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Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 1. Hamburg, 1779.

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Vater. Du hast vergessen, liebes Friz-
chen, daß das Wasser im Meere so salzig und
bitter ist, daß kein Mensch es trinken kan!

Frizchen. Ha! ha!

Vater. In diesem schreklichen Zustande,
hatten sie die Kanonenschüsse von dem engli-
schen Schiffe gehört, und bald darauf auch
die aufgestekten Laternen erblikt. Zwischen
Furcht und Hofnung hatten sie die lange trau-
rige Nacht hingebracht, indem die Wellen sie
immer weiter wieder zurük trieben, als sie
mit Anwendung aller ihrer Kräfte vorwärts nach
dem Schiffe zugerudert hatten. Endlich hatte
das längst gewünschte Tageslicht ihrem Jam-
mer ein Ende gemacht.

Robinson hatte die ganze Zeit über mit
fürchterlichen Gedanken gekämpft. "Himmel,
dachte er, haben diese Leute so großes Unglük
leiden können, unter denen doch gewiß wohl
recht gute Selen sind: was werd' ich zu er-
warten haben, der ich so undankbar gegen
meine Eltern handeln konte!" Dieser Gedanke
lag ihm, wie ein Berg, auf dem Herzen.

Blaß

Vater. Du haſt vergeſſen, liebes Friz-
chen, daß das Waſſer im Meere ſo ſalzig und
bitter iſt, daß kein Menſch es trinken kan!

Frizchen. Ha! ha!

Vater. In dieſem ſchreklichen Zuſtande,
hatten ſie die Kanonenſchuͤſſe von dem engli-
ſchen Schiffe gehoͤrt, und bald darauf auch
die aufgeſtekten Laternen erblikt. Zwiſchen
Furcht und Hofnung hatten ſie die lange trau-
rige Nacht hingebracht, indem die Wellen ſie
immer weiter wieder zuruͤk trieben, als ſie
mit Anwendung aller ihrer Kraͤfte vorwaͤrts nach
dem Schiffe zugerudert hatten. Endlich hatte
das laͤngſt gewuͤnſchte Tageslicht ihrem Jam-
mer ein Ende gemacht.

Robinſon hatte die ganze Zeit uͤber mit
fuͤrchterlichen Gedanken gekaͤmpft. „Himmel,
dachte er, haben dieſe Leute ſo großes Ungluͤk
leiden koͤnnen, unter denen doch gewiß wohl
recht gute Selen ſind: was werd' ich zu er-
warten haben, der ich ſo undankbar gegen
meine Eltern handeln konte!„ Dieſer Gedanke
lag ihm, wie ein Berg, auf dem Herzen.

Blaß
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[36/0076] Vater. Du haſt vergeſſen, liebes Friz- chen, daß das Waſſer im Meere ſo ſalzig und bitter iſt, daß kein Menſch es trinken kan! Frizchen. Ha! ha! Vater. In dieſem ſchreklichen Zuſtande, hatten ſie die Kanonenſchuͤſſe von dem engli- ſchen Schiffe gehoͤrt, und bald darauf auch die aufgeſtekten Laternen erblikt. Zwiſchen Furcht und Hofnung hatten ſie die lange trau- rige Nacht hingebracht, indem die Wellen ſie immer weiter wieder zuruͤk trieben, als ſie mit Anwendung aller ihrer Kraͤfte vorwaͤrts nach dem Schiffe zugerudert hatten. Endlich hatte das laͤngſt gewuͤnſchte Tageslicht ihrem Jam- mer ein Ende gemacht. Robinſon hatte die ganze Zeit uͤber mit fuͤrchterlichen Gedanken gekaͤmpft. „Himmel, dachte er, haben dieſe Leute ſo großes Ungluͤk leiden koͤnnen, unter denen doch gewiß wohl recht gute Selen ſind: was werd' ich zu er- warten haben, der ich ſo undankbar gegen meine Eltern handeln konte!„ Dieſer Gedanke lag ihm, wie ein Berg, auf dem Herzen. Blaß

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 1. Hamburg, 1779, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson01_1779/76>, abgerufen am 18.04.2024.