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Gercke, Hermann: Die Torpedowaffe. Berlin, 1898.

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8. Kapitel. Die Anforderungen an kriegsbrauchbare Torpedoboote etc.
vorräthe mit, so tritt nunmehr eine weitere Ueberlegung in ihr
Recht. Es ist dieses die Rücksicht, welche man auf die Besatzungen
zu nehmen hat. Je kleiner das Boot, desto unwohnlicher ist es,
desto mehr ist die Mannschaft den Einflüssen von Wind und Wetter,
der Schlaflosigkeit, schlechten Ernährung etc., mit einem Worte der
Erschöpfung ausgesetzt, desto früher wird es nothwendig, das Boot
einen Hafen aufsuchen zu lassen, desto weniger ist es für den Ernst-
fall bereit. Es ist die Seeausdauer, welche eine gewisse Größe
der Boote gebieterisch verlangt. Friedrich der Große sagte, daß eine
Armee sich so schlüge, wie man sie ernähre. Es gilt das auch für
Torpedobootsbesatzungen, nur möchte man hier noch hinzufügen, daß
diese sich so schlagen werden, wie man sie ernährt hat und wie man
sie hat ausruhen lassen, denn der Dienst stellt hohe Anforderungen.
Die Besatzung von 16 bis 20 Köpfen geht in zwei Wachen, wobei
außer den Maschinen auch noch die Torpedos nebst Luftpumpen
bedient sein wollen. Man stelle sich schlechtes Wetter vor mit allen
seinen Folgen, wie überstürzende Seen (Wellen), Nässe, Kälte,
Schlaflosigkeit und last not least Seekrankheit, welche gelegentlich
wieder die weitgefahrensten Seeleute befällt (man denke an das
Schwanken des Bootes, das Schütteln der Maschine, an die durch
Oeldunst und nasse Kleider verdorbene Luft in den engen Räumen),
man denke an die Aufregung des Dienstes, wie Auslugen nach dem
Feinde, Steuern, Signalisiren, Heizen, Feuerreinigen etc., so wird
es einleuchten, daß man allzulange die Boote nicht wird auf hoher
See halten können, wenn man einer Uebermüdung vorbeugen will.

Um so erfreulicher ist es zu sehen, wie gern unsere Mann-
schaften an Bord von Torpedobooten gehen. Schon bei vielen
Gelegenheiten hat es sich gezeigt, mit welchem Eifer die Leute dem
schweren und gefahrvollen Dienste in Booten -- z. B. während der
Blockade der ostafrikanischen Küste -- obliegen. Es mag zum
Theile dem Umstande zuzuschreiben sein, daß eine strenge Etiquette
sich nicht durchführen läßt, daß die Persönlichkeit des Einzelnen mehr
in den Vordergrund tritt wie an Bord von Schiffen; gewiß ist,
daß die Mannschaften sich wohl befinden. Freilich geschieht auch
Alles, was möglich ist, um den Dienst erträglich und anregend zu
machen; voller Abwechselung ist er jedenfalls. Es sind auch aus-
gesuchte, intelligente, tüchtige und kräftige Leute, welche den Dienst zu

8. Kapitel. Die Anforderungen an kriegsbrauchbare Torpedoboote etc.
vorräthe mit, ſo tritt nunmehr eine weitere Ueberlegung in ihr
Recht. Es iſt dieſes die Rückſicht, welche man auf die Beſatzungen
zu nehmen hat. Je kleiner das Boot, deſto unwohnlicher iſt es,
deſto mehr iſt die Mannſchaft den Einflüſſen von Wind und Wetter,
der Schlafloſigkeit, ſchlechten Ernährung etc., mit einem Worte der
Erſchöpfung ausgeſetzt, deſto früher wird es nothwendig, das Boot
einen Hafen aufſuchen zu laſſen, deſto weniger iſt es für den Ernſt-
fall bereit. Es iſt die Seeausdauer, welche eine gewiſſe Größe
der Boote gebieteriſch verlangt. Friedrich der Große ſagte, daß eine
Armee ſich ſo ſchlüge, wie man ſie ernähre. Es gilt das auch für
Torpedobootsbeſatzungen, nur möchte man hier noch hinzufügen, daß
dieſe ſich ſo ſchlagen werden, wie man ſie ernährt hat und wie man
ſie hat ausruhen laſſen, denn der Dienſt ſtellt hohe Anforderungen.
Die Beſatzung von 16 bis 20 Köpfen geht in zwei Wachen, wobei
außer den Maſchinen auch noch die Torpedos nebſt Luftpumpen
bedient ſein wollen. Man ſtelle ſich ſchlechtes Wetter vor mit allen
ſeinen Folgen, wie überſtürzende Seen (Wellen), Näſſe, Kälte,
Schlafloſigkeit und last not least Seekrankheit, welche gelegentlich
wieder die weitgefahrenſten Seeleute befällt (man denke an das
Schwanken des Bootes, das Schütteln der Maſchine, an die durch
Oeldunſt und naſſe Kleider verdorbene Luft in den engen Räumen),
man denke an die Aufregung des Dienſtes, wie Auslugen nach dem
Feinde, Steuern, Signaliſiren, Heizen, Feuerreinigen etc., ſo wird
es einleuchten, daß man allzulange die Boote nicht wird auf hoher
See halten können, wenn man einer Uebermüdung vorbeugen will.

