Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

Bild:
<< vorherige Seite
Galante Getichte.
Ach! möchte diese nacht mir vor zu grabe leuchten,
Eh man ihr morgen steckt die hochzeit-fackeln an!
Werd' ich mit thränen wohl genung die wangen feuchten,
Wo ich die greuel-eh ja noch erleben kan?
GOtt schick es, wie er will, doch soll kein mensch erleben,
Daß ich und meine magd solln neben-buhler seyn;
Wer einem götzen hat gold und gestalt gegeben,
Wird schwerlich aufs altar ihm glimmend weyrauch streun.
Du aber opfferst ihr, durchlauchster, seel und hertzen,
Hebst staub und koth ans brett, der dich selbst fleckicht macht.
Verhüll'n die wolcken doch die göldnen sonnen-kertzen,
Die sie aus schlamm und dampff so hoch ans licht gebracht.
Und du meynst unversehrt dein ansehn zu behalten?
Nein, sicher, heil und ruhm wird kriegen bruch und riß,
Ein einig fehlschlag kan ein meisterstücke spalten,
Man schreibt vom monden auf nur seine finsternis.
Die nach-welt (wieviel dich auch tugend-strahlen krönen:)
Wird doch was tadelhafft, nur mercken auf von dir.
Gedenckst du gleich dein thun vielfärbig zu beschönen;
Zeuch lastern goldstück an, sie blicken dennoch für.
Jch bitte thränend dich, leg' alles auf die wage,
Was vor verlust folgt nicht der hand-voll schnöden lust?
Nicht glaube, daß die magd zu dir mehr liebe trage,
Jn huren steckt mehr brunst, mehr treu in keuscher brust.
Zur witwe machst du mich zwar, aber dich zum knechte.
Was redet er mir denn noch seine gunst viel ein?
Mit deiner affter-eh zerreissest du die rechte,
Ja bey zwey ehen wirst du erst recht eh-los seyn.
Jedoch, was schreib' ich viel? Es ist ein schlag ins wasser,
Jch will die bürde nur einpacken zu der flucht,
Wer geile mägde liebt, ist seines weibes hasser;
Der aber liebet recht, der keusche seelen sucht.


An
Galante Getichte.
Ach! moͤchte dieſe nacht mir vor zu grabe leuchten,
Eh man ihr morgen ſteckt die hochzeit-fackeln an!
Werd’ ich mit thraͤnen wohl genung die wangen feuchten,
Wo ich die greuel-eh ja noch erleben kan?
GOtt ſchick es, wie er will, doch ſoll kein menſch erleben,
Daß ich und meine magd ſolln neben-buhler ſeyn;
Wer einem goͤtzen hat gold und geſtalt gegeben,
Wird ſchwerlich aufs altar ihm glimmend weyrauch ſtreun.
Du aber opfferſt ihr, durchlauchſter, ſeel und hertzen,
Hebſt ſtaub und koth ans brett, der dich ſelbſt fleckicht macht.
Verhuͤll’n die wolcken doch die goͤldnen ſonnen-kertzen,
Die ſie aus ſchlamm und dampff ſo hoch ans licht gebracht.
Und du meynſt unverſehrt dein anſehn zu behalten?
Nein, ſicher, heil und ruhm wird kriegen bruch und riß,
Ein einig fehlſchlag kan ein meiſterſtuͤcke ſpalten,
Man ſchreibt vom monden auf nur ſeine finſternis.
Die nach-welt (wieviel dich auch tugend-ſtrahlen kroͤnen:)
Wird doch was tadelhafft, nur mercken auf von dir.
Gedenckſt du gleich dein thun vielfaͤrbig zu beſchoͤnen;
Zeuch laſtern goldſtuͤck an, ſie blicken dennoch fuͤr.
Jch bitte thraͤnend dich, leg’ alles auf die wage,
Was vor verluſt folgt nicht der hand-voll ſchnoͤden luſt?
Nicht glaube, daß die magd zu dir mehr liebe trage,
Jn huren ſteckt mehr brunſt, mehr treu in keuſcher bruſt.
Zur witwe machſt du mich zwar, aber dich zum knechte.
Was redet er mir denn noch ſeine gunſt viel ein?
Mit deiner affter-eh zerreiſſeſt du die rechte,
Ja bey zwey ehen wirſt du erſt recht eh-los ſeyn.
Jedoch, was ſchreib’ ich viel? Es iſt ein ſchlag ins waſſer,
Jch will die buͤrde nur einpacken zu der flucht,
Wer geile maͤgde liebt, iſt ſeines weibes haſſer;
Der aber liebet recht, der keuſche ſeelen ſucht.


