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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.

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3. Abschnitt.zelne Gäste auch Farcen im Geschmack der Atellanen auf.
Als freier Verein von sehr wandelbarem Umfang dauerte
diese Academie in ihrer ursprünglichen Art weiter bis auf
die Verwüstung Roms und erfreute sich der Gastlichkeit
eines Angelus Coloccius, eines Joh. Corycius (S. 265) u. a.
Wie hoch sie für das Geistesleben der Nation zu werthen
ist, läßt sich so wenig genau bestimmen als bei irgend einer
geselligen Verbindung dieser Art; immerhin rechnet sie selbst
ein Sadoleto 1) zu den besten Erinnerungen seiner Jugend. --
Andere Acade-
mien.
Eine ganze Anzahl anderer Academien entstanden und ver-
gingen in verschiedenen Städten, je nachdem die Zahl und
Bedeutung der ansässigen Humanisten oder die Gönnerschaft
von Reichen und Großen es möglich machte. So die Aca-
demie von Neapel, welche sich um Jovianus Pontanus
versammelte und von welcher ein Theil nach Lecce über-
siedelte 2), diejenige von Pordenone, welche den Hof des
Feldherrn Alviano bildete u. s. w. Von derjenigen des
Lodovico Moro und ihrer eigenthümlichen Bedeutung für
den Umgang des Fürsten ist bereits (S. 42) die Rede
gewesen.

Deren Italisi-
rung.
Gegen die Mitte des XVI. Jahrhunderts scheint eine
vollständige Umwandlung mit diesen Vereinen vorgegangen
zu sein. Die Humanisten, auch sonst aus der gebietenden
Stellung im Leben verdrängt und der beginnenden Gegen-
reformation Objecte des Verdachtes, verlieren die Leitung
der Academien, und die italienische Poesie tritt auch hier
an die Stelle der lateinischen. Bald hat jede irgend be-
trächtliche Stadt ihre Academie mit möglichst bizarrem Na-
men 3) und mit eigenem, durch Beiträge und Vermächtnisse

1) Sadoleti Epist. 106, vom J. 1529.
2) Anton. Galatei epist. 10 und 12, bei Mai, Spicileg. rom.
vol. VIII.
3) Dieses schon vor der Mitte des Jahrh. Vgl. Lil. Greg. Gyral-
dus, de poetis nostri temp. II.

3. Abſchnitt.zelne Gäſte auch Farcen im Geſchmack der Atellanen auf.
Als freier Verein von ſehr wandelbarem Umfang dauerte
dieſe Academie in ihrer urſprünglichen Art weiter bis auf
die Verwüſtung Roms und erfreute ſich der Gaſtlichkeit
eines Angelus Coloccius, eines Joh. Corycius (S. 265) u. a.
Wie hoch ſie für das Geiſtesleben der Nation zu werthen
iſt, läßt ſich ſo wenig genau beſtimmen als bei irgend einer
geſelligen Verbindung dieſer Art; immerhin rechnet ſie ſelbſt
ein Sadoleto 1) zu den beſten Erinnerungen ſeiner Jugend. —
Andere Acade-
mien.
Eine ganze Anzahl anderer Academien entſtanden und ver-
gingen in verſchiedenen Städten, je nachdem die Zahl und
Bedeutung der anſäſſigen Humaniſten oder die Gönnerſchaft
von Reichen und Großen es möglich machte. So die Aca-
demie von Neapel, welche ſich um Jovianus Pontanus
verſammelte und von welcher ein Theil nach Lecce über-
ſiedelte 2), diejenige von Pordenone, welche den Hof des
Feldherrn Alviano bildete u. ſ. w. Von derjenigen des
Lodovico Moro und ihrer eigenthümlichen Bedeutung für
den Umgang des Fürſten iſt bereits (S. 42) die Rede
geweſen.

Deren Italiſi-
rung.
Gegen die Mitte des XVI. Jahrhunderts ſcheint eine
vollſtändige Umwandlung mit dieſen Vereinen vorgegangen
zu ſein. Die Humaniſten, auch ſonſt aus der gebietenden
Stellung im Leben verdrängt und der beginnenden Gegen-
reformation Objecte des Verdachtes, verlieren die Leitung
der Academien, und die italieniſche Poeſie tritt auch hier
an die Stelle der lateiniſchen. Bald hat jede irgend be-
trächtliche Stadt ihre Academie mit möglichſt bizarrem Na-
men 3) und mit eigenem, durch Beiträge und Vermächtniſſe

1) Sadoleti Epist. 106, vom J. 1529.
2) Anton. Galatei epist. 10 und 12, bei Mai, Spicileg. rom.
vol. VIII.
3) Dieſes ſchon vor der Mitte des Jahrh. Vgl. Lil. Greg. Gyral-
dus, de poetis nostri temp. II.
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[278/0288] zelne Gäſte auch Farcen im Geſchmack der Atellanen auf. Als freier Verein von ſehr wandelbarem Umfang dauerte dieſe Academie in ihrer urſprünglichen Art weiter bis auf die Verwüſtung Roms und erfreute ſich der Gaſtlichkeit eines Angelus Coloccius, eines Joh. Corycius (S. 265) u. a. Wie hoch ſie für das Geiſtesleben der Nation zu werthen iſt, läßt ſich ſo wenig genau beſtimmen als bei irgend einer geſelligen Verbindung dieſer Art; immerhin rechnet ſie ſelbſt ein Sadoleto 1) zu den beſten Erinnerungen ſeiner Jugend. — Eine ganze Anzahl anderer Academien entſtanden und ver- gingen in verſchiedenen Städten, je nachdem die Zahl und Bedeutung der anſäſſigen Humaniſten oder die Gönnerſchaft von Reichen und Großen es möglich machte. So die Aca- demie von Neapel, welche ſich um Jovianus Pontanus verſammelte und von welcher ein Theil nach Lecce über- ſiedelte 2), diejenige von Pordenone, welche den Hof des Feldherrn Alviano bildete u. ſ. w. Von derjenigen des Lodovico Moro und ihrer eigenthümlichen Bedeutung für den Umgang des Fürſten iſt bereits (S. 42) die Rede geweſen. 3. Abſchnitt. Andere Acade- mien. Gegen die Mitte des XVI. Jahrhunderts ſcheint eine vollſtändige Umwandlung mit dieſen Vereinen vorgegangen zu ſein. Die Humaniſten, auch ſonſt aus der gebietenden Stellung im Leben verdrängt und der beginnenden Gegen- reformation Objecte des Verdachtes, verlieren die Leitung der Academien, und die italieniſche Poeſie tritt auch hier an die Stelle der lateiniſchen. Bald hat jede irgend be- trächtliche Stadt ihre Academie mit möglichſt bizarrem Na- men 3) und mit eigenem, durch Beiträge und Vermächtniſſe Deren Italiſi- rung. 1) Sadoleti Epist. 106, vom J. 1529. 2) Anton. Galatei epist. 10 und 12, bei Mai, Spicileg. rom. vol. VIII. 3) Dieſes ſchon vor der Mitte des Jahrh. Vgl. Lil. Greg. Gyral- dus, de poetis nostri temp. II.

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/288>, abgerufen am 19.04.2024.