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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 5. Riga, 1795.

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lang ihr hie und da, ohngeachtet des sträu-
bigen Erdbodens: und wäre Leibnitz die
Stiftung einer Akademie der Wissenschaf-
ten zu Wien und Dresden so geglückt,
wie ihm die Akademie zu Berlin glückte,
welche unnennbar gute Folgen hätten sich
seitdem verbreitet! Sein Geist lebte in ei-
ner idealischen Welt, im Reich aller den-
kenden, fürs Wohl der Menschheit wirken-
den Geister. Für diesen großen Staat
schrieb er seine Aufsätze, meistens auf Ver-
anlassung fremder Aeußerungen und unter-
hielt einen so ungeheuren Briefwechsel,
daß man ihn einen Mitarbeiter und Präsi-
denten der Gesammt-Akademie aller Euro-
päischer Wissenschaften nennen könnte. In
seinen näheren Verhältnissen aber war er
hier Canzlei-Revisions-Rath, dort Ge-
schichtschreiber des Fürstlichen Hauses; hier
schrieb er für einen Pfalzgrafen, der König

lang ihr hie und da, ohngeachtet des ſtraͤu-
bigen Erdbodens: und waͤre Leibnitz die
Stiftung einer Akademie der Wiſſenſchaf-
ten zu Wien und Dresden ſo gegluͤckt,
wie ihm die Akademie zu Berlin gluͤckte,
welche unnennbar gute Folgen haͤtten ſich
ſeitdem verbreitet! Sein Geiſt lebte in ei-
ner idealiſchen Welt, im Reich aller den-
kenden, fuͤrs Wohl der Menſchheit wirken-
den Geiſter. Fuͤr dieſen großen Staat
ſchrieb er ſeine Aufſaͤtze, meiſtens auf Ver-
anlaſſung fremder Aeußerungen und unter-
hielt einen ſo ungeheuren Briefwechſel,
daß man ihn einen Mitarbeiter und Praͤſi-
denten der Geſammt-Akademie aller Euro-
paͤiſcher Wiſſenſchaften nennen koͤnnte. In
ſeinen naͤheren Verhaͤltniſſen aber war er
hier Canzlei-Reviſions-Rath, dort Ge-
ſchichtſchreiber des Fuͤrſtlichen Hauſes; hier
ſchrieb er fuͤr einen Pfalzgrafen, der Koͤnig

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[43/0206] lang ihr hie und da, ohngeachtet des ſtraͤu- bigen Erdbodens: und waͤre Leibnitz die Stiftung einer Akademie der Wiſſenſchaf- ten zu Wien und Dresden ſo gegluͤckt, wie ihm die Akademie zu Berlin gluͤckte, welche unnennbar gute Folgen haͤtten ſich ſeitdem verbreitet! Sein Geiſt lebte in ei- ner idealiſchen Welt, im Reich aller den- kenden, fuͤrs Wohl der Menſchheit wirken- den Geiſter. Fuͤr dieſen großen Staat ſchrieb er ſeine Aufſaͤtze, meiſtens auf Ver- anlaſſung fremder Aeußerungen und unter- hielt einen ſo ungeheuren Briefwechſel, daß man ihn einen Mitarbeiter und Praͤſi- denten der Geſammt-Akademie aller Euro- paͤiſcher Wiſſenſchaften nennen koͤnnte. In ſeinen naͤheren Verhaͤltniſſen aber war er hier Canzlei-Reviſions-Rath, dort Ge- ſchichtſchreiber des Fuͤrſtlichen Hauſes; hier ſchrieb er fuͤr einen Pfalzgrafen, der Koͤnig

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 5. Riga, 1795, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet05_1795/206>, abgerufen am 28.03.2024.