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Droysen, Johann Gustav: Grundriss der Historik. Leipzig, 1868.

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Das Ergebniss dieses Verfahrens ist in der Regel der Nachweis einer
Entwickelung, in der sich die zerlegten Theile gegenseitig erläutern
und verificiren.

§. 32.

c) Es fragt sich, ob das Material, da es wurde, das gab und
geben konnte, wofür es als Beleg gehalten wird oder gehalten
werden will, oder ob es gleich, da es wurde, nur theilweise, nur
relativ richtig sein konnte oder wollte. Darauf antwortet die Kritik
des Richtigen
.

Diese Form der Kritik hat an das vorliegende Material die Frage
zu richten:

1) ob das Berichtete nach dem Maass menschlicher Erfahrung an
sich möglich ist;
2) ob es unter den angegebenen Bedingungen und Umständen mög-
lich ist;

in beiden Fällen misst die Kritik an den aufgefassten Objecten die
Auffassung und ihre Richtigkeit;

3) ob in den Motiven, den Zwecken, den persönlichen Verhältnissen
der Berichtenden eine Trübung der Auffassung erkennbar ist;
4) ob in der Unzulänglichkeit der Mittel zum Beobachten und Auf-
fassen (Erhebung) Unrichtigkeit unvermeidlich war,

in diesen beiden Fällen misst die Kritik an dem Verfahren, gleich-
sam an dem Instrument der Auffassung, diese Auffassung und ihre
Richtigkeit.

§. 33.

Die Anwendung der Kritik des Richtigen auf die Quellen ist die
Quellenkritik.

Wenn in der Regel die Quellenkritik so verstanden wird, als sei
sie der Nachweis, wie ein Autor andere benutzt hat, so ist das nur ein
gelegentliches Mittel -- eins unter anderen -- ihre Aufgabe zu lösen
oder vorzubereiten.

Die Quellenkritik unterscheidet:

a) was diese Quelle aufgefasst hat und darstellend reproducirt (Er-
eignisse, Thaten, Geschäfte, Urkunden u. s. w.);
2

Das Ergebniss dieses Verfahrens ist in der Regel der Nachweis einer
Entwickelung, in der sich die zerlegten Theile gegenseitig erläutern
und verificiren.

§. 32.

c) Es fragt sich, ob das Material, da es wurde, das gab und
geben konnte, wofür es als Beleg gehalten wird oder gehalten
werden will, oder ob es gleich, da es wurde, nur theilweise, nur
relativ richtig sein konnte oder wollte. Darauf antwortet die Kritik
des Richtigen
.

Diese Form der Kritik hat an das vorliegende Material die Frage
zu richten:

1) ob das Berichtete nach dem Maass menschlicher Erfahrung an
sich möglich ist;
2) ob es unter den angegebenen Bedingungen und Umständen mög-
lich ist;

in beiden Fällen misst die Kritik an den aufgefassten Objecten die
Auffassung und ihre Richtigkeit;

3) ob in den Motiven, den Zwecken, den persönlichen Verhältnissen
der Berichtenden eine Trübung der Auffassung erkennbar ist;
4) ob in der Unzulänglichkeit der Mittel zum Beobachten und Auf-
fassen (Erhebung) Unrichtigkeit unvermeidlich war,

in diesen beiden Fällen misst die Kritik an dem Verfahren, gleich-
sam an dem Instrument der Auffassung, diese Auffassung und ihre
Richtigkeit.

§. 33.

Die Anwendung der Kritik des Richtigen auf die Quellen ist die
Quellenkritik.

Wenn in der Regel die Quellenkritik so verstanden wird, als sei
sie der Nachweis, wie ein Autor andere benutzt hat, so ist das nur ein
gelegentliches Mittel — eins unter anderen — ihre Aufgabe zu lösen
oder vorzubereiten.

Die Quellenkritik unterscheidet:

a) was diese Quelle aufgefasst hat und darstellend reproducirt (Er-
eignisse, Thaten, Geschäfte, Urkunden u. s. w.);
2
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[17/0026] Das Ergebniss dieses Verfahrens ist in der Regel der Nachweis einer Entwickelung, in der sich die zerlegten Theile gegenseitig erläutern und verificiren. §. 32. c) Es fragt sich, ob das Material, da es wurde, das gab und geben konnte, wofür es als Beleg gehalten wird oder gehalten werden will, oder ob es gleich, da es wurde, nur theilweise, nur relativ richtig sein konnte oder wollte. Darauf antwortet die Kritik des Richtigen. Diese Form der Kritik hat an das vorliegende Material die Frage zu richten: 1) ob das Berichtete nach dem Maass menschlicher Erfahrung an sich möglich ist; 2) ob es unter den angegebenen Bedingungen und Umständen mög- lich ist; in beiden Fällen misst die Kritik an den aufgefassten Objecten die Auffassung und ihre Richtigkeit; 3) ob in den Motiven, den Zwecken, den persönlichen Verhältnissen der Berichtenden eine Trübung der Auffassung erkennbar ist; 4) ob in der Unzulänglichkeit der Mittel zum Beobachten und Auf- fassen (Erhebung) Unrichtigkeit unvermeidlich war, in diesen beiden Fällen misst die Kritik an dem Verfahren, gleich- sam an dem Instrument der Auffassung, diese Auffassung und ihre Richtigkeit. §. 33. Die Anwendung der Kritik des Richtigen auf die Quellen ist die Quellenkritik. Wenn in der Regel die Quellenkritik so verstanden wird, als sei sie der Nachweis, wie ein Autor andere benutzt hat, so ist das nur ein gelegentliches Mittel — eins unter anderen — ihre Aufgabe zu lösen oder vorzubereiten. Die Quellenkritik unterscheidet: a) was diese Quelle aufgefasst hat und darstellend reproducirt (Er- eignisse, Thaten, Geschäfte, Urkunden u. s. w.); 2

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Grundriss der Historik. Leipzig, 1868, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_historik_1868/26>, abgerufen am 28.03.2024.