Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.

Bild:
<< vorherige Seite

Mist gekarret und sehr müde gewesen, setze ich mich auf mein Lädchen und schlafe ein. Darüber mir, salvo honore, ein starker Ton entfähret. Weil ich aber solches gewahr wurde und mich gleich aufs marschieren legte, reißt der Herr nach der Krabatsche. Ich aber zur Thür hinaus und schmeiß die Thür hinter mir stark zu. Und weil es ohndem eine starke Thür, die von selbst zufiel, und er, mit dem Kopf voran, hinter mir drein will, schmeißet ihm die Thür dermaßen vorn Kopf, daß er rücklings zurück in die Stube prallet. Da erhub sich ein Geschrei. Ich aber die Treppen hinauf, zum Kapfloch naus, aufs Dach und hinter die Feuermauer. Da war ihnen bange. Meineten, ich würde den Hals stürzen zum Firste herunter. Mußten mir die besten Wort geben. Allein ich kam dieselbe ganze Nacht nicht herunter, bis die Sache verglichen, und der Herr sich schämen mußte.

Es war auch aus der Weise, daß sie mit mir, als einem Vetter, der siebenzig Thaler und ein Bett Lehrgeld gab, so hart umbgingen.

Ich mußte der Magd alles Wasser und Holz in die Küche tragen, Feuer anmachen, Wasser holen, Holz hacken und was dergleichen. - Doch, es ist alles zerronnen, und nun gehet die Tochter betteln, die damals nicht unsanft niedertreten mußte, und mir manchen Puckel voll Schläge gemacht und viel geärgert. Er aber starb jählings, von einer heißen Blutwurst, indem er kurz vorher gesaget und sich vernehmen lassen: Er wollte seinen Kopf nicht sanft legen, er hätte mich dann aus der Stadt gebracht, ehe ich ein Barbier hier werden wollte, wie künftig folget.

Das Wasserschleppen verdroß mich am allermeisten. Mit zwei Hosen auf die Straße zu gehen! Und hatt schon bis ins dritte Jahr viel vornehme Leute zu bedienen und zu verbinden, wie ich dann würklich, zwei vornehme Jungfern zu verbinden, von ihm geschickt wurde, welche würkliche bubones und Pestbeulen an sich hatten, und

Mist gekarret und sehr müde gewesen, setze ich mich auf mein Lädchen und schlafe ein. Darüber mir, salvo honore, ein starker Ton entfähret. Weil ich aber solches gewahr wurde und mich gleich aufs marschieren legte, reißt der Herr nach der Krabatsche. Ich aber zur Thür hinaus und schmeiß die Thür hinter mir stark zu. Und weil es ohndem eine starke Thür, die von selbst zufiel, und er, mit dem Kopf voran, hinter mir drein will, schmeißet ihm die Thür dermaßen vorn Kopf, daß er rücklings zurück in die Stube prallet. Da erhub sich ein Geschrei. Ich aber die Treppen hinauf, zum Kapfloch naus, aufs Dach und hinter die Feuermauer. Da war ihnen bange. Meineten, ich würde den Hals stürzen zum Firste herunter. Mußten mir die besten Wort geben. Allein ich kam dieselbe ganze Nacht nicht herunter, bis die Sache verglichen, und der Herr sich schämen mußte.

Es war auch aus der Weise, daß sie mit mir, als einem Vetter, der siebenzig Thaler und ein Bett Lehrgeld gab, so hart umbgingen.

Ich mußte der Magd alles Wasser und Holz in die Küche tragen, Feuer anmachen, Wasser holen, Holz hacken und was dergleichen. – Doch, es ist alles zerronnen, und nun gehet die Tochter betteln, die damals nicht unsanft niedertreten mußte, und mir manchen Puckel voll Schläge gemacht und viel geärgert. Er aber starb jählings, von einer heißen Blutwurst, indem er kurz vorher gesaget und sich vernehmen lassen: Er wollte seinen Kopf nicht sanft legen, er hätte mich dann aus der Stadt gebracht, ehe ich ein Barbier hier werden wollte, wie künftig folget.

