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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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I. Die Zeit der Salier.
die deutsche Herrschaft hinzielte, da griff der Kaiser mit furcht-
barer Strenge durch, schickte drei der schuldigen Bischöfe über
die Alpen in die Verbannung und ließ über Aribert durch den
allzeit gehorsamen Papst die Exkommunikation verkünden (1038),
während ein Einfall Odos in Lothringen von den dortigen Großen
glücklich zurückgeschlagen wurde.

So ließ sich nicht daran zweifeln, daß Konrad genügende
Machtmittel zu Gebote standen, um seiner italienischen Politik, die
nachgerade zu einer vollen Umkehrung der Parteiverhältnisse ge-
führt hatte, auf die Dauer den vollen Sieg zu verschaffen. Ab-
gesehen von den starken Mauern Mailands, konnte Aribert seine
Hoffnung nur noch auf den Thronfolger Heinrich richten, der aus
seiner Unzufriedenheit über die unkanonische Behandlung eines
hohen Kirchenfürsten kein Hehl machte. Einstweilen wurde indes
ein weiteres Vorgehen gegen Mailand aufgeschoben, weil die süditali-
schen Verhältnisse ein Eingreifen des Kaisers wünschenswert machten.

Konrad strebte hier nicht nach Gebietserweiterung. Vielmehr
suchte und fand er freundliche Beziehungen zum griechischen
Reiche, das eben damals einen frischen Trieb seiner gealterten
Kraft spürte und Italien gefährlich geworden wäre, hätte es nicht
durch den Kampf gegen die sizilischen Araber eine Ablenkung
erfahren. Was dem deutschen Kaiser hier im Süden oblag, war
im Wesentlichen die Sicherung des Grenzgürtels langobardischer
Fürstentümer durch Beseitigung ihrer Reibungen und Behauptung
der deutschen Oberhoheit. Wie das im einzelnen gelang, ist ohne
erheblicheres Allgemeininteresse. Wichtig für die Zukunft dagegen
wurde es, daß die normannischen Abenteurer, die seit zwei Jahr-
zehnten in diesen süditalischen Kämpfen bald hier, bald dort ver-
wendet wurden, es damals unter ebenso geschickter, wie skrupel-
loser Ausnutzung der Rivalitäten von Capua, Neapel und Salerno
in der Terra di Lavoro zu einem kleinen eigenen Territorium
brachten, auf dem ihr Führer Rainulf die Burg Aversa erbaute
(1030). Diese Grafschaft bestätigte ihm jetzt auch der Kaiser als
ein Lehen des Fürsten von Salerno (1038). Er konnte nicht
ahnen, daß aus diesem bescheidenen Keim in wenigen Jahrzehnten
der starke Normannenstaat erwachsen sollte, der bereits gegen
seinen Enkel dem feindseligen Papsttum mächtigen Rückhalt bot.

Von Süditalien aus wäre Konrad wohl zu neuem Angriff
gegen Mailand geschritten, hätte nicht die sommerliche Hitze, der
er diesmal nicht auszuweichen vermocht hatte, auf dem Rück-
marsch in seinem Heere eine verlustreiche Seuche erzeugt, die für
den Augenblick jede weitere Unternehmung ausschloß. Indem er
daher die Achtsvollstreckung an dem Mailänder Erzbischof den

I. Die Zeit der Salier.
die deutsche Herrschaft hinzielte, da griff der Kaiser mit furcht-
barer Strenge durch, schickte drei der schuldigen Bischöfe über
die Alpen in die Verbannung und ließ über Aribert durch den
allzeit gehorsamen Papst die Exkommunikation verkünden (1038),
während ein Einfall Odos in Lothringen von den dortigen Großen
glücklich zurückgeschlagen wurde.

So ließ sich nicht daran zweifeln, daß Konrad genügende
Machtmittel zu Gebote standen, um seiner italienischen Politik, die
nachgerade zu einer vollen Umkehrung der Parteiverhältnisse ge-
führt hatte, auf die Dauer den vollen Sieg zu verschaffen. Ab-
gesehen von den starken Mauern Mailands, konnte Aribert seine
Hoffnung nur noch auf den Thronfolger Heinrich richten, der aus
seiner Unzufriedenheit über die unkanonische Behandlung eines
hohen Kirchenfürsten kein Hehl machte. Einstweilen wurde indes
ein weiteres Vorgehen gegen Mailand aufgeschoben, weil die süditali-
schen Verhältnisse ein Eingreifen des Kaisers wünschenswert machten.

