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Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883.

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kommen, es geht ins Litterarische hinüber, und so
möcht' ich denn auch annehmen, daß uns Herr Sander
das Rätsel lösen wird."

"Ich will es wenigstens versuchen, gnädigste Frau,
wobei mir Ihr Zutrauen vielleicht eine gewisse Weihe¬
kraft, oder sagen wirs lieber rund heraus, eine gewisse
,Weihe der Kraft' verleihen wird."

"O vorzüglich. Ja, Zacharias Werner war hier.
Leider waren wir aus, und so sind wir denn um den
uns zugedachten Besuch gekommen. Ich hab es sehr
bedauert."

"Sie sollten sich umgekehrt beglückwünschen, einer
Enttäuschung entgangen zu sein" nahm Bülow das Wort.
"Es ist selten, daß die Dichter der Vorstellung entsprechen,
die wir uns von ihnen machen. Wir erwarten einen Olym¬
pier, einen Nektar- und Ambrosia- und sehen statt
dessen einen Gourmand einen Putenbraten verzehren;
wir erwarten Mitteilungen aus seiner geheimsten
Zwiesprach mit den Göttern und hören ihn von
seinem letzten Orden erzählen oder wohl gar die aller¬
gnädigsten Worte zitieren, die Serenissimus über das
jüngste Kind seiner Muse geäußert hat. Vielleicht
auch Serenissima, was immer das denkbar Albernste
bedeutet".

"Aber doch schließlich nichts Alberneres, als das
Urteil solcher, die den Vorzug haben, in einem

kommen, es geht ins Litterariſche hinüber, und ſo
möcht' ich denn auch annehmen, daß uns Herr Sander
das Rätſel löſen wird.“

„Ich will es wenigſtens verſuchen, gnädigſte Frau,
wobei mir Ihr Zutrauen vielleicht eine gewiſſe Weihe¬
kraft, oder ſagen wirs lieber rund heraus, eine gewiſſe
,Weihe der Kraft' verleihen wird.“

„O vorzüglich. Ja, Zacharias Werner war hier.
Leider waren wir aus, und ſo ſind wir denn um den
uns zugedachten Beſuch gekommen. Ich hab es ſehr
bedauert.“

„Sie ſollten ſich umgekehrt beglückwünſchen, einer
Enttäuſchung entgangen zu ſein“ nahm Bülow das Wort.
„Es iſt ſelten, daß die Dichter der Vorſtellung entſprechen,
die wir uns von ihnen machen. Wir erwarten einen Olym¬
pier, einen Nektar- und Ambroſia- und ſehen ſtatt
deſſen einen Gourmand einen Putenbraten verzehren;
wir erwarten Mitteilungen aus ſeiner geheimſten
Zwieſprach mit den Göttern und hören ihn von
ſeinem letzten Orden erzählen oder wohl gar die aller¬
gnädigſten Worte zitieren, die Sereniſſimus über das
jüngſte Kind ſeiner Muſe geäußert hat. Vielleicht
auch Sereniſſima, was immer das denkbar Albernſte
bedeutet“.

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[13/0025] kommen, es geht ins Litterariſche hinüber, und ſo möcht' ich denn auch annehmen, daß uns Herr Sander das Rätſel löſen wird.“ „Ich will es wenigſtens verſuchen, gnädigſte Frau, wobei mir Ihr Zutrauen vielleicht eine gewiſſe Weihe¬ kraft, oder ſagen wirs lieber rund heraus, eine gewiſſe ,Weihe der Kraft' verleihen wird.“ „O vorzüglich. Ja, Zacharias Werner war hier. Leider waren wir aus, und ſo ſind wir denn um den uns zugedachten Beſuch gekommen. Ich hab es ſehr bedauert.“ „Sie ſollten ſich umgekehrt beglückwünſchen, einer Enttäuſchung entgangen zu ſein“ nahm Bülow das Wort. „Es iſt ſelten, daß die Dichter der Vorſtellung entſprechen, die wir uns von ihnen machen. Wir erwarten einen Olym¬ pier, einen Nektar- und Ambroſia- und ſehen ſtatt deſſen einen Gourmand einen Putenbraten verzehren; wir erwarten Mitteilungen aus ſeiner geheimſten Zwieſprach mit den Göttern und hören ihn von ſeinem letzten Orden erzählen oder wohl gar die aller¬ gnädigſten Worte zitieren, die Sereniſſimus über das jüngſte Kind ſeiner Muſe geäußert hat. Vielleicht auch Sereniſſima, was immer das denkbar Albernſte bedeutet“. „Aber doch ſchließlich nichts Alberneres, als das Urteil ſolcher, die den Vorzug haben, in einem

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/25>, abgerufen am 19.04.2024.