Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gessert, Ferdinand: Ueber den Begriff und die Wichtigkeit der Schulzucht besonders für die Volksschulen. Münster, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite

könnten ihm die Schüler folgen? Die besten Sachen
würden dann für manchen wenigstens ohne Nutzen
sein und ein bloßer Zeitvertreib! Soll also der Lehrer
unterrichten und dabei seine Pflicht erfüllen, wie die
Schüler die ihrige, so ist dreierlei nöthig:

1) Die einzelnen Mitglieder der Schule müssen
verbunden und getheilt und nach ihrer Persön-
lichkeit gehalten werden, daß sie eine geregelte,
einträchtige Gesellschaft bilden; d. h. es ist nöthig
Gemeinsamkeit.
2) Sie müssen alle die Willkühr aufgeben und dem
Befehl unterthänig sein die obliegende Arbeit
allein zu betreiben; d. h. es ist nöthig Gehorsam.
3) Es muß jeder seinen Willen ganz auf die Geschäfte
richten, und nach Vermögen sie fördern; d. h.
es ist nöthig Selbstthätigkeit.

So haben wir denn eine Vorstellung von der
Disciplin gewonnen aus dem aufgestellten Begriffe
der Schule, daß sie Lehranstalt sei, und können sagen:
Die Schulzucht umfaßt die Gesetze und Ein-
richtungen, welche die Gemeinsamkeit, den
Gehorsam und die Selbstthätigkeit in der
Schule verwirklichen.
Wir haben zugleich be-
merkt, wie unentbehrlich die genannten Stücke sind,
und dürfen nur darauf hinweisen um ihre Wichtig-
keit anschaulich zu machen. Vorhanden müssen sie
in jeder Schule sein; sei es, daß sie von dem Lehrer
eigenmächtig und für den augenblicklichen Bedarf
nach Gutdünken angeordnet werden den Schülern
zur Befolgung, oder daß sie, als ehrwürdige Sta-
tuten bekannt, von ihm wie von den Schülern in

koͤnnten ihm die Schuͤler folgen? Die beſten Sachen
wuͤrden dann fuͤr manchen wenigſtens ohne Nutzen
ſein und ein bloßer Zeitvertreib! Soll alſo der Lehrer
unterrichten und dabei ſeine Pflicht erfuͤllen, wie die
Schuͤler die ihrige, ſo iſt dreierlei noͤthig:

1) Die einzelnen Mitglieder der Schule muͤſſen
verbunden und getheilt und nach ihrer Perſoͤn-
lichkeit gehalten werden, daß ſie eine geregelte,
eintraͤchtige Geſellſchaft bilden; d. h. es iſt noͤthig
Gemeinſamkeit.
2) Sie muͤſſen alle die Willkuͤhr aufgeben und dem
Befehl unterthaͤnig ſein die obliegende Arbeit
allein zu betreiben; d. h. es iſt noͤthig Gehorſam.
3) Es muß jeder ſeinen Willen ganz auf die Geſchaͤfte
richten, und nach Vermoͤgen ſie foͤrdern; d. h.
es iſt noͤthig Selbſtthaͤtigkeit.

