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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826.

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und ihrer Herr ist, der entscheidet darüber,
ob zwei Kampfgefährten bei derselben Fahne
bleiben, oder ihre Farbe wechseln wollen?
Sie fallen nicht mattherzig auseinander, sie
reißen sich kräftig los und stehen für die
nächsten Stunden gegenüber in den feindlich
gesinnten Reihen. Wer auch Sieger bleibe?
Der Friede, das weiß man vorher, wechselt
die Gefangnen aus und versöhnt den Streit
der Meinungen. Wo sich im Treiben der
Welt Wahrheit und Leben spürt, da ist der
Punkt abzusehen, von welchem beide in eine
höhere Wahrheit hineinfließen.

Die kleinen Cotterien der Frauen, ihre
Comitenen, ihre sentimentalen, oder Gewohn-
heitsverbindungen, haben nur dann Leben,
wenn das Geschick gleichsam mit harter Hand
die heilige Wahrheit großer und aufopfern-
der Gefühle aus dem Grunde ihres Jnnern
heraufriß, und die spielende Vertraulichkeit
zu ächterem Vertrauen umschuf. Mitleid,
Theilnahme, Hülfe von der einen, und Be-
dürftigkeit von der andern Seite, müssen die
täuschenden Vorstellungen, von dem, was

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und ihrer Herr iſt, der entſcheidet daruͤber,
ob zwei Kampfgefaͤhrten bei derſelben Fahne
bleiben, oder ihre Farbe wechſeln wollen?
Sie fallen nicht mattherzig auseinander, ſie
reißen ſich kraͤftig los und ſtehen fuͤr die
naͤchſten Stunden gegenuͤber in den feindlich
geſinnten Reihen. Wer auch Sieger bleibe?
Der Friede, das weiß man vorher, wechſelt
die Gefangnen aus und verſoͤhnt den Streit
der Meinungen. Wo ſich im Treiben der
Welt Wahrheit und Leben ſpuͤrt, da iſt der
Punkt abzuſehen, von welchem beide in eine
hoͤhere Wahrheit hineinfließen.

Die kleinen Cotterien der Frauen, ihre
Comitẽen, ihre ſentimentalen, oder Gewohn-
heitsverbindungen, haben nur dann Leben,
wenn das Geſchick gleichſam mit harter Hand
die heilige Wahrheit großer und aufopfern-
der Gefuͤhle aus dem Grunde ihres Jnnern
heraufriß, und die ſpielende Vertraulichkeit
zu aͤchterem Vertrauen umſchuf. Mitleid,
Theilnahme, Huͤlfe von der einen, und Be-
duͤrftigkeit von der andern Seite, muͤſſen die
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[145/0149] und ihrer Herr iſt, der entſcheidet daruͤber, ob zwei Kampfgefaͤhrten bei derſelben Fahne bleiben, oder ihre Farbe wechſeln wollen? Sie fallen nicht mattherzig auseinander, ſie reißen ſich kraͤftig los und ſtehen fuͤr die naͤchſten Stunden gegenuͤber in den feindlich geſinnten Reihen. Wer auch Sieger bleibe? Der Friede, das weiß man vorher, wechſelt die Gefangnen aus und verſoͤhnt den Streit der Meinungen. Wo ſich im Treiben der Welt Wahrheit und Leben ſpuͤrt, da iſt der Punkt abzuſehen, von welchem beide in eine hoͤhere Wahrheit hineinfließen. Die kleinen Cotterien der Frauen, ihre Comitẽen, ihre ſentimentalen, oder Gewohn- heitsverbindungen, haben nur dann Leben, wenn das Geſchick gleichſam mit harter Hand die heilige Wahrheit großer und aufopfern- der Gefuͤhle aus dem Grunde ihres Jnnern heraufriß, und die ſpielende Vertraulichkeit zu aͤchterem Vertrauen umſchuf. Mitleid, Theilnahme, Huͤlfe von der einen, und Be- duͤrftigkeit von der andern Seite, muͤſſen die taͤuſchenden Vorſtellungen, von dem, was 10

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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/149>, abgerufen am 24.04.2024.