Das Wasserschleppen verdroß mich am allermeisten. Mit zwei Hosen auf die Straße zu gehen! Und hatt schon bis ins dritte Jahr viel vornehme Leute zu bedienen und zu verbinden, wie ich dann würklich, zwei vornehme Jungfern zu verbinden, von ihm geschickt wurde, welche würkliche bubones und Pestbeulen an sich hatten, und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <p><pb facs="#f0025"/>
Mist gekarret und sehr müde gewesen, setze ich mich auf mein Lädchen und schlafe ein. Darüber mir, <hi rendition="#aq">salvo honore</hi>, ein starker Ton entfähret. Weil ich aber solches gewahr wurde und mich gleich aufs marschieren legte, reißt der Herr nach der Krabatsche. Ich aber zur Thür hinaus und schmeiß die Thür hinter mir stark zu. Und weil es ohndem eine starke Thür, die von selbst zufiel, und er, mit dem Kopf voran, hinter mir drein will, schmeißet ihm die Thür dermaßen vorn Kopf, daß er rücklings zurück in die Stube prallet. Da erhub sich ein Geschrei. Ich aber die Treppen hinauf, zum Kapfloch naus, aufs Dach und hinter die Feuermauer. Da war ihnen bange. Meineten, ich würde den Hals stürzen zum Firste herunter. Mußten mir die besten Wort geben. Allein ich kam dieselbe ganze Nacht nicht herunter, bis die Sache verglichen, und der Herr sich schämen mußte.</p>
          <p>Es war auch aus der Weise, daß sie mit mir, als einem Vetter, der siebenzig Thaler und ein Bett Lehrgeld gab, so hart umbgingen.</p>
          <p>Ich mußte der Magd alles Wasser und Holz in die Küche tragen, Feuer anmachen, Wasser holen, Holz hacken und was dergleichen. &#x2013; Doch, es ist alles zerronnen, und nun gehet die Tochter betteln, die damals nicht unsanft niedertreten mußte, und mir manchen Puckel voll Schläge gemacht und viel geärgert. Er aber starb jählings, von einer heißen Blutwurst, indem er kurz vorher gesaget und sich vernehmen lassen: Er wollte seinen Kopf nicht sanft legen, er hätte mich dann aus der Stadt gebracht, ehe ich ein Barbier hier werden wollte, wie künftig folget.</p>
          <p>Das Wasserschleppen verdroß mich am allermeisten. Mit zwei Hosen auf die Straße zu gehen! Und hatt schon bis ins dritte Jahr viel vornehme Leute zu bedienen und zu verbinden, wie ich dann würklich, zwei vornehme Jungfern zu verbinden, von ihm geschickt wurde, welche würkliche <hi rendition="#aq">bubones</hi> und Pestbeulen an sich hatten, und
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0025] Mist gekarret und sehr müde gewesen, setze ich mich auf mein Lädchen und schlafe ein. Darüber mir, salvo honore, ein starker Ton entfähret. Weil ich aber solches gewahr wurde und mich gleich aufs marschieren legte, reißt der Herr nach der Krabatsche. Ich aber zur Thür hinaus und schmeiß die Thür hinter mir stark zu. Und weil es ohndem eine starke Thür, die von selbst zufiel, und er, mit dem Kopf voran, hinter mir drein will, schmeißet ihm die Thür dermaßen vorn Kopf, daß er rücklings zurück in die Stube prallet. Da erhub sich ein Geschrei. Ich aber die Treppen hinauf, zum Kapfloch naus, aufs Dach und hinter die Feuermauer. Da war ihnen bange. Meineten, ich würde den Hals stürzen zum Firste herunter. Mußten mir die besten Wort geben. Allein ich kam dieselbe ganze Nacht nicht herunter, bis die Sache verglichen, und der Herr sich schämen mußte. Es war auch aus der Weise, daß sie mit mir, als einem Vetter, der siebenzig Thaler und ein Bett Lehrgeld gab, so hart umbgingen. Ich mußte der Magd alles Wasser und Holz in die Küche tragen, Feuer anmachen, Wasser holen, Holz hacken und was dergleichen. – Doch, es ist alles zerronnen, und nun gehet die Tochter betteln, die damals nicht unsanft niedertreten mußte, und mir manchen Puckel voll Schläge gemacht und viel geärgert. Er aber starb jählings, von einer heißen Blutwurst, indem er kurz vorher gesaget und sich vernehmen lassen: Er wollte seinen Kopf nicht sanft legen, er hätte mich dann aus der Stadt gebracht, ehe ich ein Barbier hier werden wollte, wie künftig folget. Das Wasserschleppen verdroß mich am allermeisten. Mit zwei Hosen auf die Straße zu gehen! Und hatt schon bis ins dritte Jahr viel vornehme Leute zu bedienen und zu verbinden, wie ich dann würklich, zwei vornehme Jungfern zu verbinden, von ihm geschickt wurde, welche würkliche bubones und Pestbeulen an sich hatten, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Projekt Gutenberg-DE: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-28T07:11:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frank Wiegand: Bearbeitung der digitalen Edition (2012-09-04T07:11:29Z)
Frederike Neuber: Überarbeitung der digitalen Edition (2014-01-10T14:11:29Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-28T07:11:29Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/25
Zitationshilfe: Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/25>, abgerufen am 28.03.2024.