Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.

Bild:
<< vorherige Seite

wesen. Und nun hat er mein Leben gerettet! Ich
bin noch ganz betäubt, kann nicht klar denken. Bald
mehr, Ihr Geliebten

von Eurer Klara.

Eugen Schmidthammer an Toni Emmer.

O, mein Freund, dies Klärchen! Hast Du von
der Feuersbrunst gehört, die heut' Nacht hier sieben
Häuser in Asche gelegt hat? Denke Dir, die Kleine
lief einem Schweinchen nach in einen brennenden
Stall, das unbesonnene, hochherzige Kind, -- ich war
in der Nähe, und hab' sie herausholen dürfen! Mir
ist's wie ein Traum, daß ich sie auf den Armen hielt.
Aber nun? was soll ich jetzt thun? Mir ihre Dank¬
barkeit zu Nutze machen? Das wäre nicht mein Ge¬
schmack! Soll ich --

(Drei Stunden später.) Toni, mein alter Junge,
wenn ich je wieder vom geraden Wege weiche, dann
heiß' mich einen Schuft, einen Verlorenen, Alles, was
Du willst! Denke Dir, sie sind hier gewesen, hier
bei mir, alle drei, Vater, Mutter und Kind, um zu
sehen, ob ich auch heil und gesund sei! Und nach¬

weſen. Und nun hat er mein Leben gerettet! Ich
bin noch ganz betäubt, kann nicht klar denken. Bald
mehr, Ihr Geliebten

von Eurer Klara.

Eugen Schmidthammer an Toni Emmer.

O, mein Freund, dies Klärchen! Haſt Du von
der Feuersbrunſt gehört, die heut' Nacht hier ſieben
Häuſer in Aſche gelegt hat? Denke Dir, die Kleine
lief einem Schweinchen nach in einen brennenden
Stall, das unbeſonnene, hochherzige Kind, — ich war
in der Nähe, und hab' ſie herausholen dürfen! Mir
iſt's wie ein Traum, daß ich ſie auf den Armen hielt.
Aber nun? was ſoll ich jetzt thun? Mir ihre Dank¬
barkeit zu Nutze machen? Das wäre nicht mein Ge¬
ſchmack! Soll ich —

(Drei Stunden ſpäter.) Toni, mein alter Junge,
wenn ich je wieder vom geraden Wege weiche, dann
heiß' mich einen Schuft, einen Verlorenen, Alles, was
Du willſt! Denke Dir, ſie ſind hier geweſen, hier
bei mir, alle drei, Vater, Mutter und Kind, um zu
ſehen, ob ich auch heil und geſund ſei! Und nach¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="letter" n="2">
          <p><pb facs="#f0276" n="260"/>
we&#x017F;en. Und nun hat er mein Leben gerettet! Ich<lb/>
bin noch ganz betäubt, kann nicht klar denken. Bald<lb/>
mehr, Ihr Geliebten</p><lb/>
          <closer>
            <salute> <hi rendition="#et">von Eurer Klara.</hi> </salute>
          </closer><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
        <div type="letter" n="2">
          <head><hi rendition="#g">Eugen Schmidthammer an Toni Emmer</hi>.<lb/></head>
          <opener>
            <dateline rendition="#right">Go&#x017F;&#x017F;en&#x017F;aß, 23. April. </dateline>
          </opener><lb/>
          <p>O, mein Freund, dies Klärchen! Ha&#x017F;t Du von<lb/>
der Feuersbrun&#x017F;t gehört, die heut' Nacht hier &#x017F;ieben<lb/>
Häu&#x017F;er in A&#x017F;che gelegt hat? Denke Dir, die Kleine<lb/>
lief einem Schweinchen nach in einen brennenden<lb/>
Stall, das unbe&#x017F;onnene, hochherzige Kind, &#x2014; ich war<lb/>
in der Nähe, und hab' &#x017F;ie herausholen dürfen! Mir<lb/>
i&#x017F;t's wie ein Traum, daß ich &#x017F;ie auf den Armen hielt.<lb/>
Aber nun? was &#x017F;oll ich jetzt thun? Mir ihre Dank¬<lb/>
barkeit zu Nutze machen? Das wäre nicht mein Ge¬<lb/>
&#x017F;chmack! Soll ich &#x2014;</p><lb/>
          <p>(Drei Stunden &#x017F;päter.) Toni, mein alter Junge,<lb/>
wenn ich je wieder vom geraden Wege weiche, dann<lb/>
heiß' mich einen Schuft, einen Verlorenen, Alles, was<lb/>
Du will&#x017F;t! Denke Dir, &#x017F;ie &#x017F;ind hier gewe&#x017F;en, hier<lb/>
bei mir, alle drei, Vater, Mutter und Kind, um zu<lb/>
&#x017F;ehen, ob ich auch heil und ge&#x017F;und &#x017F;ei! Und nach¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[260/0276] weſen. Und nun hat er mein Leben gerettet! Ich bin noch ganz betäubt, kann nicht klar denken. Bald mehr, Ihr Geliebten von Eurer Klara. Eugen Schmidthammer an Toni Emmer. Goſſenſaß, 23. April. O, mein Freund, dies Klärchen! Haſt Du von der Feuersbrunſt gehört, die heut' Nacht hier ſieben Häuſer in Aſche gelegt hat? Denke Dir, die Kleine lief einem Schweinchen nach in einen brennenden Stall, das unbeſonnene, hochherzige Kind, — ich war in der Nähe, und hab' ſie herausholen dürfen! Mir iſt's wie ein Traum, daß ich ſie auf den Armen hielt. Aber nun? was ſoll ich jetzt thun? Mir ihre Dank¬ barkeit zu Nutze machen? Das wäre nicht mein Ge¬ ſchmack! Soll ich — (Drei Stunden ſpäter.) Toni, mein alter Junge, wenn ich je wieder vom geraden Wege weiche, dann heiß' mich einen Schuft, einen Verlorenen, Alles, was Du willſt! Denke Dir, ſie ſind hier geweſen, hier bei mir, alle drei, Vater, Mutter und Kind, um zu ſehen, ob ich auch heil und geſund ſei! Und nach¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/276
Zitationshilfe: Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/276>, abgerufen am 25.04.2024.