Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 5. Riga, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

der Welt wollen wir nicht werden; was
aber in uns Römischen oder (wenn dieser
einst größere Name noch einen Werth hat,)
Deutschen Charakter enthält, warum soll-
ten wir das einer Sprache nicht geben
können, die einst in viel roherem Zustan-
de auch eine Herrinn der Welt war?
Dichter und Geschichtschreiber, Rechtslehrer
und Gesetzgeber, warum wurdet ihr zu
solcher Zeit nicht auch wie Jene für ein
fortdaurendes Publicum Herren der Erde?

4. Publicum des Christenthums.

Als der Urheber des Christenthums sei-
ne Stimme erhob, verbreitete er mit der-
selben ein Publicum über die Völ-
ker. Er kündigte ein ankommendes Reich
an, zu dem alle Nationen gehören, und
das nicht in äusserlichen Cerimonien, son-
dern in Uebungen des Geistes, in Voll-

der Welt wollen wir nicht werden; was
aber in uns Roͤmiſchen oder (wenn dieſer
einſt groͤßere Name noch einen Werth hat,)
Deutſchen Charakter enthaͤlt, warum ſoll-
ten wir das einer Sprache nicht geben
koͤnnen, die einſt in viel roherem Zuſtan-
de auch eine Herrinn der Welt war?
Dichter und Geſchichtſchreiber, Rechtslehrer
und Geſetzgeber, warum wurdet ihr zu
ſolcher Zeit nicht auch wie Jene fuͤr ein
fortdaurendes Publicum Herren der Erde?

4. Publicum des Chriſtenthums.

Als der Urheber des Chriſtenthums ſei-
ne Stimme erhob, verbreitete er mit der-
ſelben ein Publicum uͤber die Voͤl-
ker. Er kuͤndigte ein ankommendes Reich
an, zu dem alle Nationen gehoͤren, und
das nicht in aͤuſſerlichen Cerimonien, ſon-
dern in Uebungen des Geiſtes, in Voll-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0108" n="93"/>
der Welt wollen wir nicht werden; was<lb/>
aber in uns Ro&#x0364;mi&#x017F;chen oder (wenn die&#x017F;er<lb/>
ein&#x017F;t gro&#x0364;ßere Name noch einen Werth hat,)<lb/>
Deut&#x017F;chen Charakter entha&#x0364;lt, warum &#x017F;oll-<lb/>
ten wir das einer Sprache nicht geben<lb/>
ko&#x0364;nnen, die ein&#x017F;t in viel roherem Zu&#x017F;tan-<lb/>
de auch eine <hi rendition="#g">Herrinn der Welt</hi> war?<lb/>
Dichter und Ge&#x017F;chicht&#x017F;chreiber, Rechtslehrer<lb/>
und Ge&#x017F;etzgeber, warum wurdet ihr zu<lb/>
&#x017F;olcher Zeit nicht auch wie Jene fu&#x0364;r ein<lb/>
fortdaurendes Publicum Herren der Erde?</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>4. <hi rendition="#g">Publicum des Chri&#x017F;tenthums</hi>.</head><lb/>
          <p>Als der Urheber des Chri&#x017F;tenthums &#x017F;ei-<lb/>
ne Stimme erhob, verbreitete er mit der-<lb/>
&#x017F;elben ein <hi rendition="#g">Publicum u&#x0364;ber die Vo&#x0364;l</hi>-<lb/><hi rendition="#g">ker</hi>. Er ku&#x0364;ndigte ein ankommendes Reich<lb/>
an, zu dem alle Nationen geho&#x0364;ren, und<lb/>
das nicht in a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen Cerimonien, &#x017F;on-<lb/>
dern in Uebungen des Gei&#x017F;tes, in Voll-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[93/0108] der Welt wollen wir nicht werden; was aber in uns Roͤmiſchen oder (wenn dieſer einſt groͤßere Name noch einen Werth hat,) Deutſchen Charakter enthaͤlt, warum ſoll- ten wir das einer Sprache nicht geben koͤnnen, die einſt in viel roherem Zuſtan- de auch eine Herrinn der Welt war? Dichter und Geſchichtſchreiber, Rechtslehrer und Geſetzgeber, warum wurdet ihr zu ſolcher Zeit nicht auch wie Jene fuͤr ein fortdaurendes Publicum Herren der Erde? 4. Publicum des Chriſtenthums. Als der Urheber des Chriſtenthums ſei- ne Stimme erhob, verbreitete er mit der- ſelben ein Publicum uͤber die Voͤl- ker. Er kuͤndigte ein ankommendes Reich an, zu dem alle Nationen gehoͤren, und das nicht in aͤuſſerlichen Cerimonien, ſon- dern in Uebungen des Geiſtes, in Voll-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet05_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet05_1795/108
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 5. Riga, 1795, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet05_1795/108>, abgerufen am 23.04.2024.