Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

VII.
Die Religion.


In den bisherigen Gestaltungen, die sich im allge-
meinen als Bewusstseyn, Selbstbewusstseyn, Vernunft
und Geist unterscheiden, ist zwar auch die Religion,
als Bewusstseyn des absoluten Wesens überhaupt vor-
gekommen; allein vom Standpunkte des Bewusstseyns
aus, das sich des absoluten Wesens bewusst ist; nicht
aber ist das absolute Wesen an und für sich selbst,
nicht das Selbstbewusstseyn des Geistes in jenen For-
men erschienen.

Schon das Bewusstseyn wird, insofern es Verstand
ist, Bewusstseyn des Uebersinnlichen oder Innern des
gegenständlichen Daseyns. Aber das Uebersinnliche,
Ewige, oder wie man es sonst nennen mag, ist selbst-
los
; es ist nur erst das Allgemeine, das noch weit ent-
fernt ist, der sich als Geist wisschde Geist zu seyn. --
Alsdenn war das Selbstbewusstseyn, das in der Gestalt
des unglücklichen Bewusstseyns seine Vollendung hat,
nur der sich zur Gegenständlichkeit wieder heraus-
ringende aber sie nicht erreichende Schmerz des Gei-
stes. Die Einheit des einzelnen Selbstbewusstseyns und

R r

VII.
Die Religion.


In den bisherigen Geſtaltungen, die sich im allge-
meinen als Bewuſstseyn, Selbſtbewuſstseyn, Vernunft
und Geiſt unterſcheiden, ist zwar auch die Religion,
als Bewuſstseyn des abſoluten Weſens überhaupt vor-
gekommen; allein vom Standpunkte des Bewuſstseyns
aus, das ſich des abſoluten Weſens bewuſst ist; nicht
aber ist das abſolute Weſen an und für sich ſelbſt,
nicht das Selbſtbewuſstseyn des Geiſtes in jenen For-
men erſchienen.

Schon das Bewuſstseyn wird, insofern es Verſtand
iſt, Bewuſstſeyn des Uebersinnlichen oder Innern des
gegenſtändlichen Daſeyns. Aber das Uebersinnliche,
Ewige, oder wie man es ſonſt nennen mag, ist ſelbſt-
los
; es ist nur erſt das Allgemeine, das noch weit ent-
fernt ist, der sich als Geiſt wiſſchde Geiſt zu ſeyn. —
Alsdenn war das Selbſtbewuſstseyn, das in der Geſtalt
des unglücklichen Bewuſstſeyns ſeine Vollendung hat,
nur der sich zur Gegenſtändlichkeit wieder heraus-
ringende aber sie nicht erreichende Schmerz des Gei-
ſtes. Die Einheit des einzelnen Selbſtbewuſstseyns und

R r
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0734" n="625"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>VII.<lb/><hi rendition="#g">Die Religion</hi>.</head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p><hi rendition="#in">I</hi>n den bisherigen Ge&#x017F;taltungen, die sich im allge-<lb/>
meinen als <hi rendition="#i">Bewu&#x017F;stseyn, Selb&#x017F;tbewu&#x017F;stseyn, Vernunft</hi><lb/>
und <hi rendition="#i">Gei&#x017F;t</hi> unter&#x017F;cheiden, ist zwar auch die <hi rendition="#i">Religion</hi>,<lb/>
als Bewu&#x017F;stseyn des <hi rendition="#i">ab&#x017F;oluten We&#x017F;ens</hi> überhaupt vor-<lb/>
gekommen; allein vom <hi rendition="#i">Standpunkte des Bewu&#x017F;stseyns</hi><lb/>
aus, das &#x017F;ich des ab&#x017F;oluten We&#x017F;ens bewu&#x017F;st ist; nicht<lb/>
aber ist das ab&#x017F;olute We&#x017F;en <hi rendition="#i">an und für sich</hi> &#x017F;elb&#x017F;t,<lb/>
nicht das Selb&#x017F;tbewu&#x017F;stseyn des Gei&#x017F;tes in jenen For-<lb/>
men er&#x017F;chienen.</p><lb/>
          <p>Schon das <hi rendition="#i">Bewu&#x017F;stseyn</hi> wird, insofern es <hi rendition="#i">Ver&#x017F;tand</hi><lb/>
i&#x017F;t, Bewu&#x017F;st&#x017F;eyn des <hi rendition="#i">Uebersinnlichen</hi> oder <hi rendition="#i">Innern</hi> des<lb/>
gegen&#x017F;tändlichen Da&#x017F;eyns. Aber das Uebersinnliche,<lb/>
Ewige, oder wie man es &#x017F;on&#x017F;t nennen mag, ist <hi rendition="#i">&#x017F;elb&#x017F;t-<lb/>
los</hi>; es ist nur er&#x017F;t das <hi rendition="#i">Allgemeine</hi>, das noch weit ent-<lb/>
fernt ist, der sich als Gei&#x017F;t wi&#x017F;&#x017F;chde Gei&#x017F;t zu &#x017F;eyn. &#x2014;<lb/>
Alsdenn war das <hi rendition="#i">Selb&#x017F;tbewu&#x017F;stseyn</hi>, das in der Ge&#x017F;talt<lb/>
des <hi rendition="#i">unglücklichen</hi> Bewu&#x017F;st&#x017F;eyns &#x017F;eine Vollendung hat,<lb/>
nur der sich zur Gegen&#x017F;tändlichkeit wieder heraus-<lb/>
ringende aber sie nicht erreichende <hi rendition="#i">Schmerz</hi> des Gei-<lb/>
&#x017F;tes. Die Einheit des <hi rendition="#i">einzelnen</hi> Selb&#x017F;tbewu&#x017F;stseyns und<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R r</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[625/0734] VII. Die Religion. In den bisherigen Geſtaltungen, die sich im allge- meinen als Bewuſstseyn, Selbſtbewuſstseyn, Vernunft und Geiſt unterſcheiden, ist zwar auch die Religion, als Bewuſstseyn des abſoluten Weſens überhaupt vor- gekommen; allein vom Standpunkte des Bewuſstseyns aus, das ſich des abſoluten Weſens bewuſst ist; nicht aber ist das abſolute Weſen an und für sich ſelbſt, nicht das Selbſtbewuſstseyn des Geiſtes in jenen For- men erſchienen. Schon das Bewuſstseyn wird, insofern es Verſtand iſt, Bewuſstſeyn des Uebersinnlichen oder Innern des gegenſtändlichen Daſeyns. Aber das Uebersinnliche, Ewige, oder wie man es ſonſt nennen mag, ist ſelbſt- los; es ist nur erſt das Allgemeine, das noch weit ent- fernt ist, der sich als Geiſt wiſſchde Geiſt zu ſeyn. — Alsdenn war das Selbſtbewuſstseyn, das in der Geſtalt des unglücklichen Bewuſstſeyns ſeine Vollendung hat, nur der sich zur Gegenſtändlichkeit wieder heraus- ringende aber sie nicht erreichende Schmerz des Gei- ſtes. Die Einheit des einzelnen Selbſtbewuſstseyns und R r

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/734
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 625. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/734>, abgerufen am 29.03.2024.