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Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.

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unnützes Gezäncke gerathen, behüten wollen. Ihro Parnassische Majestät
befahlen auch zugleich, solch vortreffliches Edict in eine metallene Tafel zu gies-
sen, und selbiges hernach bey die uralten Leges 12. tab. auf dem grossen Marckt
aufzuhencken. Die Herren Juristen waren damit übel zufrieden, und baten
Ihro Parnassische Majestät inständigst, daß dieselben mit ihnen nicht also ver-
fahren wolten. Denn im Fall solches Edict solte publiciret werden, würden
Ihrer viele daher Ursache nehmen, denen von Ancona, Norcia, Recanati und
andern nachzufolgen, welche, mit nicht geringer Beschimpffung derer freyen
Künste die Doctores Juris aus ihrem Rath abgeschaffet hätten, denen doch von
andern Völckern, so grosse Ehre erzeiget würde, daß sie gäntzlich dafür hiel-
ten, es könte ohne derer Juristen Beyfall und Gutheissen nichts löbliches ge-
schlossen werden. Sie verhofften aber es würden Ihro Parnassische Majestät
um so viel destomehr sich ihrer Sache annehmen, dieweil es zugleich Freyen
Künsten mitgülte, welche sich alle diejenigen, so Jura studieren, so hoch liessen
angelegen seyn, auch keine Mühe und Unkosten sparten, dieselbe zu erlernen. Es
hätte Niemand vermeynet, daß Ihro Parnassische Majestät sich so sehr über diese
derer Rechts-Gelehrten Bitte, die sie thaten, erzürnen solte. Allein er antworte-
te diesen Juristen mit der grösten Ungedult, wie er sich nicht genugsam verwun-
dern könte, daß sie in seiner Gegenwart vorgeben dörfften, als ob sie
so grosse Mühe und Unkosten auf die Freyen Kunste wendeten, da doch
das
Delphische Edict männiglichen bekannt wäre, in welchem das Stu-
dium Juris
nicht vor eine Freye Kunst sondern vor ein Handwerck wäre
erkannt worden, dadurch die Menschen, als mit einer sonderlichen
Straffe, zu martern und zu plagen, dabey weder Freude noch Er-
götzlichkeit zu gewarten, Auch kein sonderlicher Verstand erfordert
würde, und daß diejenigen guten Theils, so sich darauf legten, sol-
ches aus Geitz und schnöden Gewinnstes wegen thäten, den Bauch
mit Thalern, wie die Schweine den ihrigen mit Eicheln zu füllen.
Denn obschon solche Leute nicht gar hohen Verstandes wären wie zu
andern
Studiis erfordert wird, so könten sie doch gar leichtlich grosse
Advocaten werden, wann sie nur gute Ochsen-öpffe und starcke
Esels Rücken hätten, damit sie alle Arbeit ausstehen, und den Karrn
wacker in den Koth schieben könten.

Drit-

unnuͤtzes Gezaͤncke gerathen, behuͤten wollen. Ihro Parnaſſiſche Majeſtaͤt
befahlen auch zugleich, ſolch vortreffliches Edict in eine metallene Tafel zu gieſ-
ſen, und ſelbiges hernach bey die uralten Leges 12. tab. auf dem groſſen Marckt
aufzuhencken. Die Herren Juriſten waren damit uͤbel zufrieden, und baten
Ihro Parnaſſiſche Majeſtaͤt inſtaͤndigſt, daß dieſelben mit ihnen nicht alſo ver-
fahren wolten. Denn im Fall ſolches Edict ſolte publiciret werden, wuͤrden
Ihrer viele daher Urſache nehmen, denen von Ancona, Norcia, Recanati und
andern nachzufolgen, welche, mit nicht geringer Beſchimpffung derer freyen
Kuͤnſte die Doctores Juris aus ihrem Rath abgeſchaffet haͤtten, denen doch von
andern Voͤlckern, ſo groſſe Ehre erzeiget wuͤrde, daß ſie gaͤntzlich dafuͤr hiel-
ten, es koͤnte ohne derer Juriſten Beyfall und Gutheiſſen nichts loͤbliches ge-
ſchloſſen werden. Sie verhofften aber es wuͤrden Ihro Parnaſſiſche Majeſtaͤt
um ſo viel deſtomehr ſich ihrer Sache annehmen, dieweil es zugleich Freyen
Kuͤnſten mitguͤlte, welche ſich alle diejenigen, ſo Jura ſtudieren, ſo hoch lieſſen
angelegen ſeyn, auch keine Muͤhe und Unkoſten ſparten, dieſelbe zu erlernen. Es
haͤtte Niemand vermeynet, daß Ihro Parnaſſiſche Majeſtaͤt ſich ſo ſehr uͤber dieſe
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te dieſen Juriſten mit der groͤſten Ungedult, wie er ſich nicht genugſam verwun-
dern koͤnte, daß ſie in ſeiner Gegenwart vorgeben doͤrfften, als ob ſie
ſo groſſe Muͤhe und Unkoſten auf die Freyen Kůnſte wendeten, da doch
das
Delphiſche Edict maͤnniglichen bekannt waͤre, in welchem das Stu-
dium Juris
nicht vor eine Freye Kunſt ſondern vor ein Handwerck waͤre
erkannt worden, dadurch die Menſchen, als mit einer ſonderlichen
Straffe, zu martern und zu plagen, dabey weder Freude noch Er-
goͤtzlichkeit zu gewarten, Auch kein ſonderlicher Verſtand erfordert
wuͤrde, und daß diejenigen guten Theils, ſo ſich darauf legten, ſol-
ches aus Geitz und ſchnoͤden Gewinnſtes wegen thaͤten, den Bauch
mit Thalern, wie die Schweine den ihrigen mit Eicheln zu fuͤllen.
Denn obſchon ſolche Leute nicht gar hohen Verſtandes waͤren wie zu
andern
Studiis erfordert wird, ſo koͤnten ſie doch gar leichtlich groſſe
Advocaten werden, wann ſie nur gute Ochſen-oͤpffe und ſtarcke
Eſels Ruͤcken haͤtten, damit ſie alle Arbeit ausſtehen, und den Karrn
wacker in den Koth ſchieben koͤnten.

