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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

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Verliebte und

Wie offt befahl es mir die zeit,
Durch seufftzen vorzutragen?
Jtzt hält das gantz erzörnte glück
Dir seufftzer blick und wort zurück.

4.
Doch soll mein geist stets fertig stehn,
Dich ewig zu verehren.
Und müßt ich ja in gluth zergehn;
Will ich als Phönix lehren:
Daß, wer von einer sonne glimmt,
Ein neues leben an sich nimmt.



Mirtillus an seine von ihm entfernte
Flavia.
JCh hätt' es gar gewiß nicht lange mehr getrieben,
Jch läg' in kurtzer zeit in einer stillen grufft;
Allein der süsse kuß, den Flavia verschrieben,
Vergället mir die lust zur grauen todes-klufft.
So lange deine gunst mich noch mit zucker speiset,
So lange mich dein geist noch durch Lisetten küßt;
So lang' ist Flavia mir noch nicht gantz verreiset,
Ob meine liebe gleich den grösten theil vermißt.
Ein etwas ist genung, Mirtillen zu erhalten,
Ein bloses wort von dir erquicket meinen geist.
Wie solte meine brust, mein treuer mund erkalten;
Den dein verliebter kiel mit holden küssen speist?
Allein du glaubest nicht, daß diese kleine fasten
Die starcke krafft gehabt, mich in die grufft zu ziehn;
Wie solt' ich aber wohl in einer wüsten rasten,
Wo keine rosen nicht von deinen lippen blühn?
Jedoch ich irre mich. Dein unglaub' ist gegründet,
Blieb auch dein aug' und mund durchaus von mir entfernt;
Dein aug', in dem mein geist des lebens sonne findet,
Dein mund, der mich den stand der unschuld kennen lernt.
Dein

Verliebte und

Wie offt befahl es mir die zeit,
Durch ſeufftzen vorzutragen?
Jtzt haͤlt das gantz erzoͤrnte gluͤck
Dir ſeufftzer blick und wort zuruͤck.

4.
Doch ſoll mein geiſt ſtets fertig ſtehn,
Dich ewig zu verehren.
Und muͤßt ich ja in gluth zergehn;
Will ich als Phoͤnix lehren:
Daß, wer von einer ſonne glimmt,
Ein neues leben an ſich nimmt.



Mirtillus an ſeine von ihm entfernte
Flavia.
JCh haͤtt’ es gar gewiß nicht lange mehr getrieben,
Jch laͤg’ in kurtzer zeit in einer ſtillen grufft;
Allein der ſuͤſſe kuß, den Flavia verſchrieben,
Vergaͤllet mir die luſt zur grauen todes-klufft.
So lange deine gunſt mich noch mit zucker ſpeiſet,
So lange mich dein geiſt noch durch Liſetten kuͤßt;
So lang’ iſt Flavia mir noch nicht gantz verreiſet,
Ob meine liebe gleich den groͤſten theil vermißt.
Ein etwas iſt genung, Mirtillen zu erhalten,
Ein bloſes wort von dir erquicket meinen geiſt.
Wie ſolte meine bruſt, mein treuer mund erkalten;
Den dein verliebter kiel mit holden kuͤſſen ſpeiſt?
Allein du glaubeſt nicht, daß dieſe kleine faſten
Die ſtarcke krafft gehabt, mich in die grufft zu ziehn;
Wie ſolt’ ich aber wohl in einer wuͤſten raſten,
Wo keine roſen nicht von deinen lippen bluͤhn?
Jedoch ich irre mich. Dein unglaub’ iſt gegruͤndet,
Blieb auch dein aug’ und mund durchaus von mir entfernt;
Dein aug’, in dem mein geiſt des lebens ſonne findet,
Dein mund, der mich den ſtand der unſchuld kennen lernt.
Dein
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[46/0070] Verliebte und Wie offt befahl es mir die zeit, Durch ſeufftzen vorzutragen? Jtzt haͤlt das gantz erzoͤrnte gluͤck Dir ſeufftzer blick und wort zuruͤck. 4. Doch ſoll mein geiſt ſtets fertig ſtehn, Dich ewig zu verehren. Und muͤßt ich ja in gluth zergehn; Will ich als Phoͤnix lehren: Daß, wer von einer ſonne glimmt, Ein neues leben an ſich nimmt. Mirtillus an ſeine von ihm entfernte Flavia. JCh haͤtt’ es gar gewiß nicht lange mehr getrieben, Jch laͤg’ in kurtzer zeit in einer ſtillen grufft; Allein der ſuͤſſe kuß, den Flavia verſchrieben, Vergaͤllet mir die luſt zur grauen todes-klufft. So lange deine gunſt mich noch mit zucker ſpeiſet, So lange mich dein geiſt noch durch Liſetten kuͤßt; So lang’ iſt Flavia mir noch nicht gantz verreiſet, Ob meine liebe gleich den groͤſten theil vermißt. Ein etwas iſt genung, Mirtillen zu erhalten, Ein bloſes wort von dir erquicket meinen geiſt. Wie ſolte meine bruſt, mein treuer mund erkalten; Den dein verliebter kiel mit holden kuͤſſen ſpeiſt? Allein du glaubeſt nicht, daß dieſe kleine faſten Die ſtarcke krafft gehabt, mich in die grufft zu ziehn; Wie ſolt’ ich aber wohl in einer wuͤſten raſten, Wo keine roſen nicht von deinen lippen bluͤhn? Jedoch ich irre mich. Dein unglaub’ iſt gegruͤndet, Blieb auch dein aug’ und mund durchaus von mir entfernt; Dein aug’, in dem mein geiſt des lebens ſonne findet, Dein mund, der mich den ſtand der unſchuld kennen lernt. Dein

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/70>, abgerufen am 25.04.2024.