So haben wir denn eine Vorſtellung von der
Diſciplin gewonnen aus dem aufgeſtellten Begriffe
der Schule, daß ſie Lehranſtalt ſei, und koͤnnen ſagen:
Die Schulzucht umfaßt die Geſetze und Ein-
richtungen, welche die Gemeinſamkeit, den
Gehorſam und die Selbſtthaͤtigkeit in der
Schule verwirklichen.
Wir haben zugleich be-
merkt, wie unentbehrlich die genannten Stuͤcke ſind,
und duͤrfen nur darauf hinweiſen um ihre Wichtig-
keit anſchaulich zu machen. Vorhanden muͤſſen ſie
in jeder Schule ſein; ſei es, daß ſie von dem Lehrer
eigenmaͤchtig und fuͤr den augenblicklichen Bedarf
nach Gutduͤnken angeordnet werden den Schuͤlern
zur Befolgung, oder daß ſie, als ehrwuͤrdige Sta-
tuten bekannt, von ihm wie von den Schuͤlern in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0018" n="10"/>
ko&#x0364;nnten ihm die Schu&#x0364;ler folgen? Die be&#x017F;ten Sachen<lb/>
wu&#x0364;rden dann fu&#x0364;r manchen wenig&#x017F;tens ohne Nutzen<lb/>
&#x017F;ein und ein bloßer Zeitvertreib! Soll al&#x017F;o der Lehrer<lb/>
unterrichten und dabei &#x017F;eine Pflicht erfu&#x0364;llen, wie die<lb/>
Schu&#x0364;ler die ihrige, &#x017F;o i&#x017F;t dreierlei no&#x0364;thig:</p><lb/>
        <list>
          <item>1) Die einzelnen Mitglieder der Schule mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
verbunden und getheilt und nach ihrer Per&#x017F;o&#x0364;n-<lb/>
lichkeit gehalten werden, daß &#x017F;ie eine geregelte,<lb/>
eintra&#x0364;chtige Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft bilden; d. h. es i&#x017F;t no&#x0364;thig<lb/><hi rendition="#g">Gemein&#x017F;amkeit.</hi></item><lb/>
          <item>2) Sie mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en alle die Willku&#x0364;hr aufgeben und dem<lb/>
Befehl untertha&#x0364;nig &#x017F;ein die obliegende Arbeit<lb/>
allein zu betreiben; d. h. es i&#x017F;t no&#x0364;thig <hi rendition="#g">Gehor&#x017F;am.</hi></item><lb/>
          <item>3) Es muß jeder &#x017F;einen Willen ganz auf die Ge&#x017F;cha&#x0364;fte<lb/>
richten, und nach Vermo&#x0364;gen &#x017F;ie fo&#x0364;rdern; d. h.<lb/>
es i&#x017F;t no&#x0364;thig <hi rendition="#g">Selb&#x017F;ttha&#x0364;tigkeit.</hi></item>
        </list><lb/>
        <p>So haben wir denn eine Vor&#x017F;tellung von der<lb/>
Di&#x017F;ciplin gewonnen aus dem aufge&#x017F;tellten Begriffe<lb/>
der Schule, daß &#x017F;ie Lehran&#x017F;talt &#x017F;ei, und ko&#x0364;nnen &#x017F;agen:<lb/><hi rendition="#g">Die Schulzucht umfaßt die Ge&#x017F;etze und Ein-<lb/>
richtungen, welche die Gemein&#x017F;amkeit, den<lb/>
Gehor&#x017F;am und die Selb&#x017F;ttha&#x0364;tigkeit in der<lb/>
Schule verwirklichen.</hi> Wir haben zugleich be-<lb/>
merkt, wie unentbehrlich die genannten Stu&#x0364;cke &#x017F;ind,<lb/>
und du&#x0364;rfen nur darauf hinwei&#x017F;en um ihre Wichtig-<lb/>
keit an&#x017F;chaulich zu machen. Vorhanden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie<lb/>
in jeder Schule &#x017F;ein; &#x017F;ei es, daß &#x017F;ie von dem Lehrer<lb/>
eigenma&#x0364;chtig und fu&#x0364;r den augenblicklichen Bedarf<lb/>
nach Gutdu&#x0364;nken angeordnet werden den Schu&#x0364;lern<lb/>
zur Befolgung, oder daß &#x017F;ie, als ehrwu&#x0364;rdige Sta-<lb/>
tuten bekannt, von ihm wie von den Schu&#x0364;lern in<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0018] koͤnnten ihm die Schuͤler folgen? Die beſten Sachen wuͤrden dann fuͤr manchen wenigſtens ohne Nutzen ſein und ein bloßer Zeitvertreib! Soll alſo der Lehrer unterrichten und dabei ſeine Pflicht erfuͤllen, wie die Schuͤler die ihrige, ſo iſt dreierlei noͤthig: 1) Die einzelnen Mitglieder der Schule muͤſſen verbunden und getheilt und nach ihrer Perſoͤn- lichkeit gehalten werden, daß ſie eine geregelte, eintraͤchtige Geſellſchaft bilden; d. h. es iſt noͤthig Gemeinſamkeit. 2) Sie muͤſſen alle die Willkuͤhr aufgeben und dem Befehl unterthaͤnig ſein die obliegende Arbeit allein zu betreiben; d. h. es iſt noͤthig Gehorſam. 3) Es muß jeder ſeinen Willen ganz auf die Geſchaͤfte richten, und nach Vermoͤgen ſie foͤrdern; d. h. es iſt noͤthig Selbſtthaͤtigkeit. So haben wir denn eine Vorſtellung von der Diſciplin gewonnen aus dem aufgeſtellten Begriffe der Schule, daß ſie Lehranſtalt ſei, und koͤnnen ſagen: Die Schulzucht umfaßt die Geſetze und Ein- richtungen, welche die Gemeinſamkeit, den Gehorſam und die Selbſtthaͤtigkeit in der Schule verwirklichen. Wir haben zugleich be- merkt, wie unentbehrlich die genannten Stuͤcke ſind, und duͤrfen nur darauf hinweiſen um ihre Wichtig- keit anſchaulich zu machen. Vorhanden muͤſſen ſie in jeder Schule ſein; ſei es, daß ſie von dem Lehrer eigenmaͤchtig und fuͤr den augenblicklichen Bedarf nach Gutduͤnken angeordnet werden den Schuͤlern zur Befolgung, oder daß ſie, als ehrwuͤrdige Sta- tuten bekannt, von ihm wie von den Schuͤlern in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gessert_schulzucht_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gessert_schulzucht_1826/18
Zitationshilfe: Gessert, Ferdinand: Ueber den Begriff und die Wichtigkeit der Schulzucht besonders für die Volksschulen. Münster, 1826, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessert_schulzucht_1826/18>, abgerufen am 29.03.2024.