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Erbkam, Georg Gustav: Tagebuch meiner egyptischen Reise. Teil 2. Ägypten, 1843-1844.

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etwa 1 Stunde bei uns aufhielt. Ich schrieb in der Eile einige Zeilen an Lepsius, die dieser vielleicht noch vor Berber empfangen wird. Um 7 Uhr etwa waren wir zum Aufbruch fertig, und marschirten in einem fort bis um 1/2 6 Uhr Abends, also 10 1/2 Stunden; man kann bei dem starken Schritt, in dem wir fortwährend bleiben, mindestens 1 Meile auf 1 1/2 Stunde nehmen. Die Gegend wurde heut immer freier; die Berge heben sich aus der Ebene in verschiedensten Gestaltungen hervor; die Ebene aber dominirte; es war der Weg wie eine Diele, so eben, von 1" - 5" mit leichtem Sande überdeckt; Thäler, in denen die großartigsten Paraden abgehalten werden könnten; oft wohl mehr als 1 Meile breit und wohl 2 Meilen lang. Die Berge, wie schon öfter erwähnt, scheinen vulkanisch aus der Felsebene hervorgehoben; Alles ist Sandstein. Die Gebeine von gefallenen Kameelen werden heut unzählig und lassen die Straße nicht verfehlen; wo die Haut noch drüber ist, schimmern diese Kadaver grünlich, ein trostloser Anblick. Wunderbare Ausdauer der Kameeltreiber, die diese 10 1/2 Stunden in großer Hitze unaufhörlich liefen, singend, tanzend, und fast nichts essend und trinkend, etwas Durrha ausgenommen, was sie so roh in den Mund nehmen. Gegen Sonnenuntergang kommen wir zur Lagerstatt, einem Platz, wo der bisherige Karakter der Wüste sich entschieden ändert; sie geht ganz in eine einzige Ebene über, woraus nur hier und da in der Entfernung kleine Bergkegel emporstehen. An diesem Fleck wurde den Leuten ein Backschisch verabreicht, gebräuchlicherweise für jeden Reisenden. - Wir sind Alle ziemlich zerschlagen. Den Tag über habe ich 2 kleine gedörrte Brödtchen gegessen, und damit [unleserliches Material]; eine [Semsamia] hängt an meinem Kameel. Am Vormittag litt ich an Leibschneiden und hatte etwas Diarrhoe, was sich aber am Nachmittag gelegt zu haben scheint; ich bin wohl und guter Dinge; der Caffee mundete uns heut Abend trefflich, jetzt wollen wir Linsen essen, da der Magen doch ziemlich leer ist. - Unser mitgenommenes Fleisch ist so muffig, daß ich nichts davon gegessen habe. Die Nacht habe ich trefflich geschlafen.

Mittwoch den 17ten Januar 1844. Mit Sonnenaufgang, etwa um 3/4 7 sind wir mit Aufpacken der Sachen fertig, und beginnen unsre Wanderung von Neuem ohne Unterbrechung bis 3/4 6, also 11 Stunden; der Tag ist sehr heiß, Ernst fällt heut vom Kameel, doch ohne Schaden zu nehmen. Die Wüste bildet heut eine unermeßliche Ebene, aber rings umher tauchten aus ihr doch kleinere Berggipfel empor. Die seit heut betretene Wüste nennt man Bachr bela ma; der Sand liegt selten über 4"-6" tief; höchst großartig aber ermüdend ist der Anblick; und 11 Stunden zu Kameele werden einem doch recht lang. - Mit Sonnenuntergang zum Lagerfleck, der gegen den Wind fast

etwa 1 Stunde bei uns aufhielt. Ich schrieb in der Eile einige Zeilen an Lepsius, die dieser vielleicht noch vor Berber empfangen wird. Um 7 Uhr etwa waren wir zum Aufbruch fertig, und marschirten in einem fort bis um ½ 6 Uhr Abends, also 10 ½ Stunden; man kann bei dem starken Schritt, in dem wir fortwährend bleiben, mindestens 1 Meile auf 1 ½ Stunde nehmen. Die Gegend wurde heut immer freier; die Berge heben sich aus der Ebene in verschiedensten Gestaltungen hervor; die Ebene aber dominirte; es war der Weg wie eine Diele, so eben, von 1" - 5" mit leichtem Sande überdeckt; Thäler, in denen die großartigsten Paraden abgehalten werden könnten; oft wohl mehr als 1 Meile breit und wohl 2 Meilen lang. Die Berge, wie schon öfter erwähnt, scheinen vulkanisch aus der Felsebene hervorgehoben; Alles ist Sandstein. Die Gebeine von gefallenen Kameelen werden heut unzählig und lassen die Straße nicht verfehlen; wo die Haut noch drüber ist, schimmern diese Kadaver grünlich, ein trostloser Anblick. Wunderbare Ausdauer der Kameeltreiber, die diese 10 ½ Stunden in großer Hitze unaufhörlich liefen, singend, tanzend, und fast nichts essend und trinkend, etwas Durrha ausgenommen, was sie so roh in den Mund nehmen. Gegen Sonnenuntergang kommen wir zur Lagerstatt, einem Platz, wo der bisherige Karakter der Wüste sich entschieden ändert; sie geht ganz in eine einzige Ebene über, woraus nur hier und da in der Entfernung kleine Bergkegel emporstehen. An diesem Fleck wurde den Leuten ein Backschisch verabreicht, gebräuchlicherweise für jeden Reisenden. - Wir sind Alle ziemlich zerschlagen. Den Tag über habe ich 2 kleine gedörrte Brödtchen gegessen, und damit [unleserliches Material]; eine [Semsamia] hängt an meinem Kameel. Am Vormittag litt ich an Leibschneiden und hatte etwas Diarrhoe, was sich aber am Nachmittag gelegt zu haben scheint; ich bin wohl und guter Dinge; der Caffee mundete uns heut Abend trefflich, jetzt wollen wir Linsen essen, da der Magen doch ziemlich leer ist. - Unser mitgenommenes Fleisch ist so muffig, daß ich nichts davon gegessen habe. Die Nacht habe ich trefflich geschlafen.

