Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

die ihm verliehene kurze Spanne Zeit bezahlen
mit einem auch hienieden ewig dauernden, so,
daß er, als dieser Einzelne, wenn auch nicht ge¬
nannt durch die Geschichte, (denn Durst nach
Nachruhm ist eine verächtliche Eitelkeit) den¬
noch in seinem eignen Bewußtseyn und seinem
Glauben offenbare, Denkmale hinterlasse, daß
auch Er da gewesen sey? Welcher Edeldenkende
will das nicht, sagte ich; aber nur nach den
Bedürfnissen der also denkenden, als der Re¬
gel, wie alle seyn sollten, ist die Welt zu be¬
trachten und einzurichten, und um ihrer willen
allein ist eine Welt da. Sie sind der Kern der¬
selben, und die anders denkenden sind, als
selbst nur ein Theil der vergänglichen Welt, so
lange sie also denken, auch nur um ihrer wil¬
len da, und müssen sich nach ihnen bequemen,
so lange, bis sie geworden sind, wie sie.

Was könnte es nun seyn, das dieser Auf¬
forderung und diesem Glauben des Edlen an
die Ewigkeit und Unvergänglichkeit seines Wer¬
kes, die Gewähr zu leisten vermöchte? Offenbar
nur eine Ordnung der Dinge, die er für selbst
ewig, und für fähig, ewiges in sich aufzuneh¬
men, anzuerkennen vermöchte. Eine solche

die ihm verliehene kurze Spanne Zeit bezahlen
mit einem auch hienieden ewig dauernden, ſo,
daß er, als dieſer Einzelne, wenn auch nicht ge¬
nannt durch die Geſchichte, (denn Durſt nach
Nachruhm iſt eine veraͤchtliche Eitelkeit) den¬
noch in ſeinem eignen Bewußtſeyn und ſeinem
Glauben offenbare, Denkmale hinterlaſſe, daß
auch Er da geweſen ſey? Welcher Edeldenkende
will das nicht, ſagte ich; aber nur nach den
Beduͤrfniſſen der alſo denkenden, als der Re¬
gel, wie alle ſeyn ſollten, iſt die Welt zu be¬
trachten und einzurichten, und um ihrer willen
allein iſt eine Welt da. Sie ſind der Kern der¬
ſelben, und die anders denkenden ſind, als
ſelbſt nur ein Theil der vergaͤnglichen Welt, ſo
lange ſie alſo denken, auch nur um ihrer wil¬
len da, und muͤſſen ſich nach ihnen bequemen,
ſo lange, bis ſie geworden ſind, wie ſie.

Was koͤnnte es nun ſeyn, das dieſer Auf¬
forderung und dieſem Glauben des Edlen an
die Ewigkeit und Unvergaͤnglichkeit ſeines Wer¬
kes, die Gewaͤhr zu leiſten vermoͤchte? Offenbar
nur eine Ordnung der Dinge, die er fuͤr ſelbſt
ewig, und fuͤr faͤhig, ewiges in ſich aufzuneh¬
men, anzuerkennen vermoͤchte. Eine ſolche

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0255" n="249"/>
die ihm verliehene kurze Spanne Zeit bezahlen<lb/>
mit einem auch hienieden ewig dauernden, &#x017F;o,<lb/>
daß er, als die&#x017F;er Einzelne, wenn auch nicht ge¬<lb/>
nannt durch die Ge&#x017F;chichte, (denn Dur&#x017F;t nach<lb/>
Nachruhm i&#x017F;t eine vera&#x0364;chtliche Eitelkeit) den¬<lb/>
noch in &#x017F;einem eignen Bewußt&#x017F;eyn und &#x017F;einem<lb/>
Glauben offenbare, Denkmale hinterla&#x017F;&#x017F;e, daß<lb/>
auch Er da gewe&#x017F;en &#x017F;ey? Welcher Edeldenkende<lb/>
will das nicht, &#x017F;agte ich; aber nur nach den<lb/>
Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;en der al&#x017F;o denkenden, als der Re¬<lb/>
gel, wie alle &#x017F;eyn &#x017F;ollten, i&#x017F;t die Welt zu be¬<lb/>
trachten und einzurichten, und um ihrer willen<lb/>
allein i&#x017F;t eine Welt da. Sie &#x017F;ind der Kern der¬<lb/>
&#x017F;elben, und die anders denkenden &#x017F;ind, als<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t nur ein Theil der verga&#x0364;nglichen Welt, &#x017F;o<lb/>
lange &#x017F;ie al&#x017F;o denken, auch nur um ihrer wil¬<lb/>
len da, und mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich nach ihnen bequemen,<lb/>
&#x017F;o lange, bis &#x017F;ie geworden &#x017F;ind, wie &#x017F;ie.</p><lb/>
        <p>Was ko&#x0364;nnte es nun &#x017F;eyn, das die&#x017F;er Auf¬<lb/>
forderung und die&#x017F;em Glauben des Edlen an<lb/>
die Ewigkeit und Unverga&#x0364;nglichkeit &#x017F;eines Wer¬<lb/>
kes, die Gewa&#x0364;hr zu lei&#x017F;ten vermo&#x0364;chte? Offenbar<lb/>
nur eine Ordnung der Dinge, die er fu&#x0364;r &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
ewig, und fu&#x0364;r fa&#x0364;hig, ewiges in &#x017F;ich aufzuneh¬<lb/>
men, anzuerkennen vermo&#x0364;chte. Eine &#x017F;olche<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[249/0255] die ihm verliehene kurze Spanne Zeit bezahlen mit einem auch hienieden ewig dauernden, ſo, daß er, als dieſer Einzelne, wenn auch nicht ge¬ nannt durch die Geſchichte, (denn Durſt nach Nachruhm iſt eine veraͤchtliche Eitelkeit) den¬ noch in ſeinem eignen Bewußtſeyn und ſeinem Glauben offenbare, Denkmale hinterlaſſe, daß auch Er da geweſen ſey? Welcher Edeldenkende will das nicht, ſagte ich; aber nur nach den Beduͤrfniſſen der alſo denkenden, als der Re¬ gel, wie alle ſeyn ſollten, iſt die Welt zu be¬ trachten und einzurichten, und um ihrer willen allein iſt eine Welt da. Sie ſind der Kern der¬ ſelben, und die anders denkenden ſind, als ſelbſt nur ein Theil der vergaͤnglichen Welt, ſo lange ſie alſo denken, auch nur um ihrer wil¬ len da, und muͤſſen ſich nach ihnen bequemen, ſo lange, bis ſie geworden ſind, wie ſie. Was koͤnnte es nun ſeyn, das dieſer Auf¬ forderung und dieſem Glauben des Edlen an die Ewigkeit und Unvergaͤnglichkeit ſeines Wer¬ kes, die Gewaͤhr zu leiſten vermoͤchte? Offenbar nur eine Ordnung der Dinge, die er fuͤr ſelbſt ewig, und fuͤr faͤhig, ewiges in ſich aufzuneh¬ men, anzuerkennen vermoͤchte. Eine ſolche

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/255
Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/255>, abgerufen am 25.04.2024.