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Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883.

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Victoire sah ihnen betroffen nach, und sann nach
über den Tausch, den Schach mit keinem Worte der
Entschuldigung begleitet hatte. "Was war das?" Und
sie verfärbte sich, als sie sich, aus einem plötzlichen
Argwohn heraus, die selbstgestellte Frage beant¬
wortet hatte.

Von einem Wiederplatznehmen vor dem Gast¬
hause war keine Rede mehr, und man gab es um so
leichter und lieber auf, als es inzwischen kühl ge¬
worden und der Wind, der den ganzen Tag über
geweht hatte, nach Nordwesten hin umgesprungen war.

Tante Marguerite bat sich den Rücksitz aus, "um
nicht gegen dem Winde zu fahren."

Niemand widersprach. So nahm sie denn den
erbetenen Platz, und während jeder in Schweigen
überdachte, was ihm der Nachmittag gebracht hatte,
ging es in immer rascherer Fahrt wieder auf die
Stadt zurück.

Diese lage schon in Dämmer als man bis an
den Abhang der Kreuzberghöhe gekommen war und
nur die beiden Gensdarmentürme ragten noch mit
ihren Kuppeln aus dem graublauen Nebel empor.


Victoire ſah ihnen betroffen nach, und ſann nach
über den Tauſch, den Schach mit keinem Worte der
Entſchuldigung begleitet hatte. „Was war das?“ Und
ſie verfärbte ſich, als ſie ſich, aus einem plötzlichen
Argwohn heraus, die ſelbſtgeſtellte Frage beant¬
wortet hatte.

Von einem Wiederplatznehmen vor dem Gaſt¬
hauſe war keine Rede mehr, und man gab es um ſo
leichter und lieber auf, als es inzwiſchen kühl ge¬
worden und der Wind, der den ganzen Tag über
geweht hatte, nach Nordweſten hin umgeſprungen war.

Tante Marguerite bat ſich den Rückſitz aus, „um
nicht gegen dem Winde zu fahren.“

Niemand widerſprach. So nahm ſie denn den
erbetenen Platz, und während jeder in Schweigen
überdachte, was ihm der Nachmittag gebracht hatte,
ging es in immer raſcherer Fahrt wieder auf die
Stadt zurück.

Dieſe lage ſchon in Dämmer als man bis an
den Abhang der Kreuzberghöhe gekommen war und
nur die beiden Gensdarmentürme ragten noch mit
ihren Kuppeln aus dem graublauen Nebel empor.


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[60/0072] Victoire ſah ihnen betroffen nach, und ſann nach über den Tauſch, den Schach mit keinem Worte der Entſchuldigung begleitet hatte. „Was war das?“ Und ſie verfärbte ſich, als ſie ſich, aus einem plötzlichen Argwohn heraus, die ſelbſtgeſtellte Frage beant¬ wortet hatte. Von einem Wiederplatznehmen vor dem Gaſt¬ hauſe war keine Rede mehr, und man gab es um ſo leichter und lieber auf, als es inzwiſchen kühl ge¬ worden und der Wind, der den ganzen Tag über geweht hatte, nach Nordweſten hin umgeſprungen war. Tante Marguerite bat ſich den Rückſitz aus, „um nicht gegen dem Winde zu fahren.“ Niemand widerſprach. So nahm ſie denn den erbetenen Platz, und während jeder in Schweigen überdachte, was ihm der Nachmittag gebracht hatte, ging es in immer raſcherer Fahrt wieder auf die Stadt zurück. Dieſe lage ſchon in Dämmer als man bis an den Abhang der Kreuzberghöhe gekommen war und nur die beiden Gensdarmentürme ragten noch mit ihren Kuppeln aus dem graublauen Nebel empor.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/72>, abgerufen am 19.04.2024.