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Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702.

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Frauen Ilsa Catharina Deneken / gebohrner Schirmerin / des weiland Hochwürdigen / Vest- und Hochgelahrten Herrn / Herrn Johann Deneken / des Hochlöbl. Igfr. Convents hiesigen Marienbergischen Closters Treuverdienten Probsten auch Canonici des Stiffts S. Cyriaci in Braunschweig / nachgelassener Witwen. Diese ists / welche Gott mit so vielen Jahren gesättiget. Gewiß hier findet sich etwas merckwürdiges und seltsahmes / wovon man unter so viel 100000 nicht ein eintziges Exempel findet. Wie gar selten begibt sichs wol / daß eine 90jährige Mutter den Tod eines 68jährigen Sohns beweinet / wie diese gethan / und von einem 71jährigen Sohn erst in Ihrem 94sten Jahr beweinet wird / wie dieser wiederfähret. In einigen Insuln der neuen Welt mügte es seyn / daß die meisten Leute wegen der gesunden Lufft 100 Jahr alt werden; Bey uns haben wir zwar auch Gott für andern für gesunde Lufft zu dancken / aber so lange zu leben / ist dennoch keine Mode / und also um destomehr zuverwundern / daß Die Seel. Fr. Pröbstinn dieses voraus gehabt / 94 Jahr zuerreichen / und die älteste in dieser Stadt zu werden. Doch ob Sie gleich 94 Jahr gelebet / ob Sie gleich die Aelteste worden / so haben dennoch Ihre Jahre endlich ein Ende nehmen müssen. Auf der Totenbahre / welche vor etwa 2 Stunden vor M. H. A. hergetragen wurde / war Ihr erblaßter Leichnam / welcher nunmehro die Erde / weil er Erdewar / wieder in ihrem Schooß genommen. Bey diesem Begräbniß fält mir die Frage des Nicodemi ein / welcher in dem Evangelio des Trinitatis-Festes / als in dessen erfolgter Nacht

Frauen Ilsa Catharina Deneken / gebohrner Schirmerin / des weiland Hochwürdigen / Vest- und Hochgelahrten Herrn / Herrn Johann Deneken / des Hochlöbl. Igfr. Convents hiesigen Marienbergischen Closters Treuverdienten Probsten auch Canonici des Stiffts S. Cyriaci in Braunschweig / nachgelassener Witwen. Diese ists / welche Gott mit so vielen Jahren gesättiget. Gewiß hier findet sich etwas merckwürdiges und seltsahmes / wovon man unter so viel 100000 nicht ein eintziges Exempel findet. Wie gar selten begibt sichs wol / daß eine 90jährige Mutter den Tod eines 68jährigen Sohns beweinet / wie diese gethan / und von einem 71jährigen Sohn erst in Ihrem 94sten Jahr beweinet wird / wie dieser wiederfähret. In einigen Insuln der neuen Welt mügte es seyn / daß die meisten Leute wegen der gesunden Lufft 100 Jahr alt werden; Bey uns haben wir zwar auch Gott für andern für gesunde Lufft zu dancken / aber so lange zu leben / ist dennoch keine Mode / und also um destomehr zuverwundern / daß Die Seel. Fr. Pröbstinn dieses voraus gehabt / 94 Jahr zuerreichen / und die älteste in dieser Stadt zu werden. Doch ob Sie gleich 94 Jahr gelebet / ob Sie gleich die Aelteste worden / so haben dennoch Ihre Jahre endlich ein Ende nehmen müssen. Auf der Totenbahre / welche vor etwa 2 Stunden vor M. H. A. hergetragen wurde / war Ihr erblaßter Leichnam / welcher nunmehro die Erde / weil er Erdewar / wieder in ihrem Schooß genommen. Bey diesem Begräbniß fält mir die Frage des Nicodemi ein / welcher in dem Evangelio des Trinitatis-Festes / als in dessen erfolgter Nacht

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                     Jahren gesättiget. Gewiß hier findet sich etwas merckwürdiges und seltsahmes /
                     wovon man unter so viel 100000 nicht ein eintziges Exempel findet. Wie gar
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                     Sohns beweinet / wie diese gethan / und von einem 71jährigen Sohn erst in Ihrem
                     94sten Jahr beweinet wird / wie dieser wiederfähret. In einigen Insuln der neuen
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                     werden; Bey uns haben wir zwar auch Gott für andern für gesunde Lufft zu dancken
                     / aber so lange zu leben / ist dennoch keine Mode / und also um destomehr
                     zuverwundern / daß Die Seel. Fr. Pröbstinn dieses voraus gehabt / 94 Jahr
                     zuerreichen / und die älteste in dieser Stadt zu werden. Doch ob Sie gleich 94
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                     endlich ein Ende nehmen müssen. Auf der Totenbahre / welche vor etwa 2 Stunden
                     vor M. H. A. hergetragen wurde / war Ihr erblaßter Leichnam / welcher nunmehro
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[144/0150] Frauen Ilsa Catharina Deneken / gebohrner Schirmerin / des weiland Hochwürdigen / Vest- und Hochgelahrten Herrn / Herrn Johann Deneken / des Hochlöbl. Igfr. Convents hiesigen Marienbergischen Closters Treuverdienten Probsten auch Canonici des Stiffts S. Cyriaci in Braunschweig / nachgelassener Witwen. Diese ists / welche Gott mit so vielen Jahren gesättiget. Gewiß hier findet sich etwas merckwürdiges und seltsahmes / wovon man unter so viel 100000 nicht ein eintziges Exempel findet. Wie gar selten begibt sichs wol / daß eine 90jährige Mutter den Tod eines 68jährigen Sohns beweinet / wie diese gethan / und von einem 71jährigen Sohn erst in Ihrem 94sten Jahr beweinet wird / wie dieser wiederfähret. In einigen Insuln der neuen Welt mügte es seyn / daß die meisten Leute wegen der gesunden Lufft 100 Jahr alt werden; Bey uns haben wir zwar auch Gott für andern für gesunde Lufft zu dancken / aber so lange zu leben / ist dennoch keine Mode / und also um destomehr zuverwundern / daß Die Seel. Fr. Pröbstinn dieses voraus gehabt / 94 Jahr zuerreichen / und die älteste in dieser Stadt zu werden. Doch ob Sie gleich 94 Jahr gelebet / ob Sie gleich die Aelteste worden / so haben dennoch Ihre Jahre endlich ein Ende nehmen müssen. Auf der Totenbahre / welche vor etwa 2 Stunden vor M. H. A. hergetragen wurde / war Ihr erblaßter Leichnam / welcher nunmehro die Erde / weil er Erdewar / wieder in ihrem Schooß genommen. Bey diesem Begräbniß fält mir die Frage des Nicodemi ein / welcher in dem Evangelio des Trinitatis-Festes / als in dessen erfolgter Nacht

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Zitationshilfe: Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/finen_dankreden_1702/150>, abgerufen am 19.04.2024.