obligate Schmaus mit Disputationen und Recitationen beſchloß Trauer- wie Freu- denfeſte und die Academiker, z. B. gerade Platina ſelber, galten ſchon früh als Feinſchmecker 2). Andere Male führten ein- Plautus und die römiſche Academie. 1) Jac. Volaterran. Diar. Rom. bei Murat. XXIII. Col. 161. 171. 185. — Anecdota liter. II, p, 168, s. 2) Paul. Jov. de romanis piscibus, cap. 17 und 34.

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/287>, abgerufen am 19.04.2024.