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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.

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auch sonst einen gewissen Schrecken unter dem Volke wach.4. Abschnitt.
Außerdem galt ihr Verhalten als vorbedeutungsvoll; na-
mentlich war ihre Fruchtbarkeit ein Zeichen allgemeinen
Gedeihens, und auch ein Giovanni Villani verschmäht es
nicht anzumerken, daß er bei einem Wurf der Löwin zu-
gegen gewesen 1). Die Jungen pflegte man zum Theil an
befreundete Städte und Tyrannen zu verschenken, auch an
Condottieren als Preis der Tapferkeit 2). Außerdem hielten
die Florentiner schon sehr früh Leoparden, für welche ein
besonderer Leopardenmeister unterhalten wurde 3). Borso
von Ferrara 4) ließ seinen Löwen mit Stieren, Bären und
Wildschweinen kämpfen.

Zu Ende des XV. Jahrhunderts aber gab es schonals Wappen-
zeichen, Jagd-
thiere und Cu-
riositäten.

an mehrern Fürstenhöfen wahre Menagerien (Serragli),
als Sache des standesgemäßen Luxus. "Zu der Pracht

scriptt. ex florent. codd. T. II, Col. 741. Abweichend hievon
Vita Pii II, Murat. III, II, Col. 976. Eine zweite Girafe schenkte
später der Mamelukensultan Kaytbey an Lorenzo magnifico. Vgl.
Paul. Jov. Vita Leonis X, L. I. Sonst war von der Mena-
gerie Lorenzo's besonders ein prächtiger Löwe berühmt, dessen Zer-
fleischung durch die andern Löwen als Vorzeichen von Lorenzo's
Tode galt.
1) Gio. Villani X, 185. XI, 66. Matteo Villani III, 90. V. 68.
-- Wenn die Löwen stritten oder gar einander tödteten, so galt
dieß als schlimmes Omen. Vgl. Varchi, stor. fiorent. III, p. 143.
2) Cron. di Perugia, arch. stor. XVI, II, p. 77. Zum J. 1497.
-- Den Peruginern entwischte einmal ihr Löwenpaar, ibid. XVI,
I, p.
382, zum J. 1434.
3) Gaye, Carteggio I, p. 422, zum J. 1291. -- Die Visconti
brauchten sogar abgerichtete Leoparden als Jagdthiere, und zwar auf
Hasen, die man durch kleine Hunde auftreiben ließ. Vgl. v. Ko-
bell, Wildanger, S. 247, wo auch spätere Beispiele der Jagd mit
Leoparden verzeichnet sind.
4) Strozii poetae, p. 146. Vgl. p. 188 und über den Wildpark
p. 193.
Cultur der Renaissance. 19

auch ſonſt einen gewiſſen Schrecken unter dem Volke wach.4. Abſchnitt.
Außerdem galt ihr Verhalten als vorbedeutungsvoll; na-
mentlich war ihre Fruchtbarkeit ein Zeichen allgemeinen
Gedeihens, und auch ein Giovanni Villani verſchmäht es
nicht anzumerken, daß er bei einem Wurf der Löwin zu-
gegen geweſen 1). Die Jungen pflegte man zum Theil an
befreundete Städte und Tyrannen zu verſchenken, auch an
Condottieren als Preis der Tapferkeit 2). Außerdem hielten
die Florentiner ſchon ſehr früh Leoparden, für welche ein
beſonderer Leopardenmeiſter unterhalten wurde 3). Borſo
von Ferrara 4) ließ ſeinen Löwen mit Stieren, Bären und
Wildſchweinen kämpfen.

