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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

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1. Buch. 1. Tit.
Gutachten der Kunstverständigen von groser Wich-
tigkeit, wenn es auf Besichtigung und Section an-
kommt, um das corpus delicti zur Gewißheit zu
bringen. In solchen Fällen gründet der Richter sein
Erkenntniß auf das Gutachten und Zeugniß der
Kunstverständigen, welches sie schriftlich und mit
Gründen unterstüzt, zu den Acten geben müssen.
Da Kunstverständige als Zeugen anzusehen sind, so
müssen sie, wenn sie nicht sonst schon vereidet sind,
oder die Partheyen mit ihren unbeschwornen Gutach-
ten zufrieden seyn wollen, besonders vereidet werden,
weil ein Zeuge keinen Glauben verdient, wenn er
nicht beeidiget ist 68).
§. 42.
Cautelarische Rechtswissenschaft.

Der andere Theil der juristischen Praxis bestehet
in der vorsichtigen, bündigen und klüglichen
Einrichtung der bürgerlichen Rechtshandlun-
gen,
(in cavendo) und verdient eine desto vorzüglichere
Achtung, je mehr dadurch denen die Eintracht der Bür-
ger so sehr stöhrenden Processen vorzubeugen stehet.
Hierbey aber muß man nicht allein die Form und Ein-
kleidungen rechtlicher Geschäfte, sondern auch alle Ein-
wendungen und nachtheilige Folgen kennen, um sowohl
denen leztern vorzubeugen, als auch, wo möglich, de-
nen zu schliessenden Geschäften selbst eine vortheilhafte
Wirkung beyzulegen. Unser römisches Gesezbuch giebt
auch hierin dem Rechtsgelehrten vortrefliche Anweisung,
als welches einen grosen Vorrath von Rechtsmitteln,

Clau-
68) L. 9. L. 16. C. de teflib. S. Nettelbladt practische
Rechtsgelahrtheit
. §. 387. (dritte Auflag. Halle
1784.)
1. Buch. 1. Tit.
Gutachten der Kunſtverſtaͤndigen von groſer Wich-
tigkeit, wenn es auf Beſichtigung und Section an-
kommt, um das corpus delicti zur Gewißheit zu
bringen. In ſolchen Faͤllen gruͤndet der Richter ſein
Erkenntniß auf das Gutachten und Zeugniß der
Kunſtverſtaͤndigen, welches ſie ſchriftlich und mit
Gruͤnden unterſtuͤzt, zu den Acten geben muͤſſen.
Da Kunſtverſtaͤndige als Zeugen anzuſehen ſind, ſo
muͤſſen ſie, wenn ſie nicht ſonſt ſchon vereidet ſind,
oder die Partheyen mit ihren unbeſchwornen Gutach-
ten zufrieden ſeyn wollen, beſonders vereidet werden,
weil ein Zeuge keinen Glauben verdient, wenn er
nicht beeidiget iſt 68).
§. 42.
Cautelariſche Rechtswiſſenſchaft.

Der andere Theil der juriſtiſchen Praxis beſtehet
in der vorſichtigen, buͤndigen und kluͤglichen
Einrichtung der buͤrgerlichen Rechtshandlun-
gen,
(in cavendo) und verdient eine deſto vorzuͤglichere
Achtung, je mehr dadurch denen die Eintracht der Buͤr-
ger ſo ſehr ſtoͤhrenden Proceſſen vorzubeugen ſtehet.
Hierbey aber muß man nicht allein die Form und Ein-
kleidungen rechtlicher Geſchaͤfte, ſondern auch alle Ein-
wendungen und nachtheilige Folgen kennen, um ſowohl
denen leztern vorzubeugen, als auch, wo moͤglich, de-
nen zu ſchlieſſenden Geſchaͤften ſelbſt eine vortheilhafte
Wirkung beyzulegen. Unſer roͤmiſches Geſezbuch giebt
auch hierin dem Rechtsgelehrten vortrefliche Anweiſung,
als welches einen groſen Vorrath von Rechtsmitteln,

Clau-
68) L. 9. L. 16. C. de teflib. S. Nettelbladt practiſche
Rechtsgelahrtheit
. §. 387. (dritte Auflag. Halle
1784.)
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[268/0288] 1. Buch. 1. Tit. Gutachten der Kunſtverſtaͤndigen von groſer Wich- tigkeit, wenn es auf Beſichtigung und Section an- kommt, um das corpus delicti zur Gewißheit zu bringen. In ſolchen Faͤllen gruͤndet der Richter ſein Erkenntniß auf das Gutachten und Zeugniß der Kunſtverſtaͤndigen, welches ſie ſchriftlich und mit Gruͤnden unterſtuͤzt, zu den Acten geben muͤſſen. Da Kunſtverſtaͤndige als Zeugen anzuſehen ſind, ſo muͤſſen ſie, wenn ſie nicht ſonſt ſchon vereidet ſind, oder die Partheyen mit ihren unbeſchwornen Gutach- ten zufrieden ſeyn wollen, beſonders vereidet werden, weil ein Zeuge keinen Glauben verdient, wenn er nicht beeidiget iſt 68). §. 42. Cautelariſche Rechtswiſſenſchaft. Der andere Theil der juriſtiſchen Praxis beſtehet in der vorſichtigen, buͤndigen und kluͤglichen Einrichtung der buͤrgerlichen Rechtshandlun- gen, (in cavendo) und verdient eine deſto vorzuͤglichere Achtung, je mehr dadurch denen die Eintracht der Buͤr- ger ſo ſehr ſtoͤhrenden Proceſſen vorzubeugen ſtehet. Hierbey aber muß man nicht allein die Form und Ein- kleidungen rechtlicher Geſchaͤfte, ſondern auch alle Ein- wendungen und nachtheilige Folgen kennen, um ſowohl denen leztern vorzubeugen, als auch, wo moͤglich, de- nen zu ſchlieſſenden Geſchaͤften ſelbſt eine vortheilhafte Wirkung beyzulegen. Unſer roͤmiſches Geſezbuch giebt auch hierin dem Rechtsgelehrten vortrefliche Anweiſung, als welches einen groſen Vorrath von Rechtsmitteln, Clau- 68) L. 9. L. 16. C. de teflib. S. Nettelbladt practiſche Rechtsgelahrtheit. §. 387. (dritte Auflag. Halle 1784.)

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/288>, abgerufen am 29.03.2024.