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Ebbinghaus, Hermann: Über das Gedächtnis. Leipzig, 1885.

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II.
Möglichkeit der Erweiterung unseres Wissens
über das Gedächtnis.


§ 4.
Die naturwissenschaftliche Methode.

Das seiner Natur nach allgemein gültige Verfahren zur
Gewinnung genauer, d. h. numerisch genauer, Einsichten in die
innere Struktur von Kausalbeziehungen ist von den experi-
mentellen Naturwissenschaften so vorwiegend angewandt und
so vollkommen ausgebildet worden, dass man es in der Regel
als etwas ihnen Eigentümliches, als naturwissenschaftliches
Verfahren bezeichnet. Es gilt aber, wie gesagt, seiner logi-
schen Natur nach allgemein, für alle Gebiete des Seins und
Geschehens; und die Möglichkeit, das thatsächliche Verhalten
irgendwelcher Vorgänge genau und exakt zu beschreiben und
damit der intuitiven Erfassung ihres Zusammenhanges eine
zuverlässige Basis zu geben, hängt überall an der Möglich-
keit, dieses Verfahren auf sie anzuwenden.

Worin es besteht, ist bekannt: man sucht den Komplex
von Bedingungen, die sich für das Zustandekommen eines ge-
wissen Effekts als massgebend erwiesen haben, konstant zu
erhalten, variiert eine dieser Bedingungen isoliert von den

II.
Möglichkeit der Erweiterung unseres Wissens
über das Gedächtnis.


§ 4.
Die naturwissenschaftliche Methode.

Das seiner Natur nach allgemein gültige Verfahren zur
Gewinnung genauer, d. h. numerisch genauer, Einsichten in die
innere Struktur von Kausalbeziehungen ist von den experi-
mentellen Naturwissenschaften so vorwiegend angewandt und
so vollkommen ausgebildet worden, daſs man es in der Regel
als etwas ihnen Eigentümliches, als naturwissenschaftliches
Verfahren bezeichnet. Es gilt aber, wie gesagt, seiner logi-
schen Natur nach allgemein, für alle Gebiete des Seins und
Geschehens; und die Möglichkeit, das thatsächliche Verhalten
irgendwelcher Vorgänge genau und exakt zu beschreiben und
damit der intuitiven Erfassung ihres Zusammenhanges eine
zuverlässige Basis zu geben, hängt überall an der Möglich-
keit, dieses Verfahren auf sie anzuwenden.

Worin es besteht, ist bekannt: man sucht den Komplex
von Bedingungen, die sich für das Zustandekommen eines ge-
wissen Effekts als maſsgebend erwiesen haben, konstant zu
erhalten, variiert eine dieser Bedingungen isoliert von den

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[[9]/0025] II. Möglichkeit der Erweiterung unseres Wissens über das Gedächtnis. § 4. Die naturwissenschaftliche Methode. Das seiner Natur nach allgemein gültige Verfahren zur Gewinnung genauer, d. h. numerisch genauer, Einsichten in die innere Struktur von Kausalbeziehungen ist von den experi- mentellen Naturwissenschaften so vorwiegend angewandt und so vollkommen ausgebildet worden, daſs man es in der Regel als etwas ihnen Eigentümliches, als naturwissenschaftliches Verfahren bezeichnet. Es gilt aber, wie gesagt, seiner logi- schen Natur nach allgemein, für alle Gebiete des Seins und Geschehens; und die Möglichkeit, das thatsächliche Verhalten irgendwelcher Vorgänge genau und exakt zu beschreiben und damit der intuitiven Erfassung ihres Zusammenhanges eine zuverlässige Basis zu geben, hängt überall an der Möglich- keit, dieses Verfahren auf sie anzuwenden. Worin es besteht, ist bekannt: man sucht den Komplex von Bedingungen, die sich für das Zustandekommen eines ge- wissen Effekts als maſsgebend erwiesen haben, konstant zu erhalten, variiert eine dieser Bedingungen isoliert von den

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Zitationshilfe: Ebbinghaus, Hermann: Über das Gedächtnis. Leipzig, 1885, S. [9]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebbinghaus_gedaechtnis_1885/25>, abgerufen am 28.03.2024.