Konrad strebte hier nicht nach Gebietserweiterung. Vielmehr
suchte und fand er freundliche Beziehungen zum griechischen
Reiche, das eben damals einen frischen Trieb seiner gealterten
Kraft spürte und Italien gefährlich geworden wäre, hätte es nicht
durch den Kampf gegen die sizilischen Araber eine Ablenkung
erfahren. Was dem deutschen Kaiser hier im Süden oblag, war
im Wesentlichen die Sicherung des Grenzgürtels langobardischer
Fürstentümer durch Beseitigung ihrer Reibungen und Behauptung
der deutschen Oberhoheit. Wie das im einzelnen gelang, ist ohne
erheblicheres Allgemeininteresse. Wichtig für die Zukunft dagegen
wurde es, daß die normannischen Abenteurer, die seit zwei Jahr-
zehnten in diesen süditalischen Kämpfen bald hier, bald dort ver-
wendet wurden, es damals unter ebenso geschickter, wie skrupel-
loser Ausnutzung der Rivalitäten von Capua, Neapel und Salerno
in der Terra di Lavoro zu einem kleinen eigenen Territorium
brachten, auf dem ihr Führer Rainulf die Burg Aversa erbaute
(1030). Diese Grafschaft bestätigte ihm jetzt auch der Kaiser als
ein Lehen des Fürsten von Salerno (1038). Er konnte nicht
ahnen, daß aus diesem bescheidenen Keim in wenigen Jahrzehnten
der starke Normannenstaat erwachsen sollte, der bereits gegen
seinen Enkel dem feindseligen Papsttum mächtigen Rückhalt bot.

Von Süditalien aus wäre Konrad wohl zu neuem Angriff
gegen Mailand geschritten, hätte nicht die sommerliche Hitze, der
er diesmal nicht auszuweichen vermocht hatte, auf dem Rück-
marsch in seinem Heere eine verlustreiche Seuche erzeugt, die für
den Augenblick jede weitere Unternehmung ausschloß. Indem er
daher die Achtsvollstreckung an dem Mailänder Erzbischof den

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[16/0024] I. Die Zeit der Salier. die deutsche Herrschaft hinzielte, da griff der Kaiser mit furcht- barer Strenge durch, schickte drei der schuldigen Bischöfe über die Alpen in die Verbannung und ließ über Aribert durch den allzeit gehorsamen Papst die Exkommunikation verkünden (1038), während ein Einfall Odos in Lothringen von den dortigen Großen glücklich zurückgeschlagen wurde. So ließ sich nicht daran zweifeln, daß Konrad genügende Machtmittel zu Gebote standen, um seiner italienischen Politik, die nachgerade zu einer vollen Umkehrung der Parteiverhältnisse ge- führt hatte, auf die Dauer den vollen Sieg zu verschaffen. Ab- gesehen von den starken Mauern Mailands, konnte Aribert seine Hoffnung nur noch auf den Thronfolger Heinrich richten, der aus seiner Unzufriedenheit über die unkanonische Behandlung eines hohen Kirchenfürsten kein Hehl machte. Einstweilen wurde indes ein weiteres Vorgehen gegen Mailand aufgeschoben, weil die süditali- schen Verhältnisse ein Eingreifen des Kaisers wünschenswert machten. Konrad strebte hier nicht nach Gebietserweiterung. Vielmehr suchte und fand er freundliche Beziehungen zum griechischen Reiche, das eben damals einen frischen Trieb seiner gealterten Kraft spürte und Italien gefährlich geworden wäre, hätte es nicht durch den Kampf gegen die sizilischen Araber eine Ablenkung erfahren. Was dem deutschen Kaiser hier im Süden oblag, war im Wesentlichen die Sicherung des Grenzgürtels langobardischer Fürstentümer durch Beseitigung ihrer Reibungen und Behauptung der deutschen Oberhoheit. Wie das im einzelnen gelang, ist ohne erheblicheres Allgemeininteresse. Wichtig für die Zukunft dagegen wurde es, daß die normannischen Abenteurer, die seit zwei Jahr- zehnten in diesen süditalischen Kämpfen bald hier, bald dort ver- wendet wurden, es damals unter ebenso geschickter, wie skrupel- loser Ausnutzung der Rivalitäten von Capua, Neapel und Salerno in der Terra di Lavoro zu einem kleinen eigenen Territorium brachten, auf dem ihr Führer Rainulf die Burg Aversa erbaute (1030). Diese Grafschaft bestätigte ihm jetzt auch der Kaiser als ein Lehen des Fürsten von Salerno (1038). Er konnte nicht ahnen, daß aus diesem bescheidenen Keim in wenigen Jahrzehnten der starke Normannenstaat erwachsen sollte, der bereits gegen seinen Enkel dem feindseligen Papsttum mächtigen Rückhalt bot. Von Süditalien aus wäre Konrad wohl zu neuem Angriff gegen Mailand geschritten, hätte nicht die sommerliche Hitze, der er diesmal nicht auszuweichen vermocht hatte, auf dem Rück- marsch in seinem Heere eine verlustreiche Seuche erzeugt, die für den Augenblick jede weitere Unternehmung ausschloß. Indem er daher die Achtsvollstreckung an dem Mailänder Erzbischof den

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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/24>, abgerufen am 20.04.2024.