An
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0039" n="15"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Galante Getichte.</hi> </fw><lb/>
            <l>Ach! mo&#x0364;chte die&#x017F;e nacht mir vor zu grabe leuchten,</l><lb/>
            <l>Eh man ihr morgen &#x017F;teckt die hochzeit-fackeln an!</l><lb/>
            <l>Werd&#x2019; ich mit thra&#x0364;nen wohl genung die wangen feuchten,</l><lb/>
            <l>Wo ich die greuel-eh ja noch erleben kan?</l><lb/>
            <l>GOtt &#x017F;chick es, wie er will, doch &#x017F;oll kein men&#x017F;ch erleben,</l><lb/>
            <l>Daß ich und meine magd &#x017F;olln neben-buhler &#x017F;eyn;</l><lb/>
            <l>Wer einem go&#x0364;tzen hat gold und ge&#x017F;talt gegeben,</l><lb/>
            <l>Wird &#x017F;chwerlich aufs altar ihm glimmend weyrauch &#x017F;treun.</l><lb/>
            <l>Du aber opffer&#x017F;t ihr, durchlauch&#x017F;ter, &#x017F;eel und hertzen,</l><lb/>
            <l>Heb&#x017F;t &#x017F;taub und koth ans brett, der dich &#x017F;elb&#x017F;t fleckicht macht.</l><lb/>
            <l>Verhu&#x0364;ll&#x2019;n die wolcken doch die go&#x0364;ldnen &#x017F;onnen-kertzen,</l><lb/>
            <l>Die &#x017F;ie aus &#x017F;chlamm und dampff &#x017F;o hoch ans licht gebracht.</l><lb/>
            <l>Und du meyn&#x017F;t unver&#x017F;ehrt dein an&#x017F;ehn zu behalten?</l><lb/>
            <l>Nein, &#x017F;icher, heil und ruhm wird kriegen bruch und riß,</l><lb/>
            <l>Ein einig fehl&#x017F;chlag kan ein mei&#x017F;ter&#x017F;tu&#x0364;cke &#x017F;palten,</l><lb/>
            <l>Man &#x017F;chreibt vom monden auf nur &#x017F;eine fin&#x017F;ternis.</l><lb/>
            <l>Die nach-welt (wieviel dich auch tugend-&#x017F;trahlen kro&#x0364;nen:)</l><lb/>
            <l>Wird doch was tadelhafft, nur mercken auf von dir.</l><lb/>
            <l>Gedenck&#x017F;t du gleich dein thun vielfa&#x0364;rbig zu be&#x017F;cho&#x0364;nen;</l><lb/>
            <l>Zeuch la&#x017F;tern gold&#x017F;tu&#x0364;ck an, &#x017F;ie blicken dennoch fu&#x0364;r.</l><lb/>
            <l>Jch bitte thra&#x0364;nend dich, leg&#x2019; alles auf die wage,</l><lb/>
            <l>Was vor verlu&#x017F;t folgt nicht der hand-voll &#x017F;chno&#x0364;den lu&#x017F;t?</l><lb/>
            <l>Nicht glaube, daß die magd zu dir mehr liebe trage,</l><lb/>
            <l>Jn huren &#x017F;teckt mehr brun&#x017F;t, mehr treu in keu&#x017F;cher bru&#x017F;t.</l><lb/>
            <l>Zur witwe mach&#x017F;t du mich zwar, aber dich zum knechte.</l><lb/>
            <l>Was redet er mir denn noch &#x017F;eine gun&#x017F;t viel ein?</l><lb/>
            <l>Mit deiner affter-eh zerrei&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t du die rechte,</l><lb/>
            <l>Ja bey zwey ehen wir&#x017F;t du er&#x017F;t recht eh-los &#x017F;eyn.</l><lb/>
            <l>Jedoch, was &#x017F;chreib&#x2019; ich viel? Es i&#x017F;t ein &#x017F;chlag ins wa&#x017F;&#x017F;er,</l><lb/>
            <l>Jch will die bu&#x0364;rde nur einpacken zu der flucht,</l><lb/>
            <l>Wer geile ma&#x0364;gde liebt, i&#x017F;t &#x017F;eines weibes ha&#x017F;&#x017F;er;</l><lb/>
            <l>Der aber liebet recht, der keu&#x017F;che &#x017F;eelen &#x017F;ucht.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">An</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[15/0039] Galante Getichte. Ach! moͤchte dieſe nacht mir vor zu grabe leuchten, Eh man ihr morgen ſteckt die hochzeit-fackeln an! Werd’ ich mit thraͤnen wohl genung die wangen feuchten, Wo ich die greuel-eh ja noch erleben kan? GOtt ſchick es, wie er will, doch ſoll kein menſch erleben, Daß ich und meine magd ſolln neben-buhler ſeyn; Wer einem goͤtzen hat gold und geſtalt gegeben, Wird ſchwerlich aufs altar ihm glimmend weyrauch ſtreun. Du aber opfferſt ihr, durchlauchſter, ſeel und hertzen, Hebſt ſtaub und koth ans brett, der dich ſelbſt fleckicht macht. Verhuͤll’n die wolcken doch die goͤldnen ſonnen-kertzen, Die ſie aus ſchlamm und dampff ſo hoch ans licht gebracht. Und du meynſt unverſehrt dein anſehn zu behalten? Nein, ſicher, heil und ruhm wird kriegen bruch und riß, Ein einig fehlſchlag kan ein meiſterſtuͤcke ſpalten, Man ſchreibt vom monden auf nur ſeine finſternis. Die nach-welt (wieviel dich auch tugend-ſtrahlen kroͤnen:) Wird doch was tadelhafft, nur mercken auf von dir. Gedenckſt du gleich dein thun vielfaͤrbig zu beſchoͤnen; Zeuch laſtern goldſtuͤck an, ſie blicken dennoch fuͤr. Jch bitte thraͤnend dich, leg’ alles auf die wage, Was vor verluſt folgt nicht der hand-voll ſchnoͤden luſt? Nicht glaube, daß die magd zu dir mehr liebe trage, Jn huren ſteckt mehr brunſt, mehr treu in keuſcher bruſt. Zur witwe machſt du mich zwar, aber dich zum knechte. Was redet er mir denn noch ſeine gunſt viel ein? Mit deiner affter-eh zerreiſſeſt du die rechte, Ja bey zwey ehen wirſt du erſt recht eh-los ſeyn. Jedoch, was ſchreib’ ich viel? Es iſt ein ſchlag ins waſſer, Jch will die buͤrde nur einpacken zu der flucht, Wer geile maͤgde liebt, iſt ſeines weibes haſſer; Der aber liebet recht, der keuſche ſeelen ſucht. An

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/39
Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/39>, abgerufen am 29.03.2024.