Mittwoch den 17ten Januar 1844. Mit Sonnenaufgang, etwa um ¾ 7 sind wir mit Aufpacken der Sachen fertig, und beginnen unsre Wanderung von Neuem ohne Unterbrechung bis ¾ 6, also 11 Stunden; der Tag ist sehr heiß, Ernst fällt heut vom Kameel, doch ohne Schaden zu nehmen. Die Wüste bildet heut eine unermeßliche Ebene, aber rings umher tauchten aus ihr doch kleinere Berggipfel empor. Die seit heut betretene Wüste nennt man Bachr bela ma; der Sand liegt selten über 4"-6" tief; höchst großartig aber ermüdend ist der Anblick; und 11 Stunden zu Kameele werden einem doch recht lang. - Mit Sonnenuntergang zum Lagerfleck, der gegen den Wind fast

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[101/0102] etwa 1 Stunde bei uns aufhielt. Ich schrieb in d Eile einige Zeilen an Lepsius, die dieser vielleicht noch vor Berber empfangen wird. Um 7 Uhr etwa waren wir zum Aufbruch fertig, d marschirten in einem fort bis um ½ 6 Uhr Abends, also 10 ½ Stunden; man kann bei dem starken Schritt, in dem wir fortwährend bleiben, mindestens 1 Ml auf 1 ½ Stunde nehmen. Die Gegend wurde heut immer freier; die Berge heben sich aus der Ebene in verschiedensten Gestaltungen hervor; die Ebene aber dominirte; es war der Weg wie eine Diele, so eben, von 1" - 5" mit leichtem Sande überdeckt; Thäler, in denen die großartigsten Paraden abgehalten werden könnten; oft wohl mehr als 1 Ml br d wohl 2 Ml lang. Die Berge, wie schon öfter erwähnt, scheinen vulkanisch aus der Felsebene hervorgehoben; Alles ist Sandstein. Die Gebeine von gefallenen Kameelen werden heut unzählig d lassen die Straße nicht verfehlen; wo die Haut noch drüber ist, schimmern diese Kadaver grünlich, ein trostloser Anblick. Wunderbare Ausdauer der Kameeltreiber, die diese 10 ½ St in großer Hitze unaufhörlich liefen, singend, tanzend, und fast nichts essend d trinkend, etwas Durrha ausgenommen, was sie so roh in d Mund nehmen. Gegen Sonnenuntergang kommen wir zur Lagerstatt, einem Platz, wo der bisherige Karakter d Wüste sich entschieden ändert; sie geht ganz in eine einzige Ebene über, woraus nur hier d da in der Entfernung kleine Bergkegel emporstehen. An diesem Fleck wurde den Leuten ein Backschisch verabreicht, gebräuchlicherweise für jeden Reisenden. - Wir sind Alle ziemlich zerschlagen. Den Tag über habe ich 2 kleine gedörrte Brödtchen gegessen, d damit _ ; eine Semsamia hängt an meinem Kameel. Am Vorm litt ich an Leibschneiden d hatte etwas Diarrhoe, was sich ab am Nachm gelegt zu haben scheint; ich bin wohl d guter Dinge; der Caffee mundete uns heut Abend trefflich, jetzt wollen wir Linsen essen, da der Magen doch ziemlich leer ist. - Unser mitgenommenes Fleisch ist so muffig, daß ich nichts davon gegessen habe. Die Nacht habe ich trefflich geschlafen. Mittwoch d 17ten Jan 1844. Mit Sonnenaufgang, etwa um ¾ 7 sind wir mit Aufpacken der Sachen fertig, und beginnen unsre Wanderung von Neuem ohne Unterbrechung bis ¾ 6, also 11 Stunden; der Tag ist sehr heiß, Ernst fällt heut v Kameel, doch ohne Schaden zu nehmen. Die Wüste bildet heut eine unermeßliche Ebene, aber rings umher tauchten aus ihr doch kleinere Berggipfel empor. Die seit heut betretene Wüste nennt man Bachr bela ma; der Sand liegt selten über 4"-6" tief; höchst großartig aber ermüdend ist d Anblick; d 11 Stunden zu Kameele werden einem doch recht lang. - Mit Sonnenuntergang zum Lagerfleck, der gegen d Wind fast

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Zitationshilfe: Erbkam, Georg Gustav: Tagebuch meiner egyptischen Reise. Teil 2. Ägypten, 1843-1844, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/erbkam_tagebuch02_1843/102>, abgerufen am 29.03.2024.