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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657.

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DEDICATIO.
erfuhr eilends der König/ und fraget vom Jüngling/ warumb
er lache und weine/ wann sein Gemahl lachet und weinet/ und
warumb er nicht stracks sey den Kalckbrennern zugeritten/
sondern hab einen Absprung auff die Seiten genommen? Da
fähet der Jüngling an zu dem Könige die drey reguln zu erzeh-
len/ welche ihm sein Vater am Tod-Bette fürgeschrieben.
Darüber verwundert sich der König/ erkennet seine Vnschuld/
und war ihm hinfüran mit grössern und mehrern Gnaden ge-
wogen als zuvor iemahls. Bißher das Exempel. Georg
Scherer der Lojolit/ nach dem er in seiner Postill in den funff-
ten Predigt des ersten Sontags nach der Heiligen drey König
Tag/ ersterzehlte Legend erzehlt/ schreibet er ferner/ es habe dem
Lutherischen Superintendenten Sigefrido Sacco, Thumpre-
dicanten zu Magdeburg/ so wohl gefallen/ daß ers in seine
Postillen gesetzt; gleichwohl gefälschter Weise; Dann da
der discipul sagt von der Meß/ kratzet er die Meß aus/ und
setzet dafür die Predigt/ als wann der Vater seinem Sohn be-
fohlen hätte täglich Predigt zu hören/ und daß der Sohn mit
Anhörung einer Predigt sein Leben salviret hätte. Reime
dich/ wo hat man vor hundert Jahren alle Tage durch die
gantze Wochen geprediget? Vnd weil das Geläut im Dorffe/
welches der Jungling bey dem Wald gehöret/ am Werck-Tag
geschehen/ wird es eine Meß/ und nicht eine Predigt bedeutet
haben. Also haben die Lutherischen auch das Sprichwort
verändert/ das ihnen ietzt lauten muß: Predigt hören
versäumet nichts.
Vnd nicht: Kirchen gehen versäu-
met nichts. Gerad/ als wann kein anderer Gottesdienst wäre
als Predigt hören. Ein Churfürst von Sachsen hat im
1547. Jahr auch Predigt gehöret/ ist aber daruber vom Käy-
ser Carl gefangen/ und am lincken Wang mit einer zim-
lichen Schramm bezeichnet worden. Diese Predigt hat
ihm viel versäumet/ und auffgehalten in der Flucht auff

Witten-

DEDICATIO.
erfuhr eilends der Koͤnig/ und fraget vom Juͤngling/ warumb
er lache und weine/ wann ſein Gemahl lachet und weinet/ und
warumb er nicht ſtracks ſey den Kalckbrennern zugeritten/
ſondern hab einen Abſprung auff die Seiten genommen? Da
faͤhet der Juͤngling an zu dem Koͤnige die drey reguln zu erzeh-
len/ welche ihm ſein Vater am Tod-Bette fuͤrgeſchrieben.
Daruͤber verwundert ſich der Koͤnig/ erkennet ſeine Vnſchuld/
und war ihm hinfuͤran mit groͤſſern und mehrern Gnaden ge-
wogen als zuvor iemahls. Bißher das Exempel. Georg
Scherer der Lojolit/ nach dem er in ſeiner Poſtill in den fůnff-
ten Predigt des erſten Sontags nach der Heiligen drey König
Tag/ erſterzehlte Legend erzehlt/ ſchreibet er ferner/ es habe dem
Lutheriſchen Superintendenten Sigefrido Sacco, Thumpre-
dicanten zu Magdeburg/ ſo wohl gefallen/ daß ers in ſeine
Poſtillen geſetzt; gleichwohl gefaͤlſchter Weiſe; Dann da
der diſcipul ſagt von der Meß/ kratzet er die Meß aus/ und
ſetzet dafuͤr die Predigt/ als wann der Vater ſeinem Sohn be-
fohlen hätte taͤglich Predigt zu hören/ und daß der Sohn mit
Anhoͤrung einer Predigt ſein Leben ſalviret haͤtte. Reime
dich/ wo hat man vor hundert Jahren alle Tage durch die
gantze Wochen geprediget? Vnd weil das Gelaͤut im Dorffe/
welches der Jůngling bey dem Wald gehöret/ am Werck-Tag
geſchehen/ wird es eine Meß/ und nicht eine Predigt bedeutet
haben. Alſo haben die Lutheriſchen auch das Sprichwort
veraͤndert/ das ihnen ietzt lauten muß: Predigt hoͤren
verſaͤumet nichts.
Vnd nicht: Kirchen gehen verſaͤu-
met nichts. Gerad/ als wann kein anderer Gottesdienſt waͤre
als Predigt hören. Ein Churfuͤrſt von Sachſen hat im
1547. Jahr auch Predigt gehoͤret/ iſt aber darůber vom Kaͤy-
ſer Carl gefangen/ und am lincken Wang mit einer zim-
lichen Schramm bezeichnet worden. Dieſe Predigt hat
ihm viel verſäumet/ und auffgehalten in der Flucht auff

Witten-
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[0018] DEDICATIO. erfuhr eilends der Koͤnig/ und fraget vom Juͤngling/ warumb er lache und weine/ wann ſein Gemahl lachet und weinet/ und warumb er nicht ſtracks ſey den Kalckbrennern zugeritten/ ſondern hab einen Abſprung auff die Seiten genommen? Da faͤhet der Juͤngling an zu dem Koͤnige die drey reguln zu erzeh- len/ welche ihm ſein Vater am Tod-Bette fuͤrgeſchrieben. Daruͤber verwundert ſich der Koͤnig/ erkennet ſeine Vnſchuld/ und war ihm hinfuͤran mit groͤſſern und mehrern Gnaden ge- wogen als zuvor iemahls. Bißher das Exempel. Georg Scherer der Lojolit/ nach dem er in ſeiner Poſtill in den fůnff- ten Predigt des erſten Sontags nach der Heiligen drey König Tag/ erſterzehlte Legend erzehlt/ ſchreibet er ferner/ es habe dem Lutheriſchen Superintendenten Sigefrido Sacco, Thumpre- dicanten zu Magdeburg/ ſo wohl gefallen/ daß ers in ſeine Poſtillen geſetzt; gleichwohl gefaͤlſchter Weiſe; Dann da der diſcipul ſagt von der Meß/ kratzet er die Meß aus/ und ſetzet dafuͤr die Predigt/ als wann der Vater ſeinem Sohn be- fohlen hätte taͤglich Predigt zu hören/ und daß der Sohn mit Anhoͤrung einer Predigt ſein Leben ſalviret haͤtte. Reime dich/ wo hat man vor hundert Jahren alle Tage durch die gantze Wochen geprediget? Vnd weil das Gelaͤut im Dorffe/ welches der Jůngling bey dem Wald gehöret/ am Werck-Tag geſchehen/ wird es eine Meß/ und nicht eine Predigt bedeutet haben. Alſo haben die Lutheriſchen auch das Sprichwort veraͤndert/ das ihnen ietzt lauten muß: Predigt hoͤren verſaͤumet nichts. Vnd nicht: Kirchen gehen verſaͤu- met nichts. Gerad/ als wann kein anderer Gottesdienſt waͤre als Predigt hören. Ein Churfuͤrſt von Sachſen hat im 1547. Jahr auch Predigt gehoͤret/ iſt aber darůber vom Kaͤy- ſer Carl gefangen/ und am lincken Wang mit einer zim- lichen Schramm bezeichnet worden. Dieſe Predigt hat ihm viel verſäumet/ und auffgehalten in der Flucht auff Witten-

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657/18>, abgerufen am 28.03.2024.