Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite

in Bewegung gesetzt, als er in diese Taschen
griff und rechts und links Gold- und Silber¬
münzen freygebig ausstreute, welche jedes¬
mal in der Luft als ein metallner Regen
gar lustig glänzten. Tausend Hände zappel¬
ten augenblicklich in der Höhe, um die Gaben
aufzufangen; kaum aber waren die Münzen
niedergefallen, so wühlte die Masse in sich selbst
gegen den Boden und rang gewaltig um die
Stücke, welche zur Erde mochten gekommen
seyn. Da nun diese Bewegung von beyden
Seiten sich immer wiederholte, wie der Geber
vorwärts ritt, so war es für die Zuschauer
ein sehr belustigender Anblick. Zum Schlus¬
se ging es am allerlebhaftesten her, als er die
Beutel selbst auswarf, und ein Jeder noch
diesen höchsten Preis zu erhaschen trachtete.

Die Majestäten hatten sich vom Balcon
zurückgezogen, und nun sollte dem Pöbel aber¬
mals ein Opfer gebracht werden, der in sol¬
chen Fällen lieber die Gaben rauben als sie

in Bewegung geſetzt, als er in dieſe Taſchen
griff und rechts und links Gold- und Silber¬
muͤnzen freygebig ausſtreute, welche jedes¬
mal in der Luft als ein metallner Regen
gar luſtig glaͤnzten. Tauſend Haͤnde zappel¬
ten augenblicklich in der Hoͤhe, um die Gaben
aufzufangen; kaum aber waren die Muͤnzen
niedergefallen, ſo wuͤhlte die Maſſe in ſich ſelbſt
gegen den Boden und rang gewaltig um die
Stuͤcke, welche zur Erde mochten gekommen
ſeyn. Da nun dieſe Bewegung von beyden
Seiten ſich immer wiederholte, wie der Geber
vorwaͤrts ritt, ſo war es fuͤr die Zuſchauer
ein ſehr beluſtigender Anblick. Zum Schluſ¬
ſe ging es am allerlebhafteſten her, als er die
Beutel ſelbſt auswarf, und ein Jeder noch
dieſen hoͤchſten Preis zu erhaſchen trachtete.

Die Majeſtaͤten hatten ſich vom Balcon
zuruͤckgezogen, und nun ſollte dem Poͤbel aber¬
mals ein Opfer gebracht werden, der in ſol¬
chen Faͤllen lieber die Gaben rauben als ſie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0503" n="487"/>
in Bewegung ge&#x017F;etzt, als er in die&#x017F;e Ta&#x017F;chen<lb/>
griff und rechts und links Gold- und Silber¬<lb/>
mu&#x0364;nzen freygebig aus&#x017F;treute, welche jedes¬<lb/>
mal in der Luft als ein metallner Regen<lb/>
gar lu&#x017F;tig gla&#x0364;nzten. Tau&#x017F;end Ha&#x0364;nde zappel¬<lb/>
ten augenblicklich in der Ho&#x0364;he, um die Gaben<lb/>
aufzufangen; kaum aber waren die Mu&#x0364;nzen<lb/>
niedergefallen, &#x017F;o wu&#x0364;hlte die Ma&#x017F;&#x017F;e in &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
gegen den Boden und rang gewaltig um die<lb/>
Stu&#x0364;cke, welche zur Erde mochten gekommen<lb/>
&#x017F;eyn. Da nun die&#x017F;e Bewegung von beyden<lb/>
Seiten &#x017F;ich immer wiederholte, wie der Geber<lb/>
vorwa&#x0364;rts ritt, &#x017F;o war es fu&#x0364;r die Zu&#x017F;chauer<lb/>
ein &#x017F;ehr belu&#x017F;tigender Anblick. Zum Schlu&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;e ging es am allerlebhafte&#x017F;ten her, als er die<lb/>
Beutel &#x017F;elb&#x017F;t auswarf, und ein Jeder noch<lb/>
die&#x017F;en ho&#x0364;ch&#x017F;ten Preis zu erha&#x017F;chen trachtete.</p><lb/>
        <p>Die Maje&#x017F;ta&#x0364;ten hatten &#x017F;ich vom Balcon<lb/>
zuru&#x0364;ckgezogen, und nun &#x017F;ollte dem Po&#x0364;bel aber¬<lb/>
mals ein Opfer gebracht werden, der in &#x017F;ol¬<lb/>
chen Fa&#x0364;llen lieber die Gaben rauben als &#x017F;ie<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[487/0503] in Bewegung geſetzt, als er in dieſe Taſchen griff und rechts und links Gold- und Silber¬ muͤnzen freygebig ausſtreute, welche jedes¬ mal in der Luft als ein metallner Regen gar luſtig glaͤnzten. Tauſend Haͤnde zappel¬ ten augenblicklich in der Hoͤhe, um die Gaben aufzufangen; kaum aber waren die Muͤnzen niedergefallen, ſo wuͤhlte die Maſſe in ſich ſelbſt gegen den Boden und rang gewaltig um die Stuͤcke, welche zur Erde mochten gekommen ſeyn. Da nun dieſe Bewegung von beyden Seiten ſich immer wiederholte, wie der Geber vorwaͤrts ritt, ſo war es fuͤr die Zuſchauer ein ſehr beluſtigender Anblick. Zum Schluſ¬ ſe ging es am allerlebhafteſten her, als er die Beutel ſelbſt auswarf, und ein Jeder noch dieſen hoͤchſten Preis zu erhaſchen trachtete. Die Majeſtaͤten hatten ſich vom Balcon zuruͤckgezogen, und nun ſollte dem Poͤbel aber¬ mals ein Opfer gebracht werden, der in ſol¬ chen Faͤllen lieber die Gaben rauben als ſie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/503
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 487. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/503>, abgerufen am 24.04.2024.