Drit-
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[151/0195] unnuͤtzes Gezaͤncke gerathen, behuͤten wollen. Ihro Parnaſſiſche Majeſtaͤt befahlen auch zugleich, ſolch vortreffliches Edict in eine metallene Tafel zu gieſ- ſen, und ſelbiges hernach bey die uralten Leges 12. tab. auf dem groſſen Marckt aufzuhencken. Die Herren Juriſten waren damit uͤbel zufrieden, und baten Ihro Parnaſſiſche Majeſtaͤt inſtaͤndigſt, daß dieſelben mit ihnen nicht alſo ver- fahren wolten. Denn im Fall ſolches Edict ſolte publiciret werden, wuͤrden Ihrer viele daher Urſache nehmen, denen von Ancona, Norcia, Recanati und andern nachzufolgen, welche, mit nicht geringer Beſchimpffung derer freyen Kuͤnſte die Doctores Juris aus ihrem Rath abgeſchaffet haͤtten, denen doch von andern Voͤlckern, ſo groſſe Ehre erzeiget wuͤrde, daß ſie gaͤntzlich dafuͤr hiel- ten, es koͤnte ohne derer Juriſten Beyfall und Gutheiſſen nichts loͤbliches ge- ſchloſſen werden. Sie verhofften aber es wuͤrden Ihro Parnaſſiſche Majeſtaͤt um ſo viel deſtomehr ſich ihrer Sache annehmen, dieweil es zugleich Freyen Kuͤnſten mitguͤlte, welche ſich alle diejenigen, ſo Jura ſtudieren, ſo hoch lieſſen angelegen ſeyn, auch keine Muͤhe und Unkoſten ſparten, dieſelbe zu erlernen. Es haͤtte Niemand vermeynet, daß Ihro Parnaſſiſche Majeſtaͤt ſich ſo ſehr uͤber dieſe derer Rechts-Gelehrten Bitte, die ſie thaten, erzuͤrnen ſolte. Allein er antworte- te dieſen Juriſten mit der groͤſten Ungedult, wie er ſich nicht genugſam verwun- dern koͤnte, daß ſie in ſeiner Gegenwart vorgeben doͤrfften, als ob ſie ſo groſſe Muͤhe und Unkoſten auf die Freyen Kůnſte wendeten, da doch das Delphiſche Edict maͤnniglichen bekannt waͤre, in welchem das Stu- dium Juris nicht vor eine Freye Kunſt ſondern vor ein Handwerck waͤre erkannt worden, dadurch die Menſchen, als mit einer ſonderlichen Straffe, zu martern und zu plagen, dabey weder Freude noch Er- goͤtzlichkeit zu gewarten, Auch kein ſonderlicher Verſtand erfordert wuͤrde, und daß diejenigen guten Theils, ſo ſich darauf legten, ſol- ches aus Geitz und ſchnoͤden Gewinnſtes wegen thaͤten, den Bauch mit Thalern, wie die Schweine den ihrigen mit Eicheln zu fuͤllen. Denn obſchon ſolche Leute nicht gar hohen Verſtandes waͤren wie zu andern Studiis erfordert wird, ſo koͤnten ſie doch gar leichtlich groſſe Advocaten werden, wann ſie nur gute Ochſen-oͤpffe und ſtarcke Eſels Ruͤcken haͤtten, damit ſie alle Arbeit ausſtehen, und den Karrn wacker in den Koth ſchieben koͤnten. Drit-

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Zitationshilfe: Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/195>, abgerufen am 29.03.2024.