Um ſo erfreulicher iſt es zu ſehen, wie gern unſere Mann-
ſchaften an Bord von Torpedobooten gehen. Schon bei vielen
Gelegenheiten hat es ſich gezeigt, mit welchem Eifer die Leute dem
ſchweren und gefahrvollen Dienſte in Booten — z. B. während der
Blockade der oſtafrikaniſchen Küſte — obliegen. Es mag zum
Theile dem Umſtande zuzuſchreiben ſein, daß eine ſtrenge Etiquette
ſich nicht durchführen läßt, daß die Perſönlichkeit des Einzelnen mehr
in den Vordergrund tritt wie an Bord von Schiffen; gewiß iſt,
daß die Mannſchaften ſich wohl befinden. Freilich geſchieht auch
Alles, was möglich iſt, um den Dienſt erträglich und anregend zu
machen; voller Abwechſelung iſt er jedenfalls. Es ſind auch aus-
geſuchte, intelligente, tüchtige und kräftige Leute, welche den Dienſt zu

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[73/0091] 8. Kapitel. Die Anforderungen an kriegsbrauchbare Torpedoboote etc. vorräthe mit, ſo tritt nunmehr eine weitere Ueberlegung in ihr Recht. Es iſt dieſes die Rückſicht, welche man auf die Beſatzungen zu nehmen hat. Je kleiner das Boot, deſto unwohnlicher iſt es, deſto mehr iſt die Mannſchaft den Einflüſſen von Wind und Wetter, der Schlafloſigkeit, ſchlechten Ernährung etc., mit einem Worte der Erſchöpfung ausgeſetzt, deſto früher wird es nothwendig, das Boot einen Hafen aufſuchen zu laſſen, deſto weniger iſt es für den Ernſt- fall bereit. Es iſt die Seeausdauer, welche eine gewiſſe Größe der Boote gebieteriſch verlangt. Friedrich der Große ſagte, daß eine Armee ſich ſo ſchlüge, wie man ſie ernähre. Es gilt das auch für Torpedobootsbeſatzungen, nur möchte man hier noch hinzufügen, daß dieſe ſich ſo ſchlagen werden, wie man ſie ernährt hat und wie man ſie hat ausruhen laſſen, denn der Dienſt ſtellt hohe Anforderungen. Die Beſatzung von 16 bis 20 Köpfen geht in zwei Wachen, wobei außer den Maſchinen auch noch die Torpedos nebſt Luftpumpen bedient ſein wollen. Man ſtelle ſich ſchlechtes Wetter vor mit allen ſeinen Folgen, wie überſtürzende Seen (Wellen), Näſſe, Kälte, Schlafloſigkeit und last not least Seekrankheit, welche gelegentlich wieder die weitgefahrenſten Seeleute befällt (man denke an das Schwanken des Bootes, das Schütteln der Maſchine, an die durch Oeldunſt und naſſe Kleider verdorbene Luft in den engen Räumen), man denke an die Aufregung des Dienſtes, wie Auslugen nach dem Feinde, Steuern, Signaliſiren, Heizen, Feuerreinigen etc., ſo wird es einleuchten, daß man allzulange die Boote nicht wird auf hoher See halten können, wenn man einer Uebermüdung vorbeugen will. Um ſo erfreulicher iſt es zu ſehen, wie gern unſere Mann- ſchaften an Bord von Torpedobooten gehen. Schon bei vielen Gelegenheiten hat es ſich gezeigt, mit welchem Eifer die Leute dem ſchweren und gefahrvollen Dienſte in Booten — z. B. während der Blockade der oſtafrikaniſchen Küſte — obliegen. Es mag zum Theile dem Umſtande zuzuſchreiben ſein, daß eine ſtrenge Etiquette ſich nicht durchführen läßt, daß die Perſönlichkeit des Einzelnen mehr in den Vordergrund tritt wie an Bord von Schiffen; gewiß iſt, daß die Mannſchaften ſich wohl befinden. Freilich geſchieht auch Alles, was möglich iſt, um den Dienſt erträglich und anregend zu machen; voller Abwechſelung iſt er jedenfalls. Es ſind auch aus- geſuchte, intelligente, tüchtige und kräftige Leute, welche den Dienſt zu

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Zitationshilfe: Gercke, Hermann: Die Torpedowaffe. Berlin, 1898, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gercke_torpedowaffe_1898/91>, abgerufen am 28.03.2024.