Zu Ende des XV. Jahrhunderts aber gab es ſchonals Wappen-
zeichen, Jagd-
thiere und Cu-
rioſitäten.

an mehrern Fürſtenhöfen wahre Menagerien (Serragli),
als Sache des ſtandesgemäßen Luxus. „Zu der Pracht

scriptt. ex florent. codd. T. II, Col. 741. Abweichend hievon
Vita Pii II, Murat. III, II, Col. 976. Eine zweite Girafe ſchenkte
ſpäter der Mamelukenſultan Kaytbey an Lorenzo magnifico. Vgl.
Paul. Jov. Vita Leonis X, L. I. Sonſt war von der Mena-
gerie Lorenzo's beſonders ein prächtiger Löwe berühmt, deſſen Zer-
fleiſchung durch die andern Löwen als Vorzeichen von Lorenzo's
Tode galt.
1) Gio. Villani X, 185. XI, 66. Matteo Villani III, 90. V. 68.
— Wenn die Löwen ſtritten oder gar einander tödteten, ſo galt
dieß als ſchlimmes Omen. Vgl. Varchi, stor. fiorent. III, p. 143.
2) Cron. di Perugia, arch. stor. XVI, II, p. 77. Zum J. 1497.
— Den Peruginern entwiſchte einmal ihr Löwenpaar, ibid. XVI,
I, p.
382, zum J. 1434.
3) Gaye, Carteggio I, p. 422, zum J. 1291. — Die Visconti
brauchten ſogar abgerichtete Leoparden als Jagdthiere, und zwar auf
Haſen, die man durch kleine Hunde auftreiben ließ. Vgl. v. Ko-
bell, Wildanger, S. 247, wo auch ſpätere Beiſpiele der Jagd mit
Leoparden verzeichnet ſind.
4) Strozii poetae, p. 146. Vgl. p. 188 und über den Wildpark
p. 193.
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[289/0299] auch ſonſt einen gewiſſen Schrecken unter dem Volke wach. Außerdem galt ihr Verhalten als vorbedeutungsvoll; na- mentlich war ihre Fruchtbarkeit ein Zeichen allgemeinen Gedeihens, und auch ein Giovanni Villani verſchmäht es nicht anzumerken, daß er bei einem Wurf der Löwin zu- gegen geweſen 1). Die Jungen pflegte man zum Theil an befreundete Städte und Tyrannen zu verſchenken, auch an Condottieren als Preis der Tapferkeit 2). Außerdem hielten die Florentiner ſchon ſehr früh Leoparden, für welche ein beſonderer Leopardenmeiſter unterhalten wurde 3). Borſo von Ferrara 4) ließ ſeinen Löwen mit Stieren, Bären und Wildſchweinen kämpfen. 4. Abſchnitt. Zu Ende des XV. Jahrhunderts aber gab es ſchon an mehrern Fürſtenhöfen wahre Menagerien (Serragli), als Sache des ſtandesgemäßen Luxus. „Zu der Pracht 2) als Wappen- zeichen, Jagd- thiere und Cu- rioſitäten. 1) Gio. Villani X, 185. XI, 66. Matteo Villani III, 90. V. 68. — Wenn die Löwen ſtritten oder gar einander tödteten, ſo galt dieß als ſchlimmes Omen. Vgl. Varchi, stor. fiorent. III, p. 143. 2) Cron. di Perugia, arch. stor. XVI, II, p. 77. Zum J. 1497. — Den Peruginern entwiſchte einmal ihr Löwenpaar, ibid. XVI, I, p. 382, zum J. 1434. 3) Gaye, Carteggio I, p. 422, zum J. 1291. — Die Visconti brauchten ſogar abgerichtete Leoparden als Jagdthiere, und zwar auf Haſen, die man durch kleine Hunde auftreiben ließ. Vgl. v. Ko- bell, Wildanger, S. 247, wo auch ſpätere Beiſpiele der Jagd mit Leoparden verzeichnet ſind. 4) Strozii poetae, p. 146. Vgl. p. 188 und über den Wildpark p. 193. 2) scriptt. ex florent. codd. T. II, Col. 741. Abweichend hievon Vita Pii II, Murat. III, II, Col. 976. Eine zweite Girafe ſchenkte ſpäter der Mamelukenſultan Kaytbey an Lorenzo magnifico. Vgl. Paul. Jov. Vita Leonis X, L. I. Sonſt war von der Mena- gerie Lorenzo's beſonders ein prächtiger Löwe berühmt, deſſen Zer- fleiſchung durch die andern Löwen als Vorzeichen von Lorenzo's Tode galt. Cultur der Renaiſſance. 19

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/299>, abgerufen am 18.04.2024.